184 - Das Kreuz der blinden Göttin
begleiten.
Wir ließen La Orotava hinter uns.
Ich setzte Vicky vor dem Hotel Paradiso ab, sie beugte sich zu mir in den Wagen, küßte mich und wünschte mir Glück. Davon konnte ich eine ganze Waggonladung gebrauchen.
***
Das Ganze noch mal, dachte ich, als ich Gas gab. Aber diesmal allein!
Ich fuhr die gewundene Straße wieder hoch. Welchen Pfeil würde Asmodis aus dem Köcher ziehen, wenn ich Las Canadas wieder erreichte?
Ich wußte nicht, wo sich das goldene Kreuz befand. Paco hatte es mir nicht gesagt, und ich hatte ihn nicht danach gefragt, weil er ohnedies bei uns gewesen war.
Nun konnte ich ihn nicht mehr fragen.
Also mußte ich mich auf gut Glück auf die Suche machen.
Was Asmodis mit allen Mitteln zu verhindern versuchen würde. Wie stark er war und was er alles zuwegebrachte, hatte er bereits anklingen lassen.
Es war ein Bruchteil von dem, was der Herrscher der Hölle in der Hinterhand hatte. Dennoch scheute ich mich nicht, ihm die Stirn zu bieten.
***
Vicky Bonney nahm in der Hotelbar einen Drink. Lee Shackleford war dagewesen, das hatte sie an der Rezeption erfahren. Er hatte eine Nachricht für sie hinterlassen: »Liebe Miß Bonney, wenn Sie Lust haben, eine echte spanische Contessa kennenzulernen, rufen Sie mich an. - Herzliche Grüße Lee Shackleford.«
Vicky hatte keine Lust dazu.
Unter normalen Umständen hätte sie gegen ein Treffen mit der Contessa nichts gehabt, aber jetzt war sie nicht in Stimmung für Small talk, Cocktail und Gesellschaft.
Sie ließ den Drink auf die Zimmerrechnung setzen und verließ die Bar. Sie fuhr mit dem Lift nach oben - es funktionierten wieder beide Aufzüge - und schloß die Tür zur Suite auf.
Die Blumenarrangements waren erneuert worden. Sie verströmten einen betörenden Duft. Vicky liebte Blumen, wie die meisten Frauen, sehr.
Sie trat auf den Balkon und ließ den Blick über die Stadt schweifen, die ihr »zu Füßen« lag. Hohe Wellen mit weißen Kämmen rollten unermüdlich auf den Hafen zu.
Vicky sah sie zwar, aber sie registrierte sie nicht, denn in Gedanken befand sie sich bei Tony Ballard, oben in Las Canadas. Sie versuchte sich vorzustellen, was ihn dort erwartete.
Lieber wäre es ihr gewesen, wenn sie nichts von all dem gewußt hätte, denn ihre Phantasie quälte sie, und hinzu kam die gallige Erkenntnis, daß sie nicht das geringste für Tony tun konnte.
»Komm bald wieder«, flüsterte sie ernst. »Wage nicht zuviel. Ich möchte dich nicht verlieren.«
Es klopfte.
Vicky trat durch die große Balkontür. »Ja, bitte?«
Glynis Elcar trat ein, ihr unruhiger Blick huschte durch den Raum und blieb dann an Vicky hängen. »Ist Mr. Ballard da?« fragte die Frau zaghaft.
»Nein«, antwortete Vicky. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Sie? Ich weiß nicht… Mr. Ballard sagte, wenn ich… wenn ich Hilfe brauche, solle ich mich an ihn wenden.« Glynis knetete verlegen ihre Finger. »Ich komme später wieder.«
Sie wollte sich umdrehen und die Suite verlassen, »Warten Sie«, sagte Vicky schnell. »Es wird einige Zeit dauern, bis Mr. Ballard zurückkommt, Mrs. Elcar.«
Glynis zuckte die Achseln. »Dann kann man eben nichts machen.«
»Möchten Sie sich mir nicht anvertrauen? Worum geht es denn?«
»Ich wollte Mr. Ballard etwas sehr Merkwürdiges in meinem Zimmer zeigen.«
»Haben Sie etwas dagegen, wenn ich es mir ansehe, Mrs. Elcar?«
Glynis musterte sie unschlüssig. Sie schien sich nichts davon zu versprechen. Vicky war ein schlankes Mädchen und kein kräftiger Mann. Der aber schien vonnöten zu sein.
»Nur mal ansehen«, sagte Vicky lächelnd.
Glynis nickte schließlich. »Na schön, ich bin gespannt, was Sie davon halten.« Vicky wollte wissen, was sie - ungefähr - erwartete, doch Glynis schien es nicht in Worte fassen zu können. Damit weckte sie Vickys Neugier.
»Gehen wir«, sagte die Autorin und verließ mit Glynis die Suite. »Fühlen Sie sich schon etwas besser?« erkundigte sie sich auf dem Weg zu Glynis’ Zimmer.
Die vom Schicksal hart geschlagene Frau nickte. »Ich werde morgen abreisen. Wenn ich nach Hause komme, muß ich viele Dinge erledigen. Ich werde mir auch eine andere Wohnung suchen, um leichter über Martins sinnlosen Tod hinwegzukommen. Ich bin auf einmal gezwungen, ein völlig anderes Leben zu führen. Es wird mir schwerfallen.«
»Haben Sie keine Verwandten?«
Glynis schüttelte den Kopf. »Die sind alle tot.«
»Und Freunde?«
»Sally und Rock Cassavetes waren unsere Freunde.« Glynis zog die Luft scharf
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