183 - Die Hexe und die Bestie
führen.
Der Kellner nickte beflissen. »Selbstverständlich, Mr. Peckinpah.«
Der Industrielle beschäftigte sich mit seinem Aperitif. Falls es eine Neuigkeit gab, die Cruv betraf, würde man ihn hier anrufen.
Er hoffte, daß es bald geschehen würde, denn diese Ungewißheit schlug sich auf seinen Magen.
Jemand näherte sich seinem Tisch. Er hob den Kopf und erblickte eine phantastisch aussehende junge Frau, deren Schönheit ihn so sehr beeindruckte, daß er für kurze Zeit seine Sorgen vergaß.
Sie war schlank, hatte eine sportliche Figur und das bezauberndste Lächeln, das er je gesehen hatte. Die Fülle ihres schwarzen Haares war kunstvoll zu einer Krone aufgebaut. In ihren dunklen Augen funkelte ein leidenschaftliches Feuer.
»Mr. Peckinpah?« fragte sie mit einem unwiderstehlichen, weichen Schmelz in der Stimme.
»Ja«, antwortete er angetan.
»Darf ich Sie kurz stören? Mein Name ist Vera Grey. Ich würde mich gern ein paar Minuten mit Ihnen unterhalten.«
»Einverstanden«, sagte Tucker Peckinpah und erhob sich höflich. »Bitte setzen Sie sich, Miß Grey.«
***
Die Hitze nahm ständig zu. Cruv hielt sie schon fast nicht mehr aus. Er hatte das Gefühl, sich total in Schweiß aufzulösen. Nach wie vor konnte er sich nicht bewegen.
Nur sein Geist funktionierte einwandfrei, und das war das Grausame an der Sache.
***
Sammie Stocker (eigentlich hieß sie Samantha, doch niemand nannte sie so) fand David Realston unheimlich nett.
Und David war echt verschossen in sie.
Die beiden kannten sich noch nicht lange, hatten sich vor vier Wochen im Supermarkt kennengelernt. Mit den Einkaufswagen waren sie zusammengekracht und hatten dabei einen Turm aus Konservendosen umgestoßen.
Das Klirren, Klappern und Scheppern hatte das gesamte Personal alarmiert.
Himmel, war das Sammie unangenehm gewesen. Mit hochrotem Kopf hatte sie Entschuldigungen gestammelt und zugesehen, so rasch wie möglich zu verschwinden.
Auf dem Parkplatz hatte David sie eingeholt und getröstet.
»Manchmal komme ich mir wie ein blindes Huhn vor«, hatte sie gesagt.
»Es ist zum Glück nichts kaputtgegangen«, hatte er erwidert.
»Ich hätte Sie verletzen können.«
»Ich habe eine Schramme am Schienbein.«
»O Gott, es tut mir leid.«
»Wenn Sie wollen, daß die Wunde rasch heilt, müssen Sie sich zu einem Drink einladen lassen.«
So hatte es angefangen. Heute war von Davids Blessur nichts mehr zu sehen. Sie hatten sich nach dem Crash im Supermarkt fast täglich getroffen und waren einander sehr nahe gekommen.
Auf den heutigen Tag hatte sich David ganz besonders gefreut, denn sie hatten sich zum Schwimmen verabredet. Zum erstenmal würde David seine hübsche brünette Freundin im Bikini bewundern dürfen.
Er war gespannt, ob sie tatsächlich so eine tolle Figur hatte, wie ihre schicken Kleider erahnen ließen.
»Bist du ein guter Schwimmer?« erkundigte sich Sammie.
Er lachte. »Das Wasser ist mein zweites Zuhause. Ich kam als Kiemenatmer auf die Welt, die Lunge bildete sich erst später.«
Sie erreichten das Hallenbad, David Realston löste die Tickets, sie bekamen verschiedenfarbige Schlüssel.
»Bis später«, sagte Sammie und wollte auf die Tür zugehen, an der LADIES stand.
David hob den Finger. »In ein paar Minuten sehen wir uns wieder. Dann schlägt die Stunde der Wahrheit. Bisher konnte dir der Schneider helfen. In der Schwimmhalle mußt du dich so zeigen, wie Gott dich schuf.«
Sammie kicherte. »Vergiß dann nicht, den Bauch einzuziehen.«
»Ich habe eine Figur wie Tarzan.«
»Das wird sich in Kürze zeigen«, erwiderte Sammie und verschwand hinter der Tür, durch die kein Mann gehen durfte.
Zur selben Zeit verließ Sobbar, der Teufels-Alligator, den verwüsteten Heizkeller…
***
»Darf ich Ihnen etwas bestellen?« erkundigte sich Tucker Peckinpah.
Vera Grey schüttelte den Kopf. »Nein, vielen Dank.«
Der Industrielle rieb die Handflächen aneinander. Das schwarzhaarige Mädchen war so herzerfrischend jung, daß es seine Enkelin hätte sein können.
»Nun, Miß Grey, was kann ich für Sie tun?« fragte er.
Vera Grey räusperte sich. »Ich hoffe, Sie behalten Ihre Freundlichkeit bei, wenn Sie hören, was ich von Ihnen will.«
»Da können Sie ganz sicher sein. Ich habe großen Respekt vor soviel Schönheit.«
»Danke«, sagte das Mädchen verlegen. »Sie verstehen es, einer Frau nette Komplimente zu machen. Mr. Peckinpah…« Sie knetete ihre Finger. »Ich weiß nicht recht, wie ich beginnen soll…
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