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1823 - Regenten der Träume

Titel: 1823 - Regenten der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Clan in Frage. Und ich war beinahe sicher, daß das Opfer zum Gefolge von A-Kestah gehörte.
    Da bemerkte ich ein Detail, das mir im ersten Schauder entgangen war. Einige Meter weiter, von einer Biegung halb verborgen, lag am Boden ein zweiter Körper.
    Ich faßte Bull am Ärmel. „Dicker, komm mit."
    Wir kämpften uns durch, bis wir vor der Leiche eines Mocksgergers standen. Die humanoide Gestalt lag auf dem Rücken. Ihr Gesicht war schwer zu erkennen. Wesen können im Tod einen erstaunlich veränderten Anblick bieten, wenn die Muskulatur erschlafft und wenn Körperkreisläufe aufhören zu funktionieren.
    „Kennen wir den?" fragte Bull.
    „Ich glaube, das ist Pitcher", antwortete ich. „Unser Schlafwandler. Aber sicher bin ich nicht."
    Die Leiche des Mocksgergers bot einen relativ unversehrten Eindruck. Durch die Mitte seines Körpers hatte sich ein dicker, mit scharfen Zacken bewehrter Gegenstand gebohrt. Die Wunde war ausgezackt, sie hatte stark geblutet, doch es war nur eine einzige.
    Ich nahm an, daß ein Zentrifaal ihn mit der rechten Hand getötet hatte. Im Vergleich zu D-Koker und zur zweiten Leiche eine „saubere" Sache; kein langes Leiden, kein Haß, vermutlich eine nüchterne Exekution.
    Das machte es nicht besser, aber es warf ein bestimmtes Licht auf die Dinge, die sich an Bord der CHIIZ ereigneten.
    Irgend etwas passierte zwischen diesen Zentrifaal.
    Bully erschauerte. „Stell dir mal vor, Perry, daß der arme Kerl gar nicht an den Dingen beteiligt war, die hier laufen. Vielleicht befand er sich einfach nur zufällig in der Nähe."
    „Das halte ich absolut für denkbar", stimmte ich zu. „Ich nehme an, er wurde Zeuge des Mordes. Die Leute an Bord haben eine unüberwindliche instinktive Scheu, wenn Gewalttaten ans Licht kommen sollen."
    „Offenbar nicht genug."
    „Da hast du recht", gab ich zu. „Aber sieh sie dir an, alle miteinander. Diese Betroffenheit ist echt. Die Mocksgerger haben so was nie erlebt."
    „Und die Paradea?"
    „Die träumen zwar davon. Aber das ist etwas völlig anderes als die Realität. -Wir dürfen die aggressiven Zustände von Gaalo nicht für ganz Plantagoo voraussetzen. Gaalo war ein Sonderfall. Hier draußen geht es sehr viel zarter besaitet zu."
    „Nicht an Bord der CHIIZ", meinte Bully düster. Er deutete auf Pitchers Leiche. „Da hätte auch einer von uns beiden liegen können, Perry. Ist dir das bewußt?"
    „Deutlichst. Wenn in diesem Schiff dermaßen die Regeln verletzt werden wie’s ja wohl der Fall ist! -, dann geht etwas von erheblicher Bedeutung vor."
    „Ich sehe das genauso. Drei Tote haben wir jetzt. Dabei bleibt es nicht, wetten?"
    In diesem Augenblick traten sechs Zentrifaal auf den Plan. Sie schoben nicht, sie brauchten auch nicht zu rempeln, sondern wurden durch eine Gasse unaufgefordert an den Tatort geleitet.
    Unter den schwarzgekleideten Todesengeln befand sich A-Kestah. Das Opfer gehörte zu seinem Clan.
    Eine Regung zeigte keiner der sechs. Lediglich A-Kestah kniete einen Moment nieder, verharrte für Sekunden, wischte sich in einer nicht deutbaren Geste über die Augenleiste.
    Der Clanführer gab einen kurzen Wink. Wortlos transportierten sie den Körper ab, genauer: das, was noch von ihm übrig war.
    Niemand getraute sich, ein Wort an sie zu richten. Bully wollte das ändern, doch ich hielt ihn am Arm zurück. Wir hatten schon einmal Glück gehabt, bei A-Gidecaj angesichts der ermordeten Frau, und ich sah keinen Sinn darin, das Geschick herauszufordern.
    So erfolgte der Abtransport in feierlicher Stille. Erst als die Zentrifaal nicht mehr zu sehen waren, brach das Geschnatter von neuem los.
    Mocksgerger gehörten zu den Rassen, die leicht vom Hundertsten ins Tausendste fielen. Wir hörten erstaunliche Dinge. Ihr Vorwurf richtete sich nicht gegen die Zentrifaal; im Gegenteil, allgemein wurden die Paradea für die sogenannten Unglücksfälle verantwortlich gemacht.
    Demin und seine Artgenossen waren schuld, hieß es. Sie waren es, die die Zentrifaal zum Wahnsinn trieben. Der Passagepreis sei viel zu hoch, es sei unmöglich, Schlaf zu finden. Wacklige und aggressive Naturen, wie die Zentrifaal welche waren, hielten dem nicht im notwendigen Maß stand.
    Und das schlimmste: Ich konnte nicht mit Sicherheit behaupten, daß sie im Unrecht waren. Was, wenn der Fehler wirklich bei den Otterschlangen lag?
     
    6.
     
    „Träume sind ein angemessenes Behältnis."
    Im Speisesaal trat die neurotische Spannung am deutlichsten zutage. AGidecaj und

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