1823 - Totenland
werden. Das tat niemand. Keiner wusste so recht, was er sagen sollte.
Danach hielt sie eine kurze Ansprache. Sie redete langsam, auch deutlich, und das tat sie bestimmt meinetwegen. Ich verstand trotzdem nicht viel, konnte mir den Sinn der Ansprache aber zusammenreimen.
Sie wollte, dass die Männer die Leiche wegschafften oder einen Beerdigungsmann holten, der sich darum kümmern sollte. Karina wandte sich dabei mehr an den Wirt, der zuhörte und schließlich nickte. Er konnte alles in die Wege leiten.
Und dann kam sie zum zweiten Teil ihrer Rede. Wieder musste ich die Ohren spitzen. Ich verstand nur so viel, dass es auch weiterhin um Zombies ging und sie etwas darüber wissen wollte. Der letzte Satz endete mit einer Frage.
Ich hatte sie nicht verstanden, bemerkte aber die betretenen Blicke, die sich die Gäste gegenseitig zuwarfen. Keiner wollte etwas sagen.
»Was haben sie denn?«, wollte ich wissen.
Karina winkte ab. »Da habe ich wohl ein Thema berührt, das ihnen nicht gefiel. Ich wollte wissen, ob sie noch weiteren Kontakt mit Zombies hatten.«
»Und? Hatten sie?«
»Denk mal an ihre Reaktionen, John. Hast du das Gefühl gehabt, dass sie es hatten?«
»Hm, das war schon komisch. Man hätte für beides plädieren können.«
»Das meine ich auch. Für beides. Und es kann sein, dass sie den Kontakt gehabt haben. Und dass der nicht eben für sie günstig war.«
»Wieso?«
»Das habe ich noch nicht herausgefunden und werde …«
Karina wurde vom Wirt angesprochen. Sie drehte sich um und sah, dass er auf ein Thekenende zeigte. Es war klar, dass sie dort hinkommen sollte, was sie auch tat.
Ich ging mit, denn auch wenn ich sie nicht richtig verstand, etwas konnte ich doch mithören.
Der Wirt hatte sich nach vorn gebeugt. Er sprach, und er redete leise, leider auch schnell. Hin und wieder unterbrach Karina ihn mit Fragen, die er mal beantwortete und bei anderen nur den Kopf schüttelte.
Mir kam der Mann vor, als wäre er von einer starken Angst erfasst worden. Er schaute ins Leere, als er sprach, und wischte manchmal seinen Mund ab.
Karina tröstete ihn, indem sie ihm einige Male über den Kopf strich. Dann wandte sie sich an mich.
»Muss ich übersetzen?«
»Wäre besser.«
»Okay, John. Der Mann hat Angst. Er leidet unter großer Angst, und das nicht ohne Grund.«
»Wie heißt der Grund?«
»Es sind die Zombies.«
»Also doch.«
»Ja, die Wesen aus dem Totenland, aus dem Sumpf. Von dort kommen sie in den Ort, um ihrem Trieb nachzugehen. Sie wollen töten. Sie wollen sich an die Menschen heranmachen. Man kann sagen, dass sie keine Gnade kennen. Es gibt nur ihren Vorteil und nichts anderes. Menschen wollen sie nicht am Leben lassen, aber das muss ich dir ja nicht erklären. Du kennst sie.«
»Und sie kommen aus dem Sumpf?«
»Ja.«
»Kehren sie auch dort wieder hin zurück?«
»Natürlich.«
»Nehmen sie die Leichen mit?«
»Das haben sie schon getan, aber nicht immer. Ich denke, dass die Toten dann für immer im Sumpf verschwinden.«
»Klar. Aber die Leute hier müssen doch nachdenken. Das kann nicht immer so weitergehen.«
»Sie haben auch nachgedacht. Sie haben sogar Meldung gemacht, wer weiß wo. Jedenfalls bei offiziellen Stellen.« Karina winkte ab. »Aber du kennst das ja. Niemand hat ihnen geglaubt. Man hält sie für Spinner.«
»Und was haben sie noch getan?«
»So etwas wie eine Bürgerwehr gebildet. Da haben sich einige Mutige zusammengefunden, die bei Dunkelheit durch die Straßen patrouillieren und ihre Mitmenschen warnen.«
»Gute Idee.«
»Leider nicht gut genug, John, wenn man bedenkt, dass Menschen verschwunden sind!«
»Kennst du die genaue Zahl?«
»Nein, danach habe ich auch nicht gefragt. Jedenfalls machen die Bewohner es den Zombies nicht mehr so leicht.«
»Und was war das hier?«
»Da haben sie wohl nicht aufgepasst. Dieser Zombie war schneller.«
»War er denn bekannt?«
»Das weiß ich nicht, ich denke eher nicht.«
»Das kann ich mir auch vorstellen.« Ich kam wieder zum Thema. »Dann müssten wir auch so etwas wie eine Zweier-Patrouille bilden, denke ich.«
»Könnten wir.«
»Aber?«
Karina verzog die Lippen. »So klein ist Ostrow auch nicht«, gab sie zu bedenken. »Ich kann mir vorstellen, dass wir immer genau an der falschen Stelle warten.«
»Das ist auch möglich.« Ich nagte an meiner Unterlippe. »Aber von irgendwo müssen sie ja herkommen.«
»Das sage ich mir auch. Aus dem Sumpf.«
»Ist klar, Karina. Nur würde mich interessieren,
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