187 - Die Wolfshexe

Gespenst.«
    »So fühle ich mich auch«, gestand ich.
    »Was ist passiert?« fragte der Leibwächter des Industriellen.
    »Das sage ich deinem Brötchengeber, und du darfst zuhören. Ich möchte die Geschichte nicht zweimal erzählen, so schön ist sie nämlich nicht.«
    Auch Peckinpah erschrak, als er mich erblickte. Er forderte mich auf, Platz zu nehmen, und Cruv mußte mir einen Pernod bringen.
    In der nächsten Zeit würde der Kreis derer, von denen ich einen Drink annahm, sehr klein sein. Mein Vertrauen war erschüttert.
    Nachdem ich mit einem Schluck von dem scharfen Getränk Mund und Rachen gespült hatte, sagte ich: »Sie erinnern sich doch an Ihre Party, Partner. Sie haben mir diese hübsche Journalistin vorgestellt.«
    »Sally Reynolds, ein ganz reizendes Geschöpf, bildschön und intelligent.«
    »Woher kannten Sie sie?« erkundigte ich mich.
    »Ich lernte sie auf einer anderen Party kennen und lud sie zu meiner ein.«
    »Ich habe sie heute wiedergesehen«, erzählte ich und setzte meine verwirrende Geschichte sodann fort. Tucker Peckinpah sah mich entsetzt an, als ich geendet hatte. »Das ist ja grauenvoll, Tony.«
    »Kann man wohl sagen.«
    Der Industrielle sagte, er wolle sich in Sally Reynolds’ Wohnung umsehen. Wir verließen kurz darauf sein Haus und stiegen in seinen silbernen Rolls Royce. Cruv kam mit. Er setzte sich die schwarze Melone auf und schnappte sich seinen Ebenholzstock, um bewaffnet zu sein.
    Die vielfältigsten Gefühle stürmten auf mich ein, als wir die Wohnung der Journalistin betraten.
    Tucker Peckinpah sah mich gespannt an. Ich ging voraus und führte ihn und seinen Leibwächter ins Schlafzimmer. Mein Blick ruhte dabei auf Peckinpahs Gesicht.
    Ich erwartete, darin einen Ausdruck von Abscheu und Erschrecken zu sehen, doch der Industrielle und der Gnom waren nur überrascht.
    Das viele Blut! dachte ich. So abgebrüht können sie doch nicht sein!
    Mein Blick schnitt durch den Raum und heftete sich fassungslos auf das Bett. Es war sauber ! Nirgendwo war auch nur ein Tropfen Blut zu sehen.
    Nahm es da wunder, wenn die beiden an meinem Verstand zweifelten? Ich tat es ja selbst. Tucker Peckinpah sah mich sehr besorgt an.
    »Tony, was ist mit Ihnen los?« fragte er ernst.
    Ich fuhr mir mit gespreizten Fingern durchs Haar. »Das wüßte ich selbst gern, Partner. Alles läuft plötzlich verkehrt. Ich kriege die Dinge nicht unter Kontrolle.«
    »Vielleicht sollten Sie sich mal mit einem Psychoanalytiker unterhalten.«
    »Sie halten mich für verrückt, nicht wahr?«
    »Nicht jeder, der die Hilfe eines solchen Arztes in Anspruch nimmt, ist verrückt, Tony«, sagte Tucker Peckinpah besänftigend. »Ich kenne einen sehr guten Mann. Wenn Sie möchten, rufe ich ihn an.«
    »Ich denke darüber nach«, versprach ich.
    »Sie sollten sich damit nicht allzulange Zeit lassen. Ihre Feinde sind wachsam. Sie könnten die Gelegenheit nützen.«
    »Ob da nicht bereits die schwarze Macht die Hand im Spiel hat?« überlegte Cruv Jaut.
    »Das wäre durchaus möglich«, sagte Tucker Peckinpah.
    »Welche Rolle fiel dann der Journalistin zu?« fragte der Gnom.
    »Sie diente möglicherweise - wissentlich oder unwissentlich - als Lockvogel«, antwortete der Industrielle. »Einer solchen Schönheit geht jeder Mann auf den Leim. Ich bedaure nun, Sie mit Sally Reynolds bekannt gemacht zu haben, denn erst dadurch konnte das alles passieren.«
    »Machen Sie sich deswegen keine Vorwürfe, Partner. Sie konnten unmöglich vorhersehen, was sich daraus entwickelt.«
    »Sie können wie immer mit meiner vollen Unterstützung rechnen, Tony.«
    Wir wollten das Schlafzimmer verlassen, da machte uns Cruv auf ein seltsames Geräusch aufmerksam. Der Gnom hatte sehr gute Ohren.
    Weder Peckinpah noch mir wäre das Geräusch aufgefallen. Wir nahmen es erst nach Cruvs Hinweis wahr. Es hörte sich wie das Kratzen auf trockenem Papier an.
    Ich versuchte es genauso wie Peckinpah und Cruv zu orten. Woher kam es? Während ich mich suchend umblickte, löste sich Cruv von uns.
    Er nahm seinen Ebenholzstock hoch und zeigte damit auf eine Tapetenbahn.
    »Es kommt von da! Irgend etwas befindet sich hinter dieser Tapete und macht sich durch das Kratzen bemerkbar.«
    »Sehen Sie sich vor, Cruv!« riet Tucker Peckinpah seinem kleinen Leibwächter.
    Der Gnom drehte den massiven Silberknauf seines Stocks und verwandelte diesen damit in einen Dreizack mit magisch geladenen Spitzen. Klickend schnellten sie unten heraus und rasteten ein.
    Erst dann ging