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187 - Die Wolfshexe

187 - Die Wolfshexe

Titel: 187 - Die Wolfshexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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unterschrieben haben, könnten wir sie davon abbringen. Das wäre geradezu unsere Christenpflicht. Ich meine, wir wären auch froh gewesen, wenn uns jemand rechtzeitig die Augen über unseren Nachbarn geöffnet hätte, nicht wahr?«
    Shirley Everett seufzte. »Es wäre in unserem Leben vieles anders gekommen, wenn wir uns nicht für dieses Haus entschieden hätten. Wir wären anderswo sehr glücklich geworden. Warum hielten wir an diesem Haus fest, Robert?«
    »Weil wir uns immer ein Haus wie dieses gewünscht hatten.« Everett seufzte schwer. Die Fehler eines ganzen Lebens lagen hinter ihm, heute war er 60 und zu alt, noch einmal von vorn anzufangen.
    Vielleicht konnte er diesem jungen Mädchen den größten Fehler seines Lebens noch ersparen. Daß sie ihm gefiel, war Shirley Everett nicht verborgen geblieben, aber es störte sie nicht. Er war ein alter Mann. Warum durfte er nicht Gefallen finden an jugendlicher Schönheit? Es gab nichts Harmloseres als das, deshalb war Shirley Everett auch nicht im mindesten beunruhigt oder besorgt um ihre Ehe. Sie wußte, daß sie sich auf die Treue ihres Mannes verlassen konnte.
    Er kämmte sein schütter gewordenes Haar, warf einen prüfenden Blick in den Bronzespiegel, der in der Diele hing und in dem jeder so aussah, als hätte er es an der Leber, und verließ dann das Haus.
    Warum er nicht einfach vor die Tür des Nachbarhauses trat, anklopfte und sagte, wer er war, wußte er nicht. Irgend etwas hielt ihn davon ab.
    Er wollte zuerst heimlich einen Blick in Oaks’ Haus werfen. Für ihn war es immer noch Oaks’ Haus, würde es immer bleiben.
    Eigentlich ist es nicht richtig, was du tust! meldete sich eine innere Stimme. Stell dir vor, sie zieht sich gerade um, du würdest ihre Intimsphäre verletzen. Dazu hast du kein Recht.
    Er ignorierte die Stimme seines Gewissens. Vorsichtig näherte er sich einem der Fenster. Das Unkraut wuchs bis an das düstere Geisterhaus heran und erreichte Hüfthöhe. Everett wischte den Schmutz vom Glas.
    Sollte jemals jemand hier einziehen, würde er unendlich viel tun müssen, um das Haus wohnlich zu machen. Wollte man es einigermaßen gefahrlos bewohnen, würde man zuerst die Dienste einer Putzkolonne und anschließend jene eines Exorzisten in Anspruch nehmen müssen.
    Das alles würde Everett dem jungen, ahnungslosen Ding sagen.
    Nachdem er den Schmutz vom Glas gerieben hatte, schaute er in das geräumige Wohnzimmer.
    Sein nervöser Blick suchte das schöne Mädchen, doch er sah sie nicht.
    Hatte sie das Haus verlassen, ohne daß es ihm aufgefallen war?
    Er versuchte sein Glück an einem anderen Fenster, und plötzlich fragte jemand hinter ihm: »Würden Sie mir erklären, was Sie hier wollen?«
    Die klare, feste Mädchenstimme riß ihn herum. »Oh«, stieß er verlegen hervor, als er die hübsche Nachbarin sah. Er wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken, befürchtete, daß sie ihn für einen elenden Spanner hielt. »Sie… Sie müssen jetzt eine ganz schreckliche Meinung von mir haben, Miß, aber ich schwöre Ihnen, daß der Schein trügt. Mein Name ist Robert Everett, ich bin Ihr Nachbar. Meine Frau und ich wohnen in diesem Haus.« Er zeigte darauf.
    »Warum schauen Sie heimlich durchs Fenster, Mr. Everett?«
    »Es… es ist mir sehr peinlich. Ich wollte mich davon überzeugen, daß Sie zu Hause sind.«
    »Wenn Sie an die Haustür geklopft hätten, hätten Sie das auch erfahren.«
    »Ja, natürlich. Ich bitte tausendmal um Entschuldigung, wenn Sie sich durch mich belästigt fühlen… Ich möchte nur betonen, daß das ganz bestimmt nicht in meiner Absicht lag. Ich wollte nur… Naja, reden wollte ich mit Ihnen… Sie kennenlernen… Ihnen - vielleicht - einen Rat geben…«
    Er war nicht sicher, ob sie ihm glaubte. In ihrem makellosen Gesicht regte sich kein Muskel. Sie schien zu überlegen.
    Everett rieb die feuchten Hände an seinen Schenkeln trocken. »Ich schätze, das war ein ziemlich mißglückter Auftritt. Ich werde mich wohl lieber wieder zurückziehen. Entschuldigen Sie die Störung, Miß…«
    »Reynolds. Sally Reynolds.« Jetzt taute sie auf. Ein warmes, freundliches Lächeln erschien auf ihren schönen Zügen.
    »Sehr angenehm, Miß Reynolds.«
    »Tut mir leid, daß ich so unfreundlich war, Mr. Everett.«
    »O nein, nein, Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Sie waren durchaus im Recht. Es gehört sich nicht, daß man durch anderer Leute Fenster guckt. Mir wäre das auch nicht recht.«
    »Ein Mädchen, das allein lebt,

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