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1886 - Nach der Apokalypse

Titel: 1886 - Nach der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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viel Verstecken gespielt. Mich haben sie nie gefunden."
    „Das kann ich mir vorstellen. Und du hast dich wohl auch viel bewegt?"
    „Wieso?"
    „Na, weil du so schnell rennen kannst, ohne daß dir einmal die Luft ausgeht. Den ganzen Tag sind wir unterwegs und noch einen Teil der Nacht, und du wirst nicht müde."
    „Wir machen doch immer wieder Pause, Harro. Außerdem ist es wichtig, die anderen Kinder zu finden; nicht wahr?"
    „Ja, da hast du recht."
    Mimi fummelte an ihrer lädierten Kleidung herum und druckste ein bißchen, bevor sie mit einer Frage herausrückte, die sie offensichtlich schon eine ganze Weile beschäftigte: „Harro, wissen die eigentlich meinen Namen?"
    „Wer?" fragte er.
    „Na ja, die ... in den Gleitern und so ..."
    Harro schien zu begreifen. „Keine Sorge", lächelte er. „Ich habe deinen ‘Namen schon oft genannt, und den wird bestimmt keiner vergessen. Wenn alles vorbei ist, bekommst du bestimmt eine öffentliche Auszeichnung. Jemanden wie dich vergißt man doch nicht."
    „Meinst du wirklich?"
    „Ganz sicher, mein kleiner Schatz. Jetzt komm her, schlafen wir eine Runde. Momentan können wir nichts tun."
    Erlegte sich hin, und Mimi schmiegte sich fest an ihn. Er legte seine Arme um sie und wiegte sie ein wenig.
    „Das ist gut ...", murmelte sie schläfrig.
    „Kleine Heldin", sagte er sanft.
     
    *
     
    Während Mimi schlief, dachte Harro über die vergangenen Stunden und Tage nach, die er nun schon mit der Kleinen zusammen war. Sie war ein ungewöhnliches Kind, das mußte er zugeben. Trotz ihrer Angst hatte sie es erzwungen, bei ihm zu bleiben, weil sie niemandem mehr vertrauen wollte außer ihm.
    Nachdem sie vor zwei Tagen der Schourcht entkommen waren, hatte Harro Mimis Hand wieder genommen und war eine Weile still mit ihr marschiert. „Keine Kinder", hatte er dann einmal gemurmelt, ganz unbewußt einen Gedanken laut ausgesprochen.
    „Was meinst du?"
    „Ich sagte, daß wir keinen Kindern begegnen", führte er aus.
    „Natürlich nicht." Mimi zog die Augenbrauen hoch und schüttelte leicht indigniert den Kopf. „Sie verstecken sich."
    „Dich habe ich doch auch gefunden."
    „Ich habe mich ja nicht versteckt."
    Nach einer weiteren Gesprächspause schlug Mimi unerwartet vor: „Ich kann dir dabei helfen, sie zu finden. Ich kenne alle Verstecke." Sie meinte damit die Art der Deckung, die ein verängstigtes Kind suchen würde.
    Damit war der Mann natürlich nicht einverstanden, schließlich lud er sich damit eine Verantwortung über das Mädchen auf, der er auf keinen Fall ausreichend nachkommen konnte.
    Aber Mimi hatte so lange gebettelt und altklug argumentiert, daß er schließlich nachgegeben hatte. Er mußte es sich eingestehen: Er brauchte das Mädchen.
    Cistolo Khans Leute waren ständig voll im Einsatz und zumeist auf sich allein gestellt. Obwohl dauernd neue Truppen geschickt wurden, waren es stets zu wenige; auf diesem großen Gebiet, noch dazu unter der ständig drohenden Gefahr der Dscherro, die meistens mit Geiseln an Bord ihrer Fahrzeuge operierten, konnten sie nicht flächendeckend arbeiten.
    Harro kümmerte sich aus Zeitnot gar nicht erst darum, einen neuen SERUN zu erhalten, sondern stöberte mit Mimi alle nur erdenklichen Schlupflöcher auf, sammelte dabei Kinder zusammen. Auf diese Weise hatten sie schon mehrere Rettungsaktionen einleiten könnenund Mimi war es immer wieder gelungen, bei Harro zu bleiben. Entweder sie ging nicht auf den Gleiter, oder sie schmuggelte sich wieder davon; manchmal versteckte sie sich von vornherein irgendwo und tauchte dann unvermittelt wieder auf.
    Er wurde das Mädchen nicht los, aber wenn er ehrlich war, konnte er nur froh darüber sein. Von den 300 Kindern, die sie inzwischen schon in unterirdischen Schächten und Hallen gefunden hatten, hätte er allein höchstens 30 aufgestöbert und retten können.
    Nicht nur, daß er die Verstecke nicht fand - die Kinder flohen sogar vor ihm. Wie auch Mimi vertrauten sie keinem mehr, jeder mit einer Waffe war automatisch der Feind. Nur vor Mimi zeigten sie keine Scheu; sie verstand es, die Kinder im Kommandoton beisammenzuhalten und auf die Gleiter zu scheuchen.
    Trotzdem mußte der LFT-Soldat zusehen, daß die Kleine bald von hier fortkam. Sie hatte mit dem Tod der Eltern einen schweren Schock erlitten, unter dem sie noch immer stand. Sie hatte kein einziges Mal mehr über sie gesprochen, und sie weinte auch nie.
    Nur manchmal, wenn die Angst zu groß war, wimmerte sie leise vor sich hin.

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