1891 - Das Mädchen Siebenton
mich?" fragte Siebenton staunend. „Wer bin ich, daß man einen solchen Aufwand treibt?"
„Die Suche nach dir war sozusagen eine Zugabe zu der Leistung, die Tseekz für uns zu erbringen hat", stellte Walyon klar. „Aber ich bin sehr froh, daß er sich darauf eingelassen hat: Die Caliguren sind wie gesagt gewiefte Geschäftsleute. Sie achten stets darauf, ihre Auftraggeber nicht durch überhöhte Forderungen abzuschrecken oder gar zu ruinieren; sie sind immer darauf bedacht, auch später Geschäfte mit ihnen zu machen, und üben sich daher in Entgegenkommen, wo es machbar ist. Sie nennen das ihr Terrain entwickeln. Je besser es ihren Auftraggebern geht, desto besser sind die Geschäfte, die sie auch künftig mit ihnen machen können." Walyon lachte und winkte ab. „Aber das wird dich nicht so sehr interessieren."
„Nein", gab sie zu. „Aber ich höre aus deinen Worten heraus, daß dir dieses Technikervolk sympathisch ist."
„Das stimmt. Die Wesen sind mir lieber als einige andere Völker von Shaogen-Himmelreich - aber das nur unter uns. Wir sollten keine Vorurteile haben." ..
„Auch nicht dem Traal gegenüber?"
„Die Angehörigen des Gegenkults leben im Halo der Galaxis, bis wohin das Sternlicht niemals kommt.
Aber das soll und darf natürlich keine Entschuldigung sein. Was sie getan haben, ist schrecklich und ein Verbrechen. Du siehst aber auch, wie segensreich das Shaogen-Sternlicht für alle Geschöpfe ist, die es erleben dürfen. Es heißt, daß es einmal eine Zeit gegeben hat, in der es nicht schien. Dies war eine Zeit der Kriege und des Mordens. In Shaogen-Himmelreich gab es damals viele Planeten, auf denen es zu Massakern wie jetzt auf Seevenor gekommen ist. Es war an der Tagesordnung, und nur das Sternlicht hat unsere Vorfahren erleuchtet und zur Besinnung gebracht. Seither leben wir Völker in Frieden miteinander."
„Du redest jetzt wie ein richtiger Priester", sagte Siebenton. „Kannst du mir auch sagen, wie lange es her ist, daß Shaogen-Himmelreich von Kriegen erschüttert war?"
„Du meinst, wie lange schon der Friede herrscht?" Er machte eine entschuldigende Geste. „Eine genaue Antwort kann ich nicht geben, aber es sind mindestens zwanzigtausend Jahre, denn so lange reicht unsere Geschichtsschreibung zurück. Spätestens damals, vielleicht aber auch früher, trat der Prophet Perschen auf und brachte die Religion des Sternlichts in die Galaxis."
Siebenton schwieg für eine Weile beeindruckt. Dann sagte sie: „Du hast mir meine Frage noch immer nicht beantwortet. Weshalb hast du mich gesucht?"
Er lächelte.
„Weil ich dich seit dem Auftritt des Seelenhirten von Phasenberg nie aus den Augen verloren habe, Siebenton. Ich habe, wie viele andere auch, deine Entwicklung verfolgt. Nicht nur Mönche wie Koliwan oder Brovn haben sich von deinen Fertigkeiten und deiner Ausstrahlung beeinflussen lassen. Auch die Priesterschaft hat dich beobachtet. Und als die Nachricht von der Zerstörung des Sammlers kam, hat man mich gebeten, nach ..."
„Warte!" unterbrach sie ihn. „Ihr habt ... Die Priesterschaft hat davon erfahren? Also konnte er einen Notruf abstrahlen?"
„Nein, Siebenton. Der Kommandant der Traal-Einheit hat die Nachricht von seiner Vernichtung und dem Gemetzel in die Galaxis hinausposaunt und damit gedroht, daß dies erst der Anfang gewesen sei."
„Das ist ungeheuerlich", entfuhr es ihr. „Also wußte auch der Außenwächter-Orden davon und hat nichts unternommen, um eventuelle Überlebende zu retten!"
Walyon neigte den Kopf und breitete die Arme aus.
„Dazu kann ich nichts sagen, Siebenton. Aber du lebst. Gemeinsam werden wir nach Wolkenort zurückkehren, wenn du keine anderen Pläne hast."
„Ich würde gerne ...", begann sie, winkte dann jedoch ab. „Vergiß es, bitte! Ich danke dir für meine Rettung, Walyon, und ich hoffe, es dir eines Tages vergelten zu können." Sie atmete tief ein. „Jetzt, da das Leben neu angefangen hat ..."
„Ich weiß, was du gerne möchtest", sagte er. „Aber die Caliguren werden nicht mit sich reden lassen.
Vergiß also besser die Reisen durch Shaogen-Himmelreich, wenn du nicht enttäuscht werden willst. Wenn du nichts dagegen hast, bringe ich dich jetzt zu deiner Kabine."
„Darf ich dich wieder besuchen?" fragte sie.
„Jederzeit, natürlich."
Seine Augen strahlten sie an, und sie mußte ihm einfach die Frage stellen, ob sein Interesse an ihr nur das eines Mitglieds der Priesterschaft sei oder ob mehr dahintersteckte. Später
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