1858 - Posbis weinen nicht
Anweisungen folgen sah, die ihnen die Holos in der Luft gaben.
„Eines begreife ich nicht", drang die Stimme von Boran Skarros in seine Gedanken.
Adams befand sich in letzter Zeit fast nur in der gewaltigen Hauptzentrale des GILGAMESCH-Zentralmoduls MERLIN statt in seinem Segment ROSTOCK. Er blickte sich um und sah in das faltige, schmale Gesicht des wissenschaftlichen Leiters.
„Ich bin kein Telepath", sagte der Plophoser, „aber du hast vor dich hin gemurmelt. Deshalb kenne ich deine Gedanken, Homer."
„Gemurmelt?" fragte Adams verblüfft. Er lachte trocken. „Ich hatte es nicht gemerkt - hoffentlich passiert mir das nicht öfter. Es könnte meinen Geschäften schaden ..."
Skarros grinste.
„Ich frage mich", sagte er, „warum erst der Tangle-Schild für die Posbis >erfunden< werden mußte, wo doch NATHAN die Trennung von Syntronik und Plasma schon vorexerziert hatte. Er hätte uns seine Methode doch verraten können, und man hätte sich eine verdammte Menge Arbeit. erspart, indem man sie den Posbis anbot. Sie hätten ihren Biozusatz ebenfalls nur >schockgefrieren< müssen."
Beide Männer wußten, daß sie von dem Problem sprachen wie von einer komplizierten mathematischen Gleichung, ausgedrückt im kleinen Einmaleins.
Adams lächelte versonnen.
„Wie oft, glaubst du, habe ich mich das in den letzten Tagen auch schon gefragt? Dabei ist die Antwort so einfach. Erstens wird NATHAN seinen Selbstschutz, den er geheim entwickelt hat, uns nicht preisgeben, und zweitens wurde er nicht gegen den Tangle-Scan entwickelt, sondern gegen Beeinflussung des Bioplasmas gegen jegliche Art."
„Deshalb wäre es für uns ja gerade so wichtig", sagte Boran. „Die Posbis haben es auf Terra nicht mit dem Tangle-Scan zu tun."
„Aber sie sind auch gegen den Philosophen immun, das siehst du doch."
Der magere Plophoser wirkte nicht so überzeugt. Eher schien er Befürchtungen zu hegen, die er lieber nicht laut aussprach.
„Oder?" fragte Homer G. Adams.
4.
5. Juli 1289 NGZ Terrania Ymo zeichnete seine Partnerin, und Galasch tat das gleiche mit ihm. Beide Wesen vom entfernten Planeten Ellok saßen mit nach vorn auseinandergespreizten Beinen auf dem Boden des Hauses, das sie seit einem halben Jahr bewohnten, und malten mit Farbstiften Kreise auf den blanken, beigefarbenen Plastikbelag.
Sie hielten die Stifte mit ihren darübergestülpten Schalenhänden.
Ihre plumpen, an graue Säcke erinnernden Körper waren so weit nach vorne gebeugt, wie es die Gewebemassen zuließen, ohne daß ihnen der Atem abgedrückt wurde. Die vier kleinen, runden Augen vorne am breiten, haarlosen Kugelkopf verfolgten jeden Zentimeter, um die die Kreise wuchsen, von denen einer den Kopf darstellte, einer den Rumpf, zwei die Arme und zwei die Beine. Und natürlich gab es vier für die Augen, zwei für die runden Gehörmembranen, wieder vier für die Atemöffnungen, einen für den kurzen Trichtermund und immer so weiter.
Sie fanden immer neue Möglichkeiten, kleinere Kreise in die Bilder einzufügen oder größere um sie herumzumalen.
Aber es befriedigte sie nicht.
Nach einigen Stunden - jeglichen Zeitbegriff hatten sie längst verloren standen die beiden Ellokianer auf, die im Austausch mit zwei jungen Menschen nach Terra gekommen waren, um die irdische Kultur und Gesellschaft zu studieren. Jorq Sutter und Alexa Schatten, denen das Haus gehörte, verbrachten dafür zwei Jahre so war es wenigstens vorgesehen - auf Ellok, dem Schmelztiegel vieler galaktischer Kulturen, die als ehemalige Kolonisten heute alle keine Rolle mehr spielten. Dafür hatten die Eingeborenen von ihnen gelernt und verwalteten jetzt ihren Planeten mit großer Intelligenz.
„Was wir auch machen, es ist immer das gleiche", klagte Galasch. „Wir kommen nicht darüber hinaus, uns gegenseitig in Kreisen zusehen. Es ist ..."
Sie unterbrach sich, als sie die Schritte hörte. Ihre Türen standen offen, so, wie sie es von Ellok her gewöhnt waren -sowohl die des Hauses an sich als auch die Türen in seinem Innern.
Jemand kam über den Flur auf das Zimmer zu, in dem sie sich befanden. Die leise Radiomusik wies den Fremden den Weg. Ymo ergriff Galaschs Hand, und Seite an Seite warteten die beiden grauhäutigen Wesen vom Planeten Ellok auf die Besucher.
Es waren drei Terraner, zwei weibliche und ein männlicher. Sie grüßten freundlich, und eine der Frauen sagte, daß sie auf der Suche nach einem Ort seien, wo sie sich ungestört ihren Kreisen hingeben könnten.
Ymo
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