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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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abgewichen wäre, welches gefährlicher für ihn war, als er in seiner Unerfahrenheit jetzt dachte.
    Bald hierauf sahen wir die Beni Khalid mit ihren ‚Gastfreunden‘ abziehen, und einige Zeit später schickten wir ihnen zwei Haddedihn zur Beobachtung nach. Das war eine Vorsichtsmaßregel, deren Ausführung wir nicht versäumen durften.
    Nun waren wir allein und für den heutigen Tag wahrscheinlich sicher. Da machten unsere Leute es sich bequem. Der Platz und seine Umgebung wurden auf das genaueste durchforscht und die hiesigen Verhältnisse ebenso genau und ausgiebig im Gespräch durchgenommen. Der Vormittag verlief vollends, ohne daß etwas Erwähnenswertes geschah, und ein großer Teil des Nachmittages auch. Dann aber bekamen wir am Brunnen Besuch, nämlich zwei Beduinen, welche auf Eilkamelen aus westlicher Richtung kamen und, als sie den Brunnen besetzt sahen, von weitem halten blieben. Sie beobachteten uns eine Weile und kamen dann näher. Der Umstand, daß Soldaten bei uns waren, mochte ihr Mißtrauen zerstreut haben. Als sie uns erreicht hatten, stiegen sie aber nicht sogleich ab.
    „Hadschahdsch!“ sagte der eine von ihnen, weiter nichts.
    Dieses Wort ist der Plural von Hadschi und sollte soviel heißen wie: ‚Wir sind Mekkapilger!‘ Es gibt nämlich eine Vorschrift, nach welcher man gegen jeden Pilger Frieden zu halten hat, während er unterwegs ist, selbst wenn er einem feindlichen Stamm angehört. Doch aber sind es grad die Pilgerzüge, welche sich vor den räuberischen Beduinen am meisten in acht zu nehmen haben. Daß diese beiden Männer hier Hadschahdsch seien, das glaubten wir nicht; sie legten sich diese Eigenschaft nur bei, um von uns nicht feindlich aufgenommen zu werden. Halef antwortete:
    „Seid uns willkommen, und steigt getrost ab! Wir haben Platz und auch Wasser für euch!“
    „Wer seid Ihr?“
    „Ich bin Hadschi Halef Omar, der oberste Scheik der Haddedihn vom Stamm der Schammar.“
    „Und diese Asaker?“
    „Sie sind in der hiesigen Gegend gewesen, um einen Flüchtling einzufangen, und kehren nun nach Meschhed Ali zurück. Und welchem Stamm gehört ihr an?“
    „Wir sind Scherarat von der Ferkah Fawwahl und haben nicht die Absicht, lange hier zu bleiben. Erlaubt uns nur, unsere Kamele zu tränken; dann reiten wir wieder fort.“
    Das mußte auffallen. Wenn sie friedliche Pilger waren, so blieben sie hier, denn der nächste Brunnen war eine Tagreise entfernt, und als Wallfahrer treibt man sich doch nicht des Nachts in einem unbekannten Teil der Wüste herum. Ich machte also Halef die leise Aufforderung, seinen Leuten und auch den Soldaten den Befehl zu geben, sich ja nicht etwa ausfragen zu lassen. Er tat dies so, daß die Fremden es nicht bemerkten.
    Diese letzteren hatten ganz besondere Blicke für unsere Pferde und für das getüpfelte Hedschihn des Persers. Die Art und Weise, wie sie diese Tiere nur ganz verstohlen aber mit gieriger Bewunderung betrachteten und einander dann ansahen, fiel nicht nur mir, sondern auch Hadschi Halef auf.
    „Effendi, das sind Pferdediebe!“ flüsterte er mir zu.
    „Vom Stamme der Beni Lam“, ergänzte ich seine Worte.
    „Maschallah! Das ist möglich!“
    „Ich habe zwar keine Beweise dafür, möchte aber behaupten, daß ich mich nicht irre. Daß sie zu den Fawwahl der Scherarat hören, ist eine Lüge, denn wären sie das wirklich, so führte sie der Weg nach Mekka immer den Tebuk-, Madschihn- und Medina-Karawanenpfad entlang, aber nicht so weit in die südöstliche Nedschd-Wüste herüber. Der Scheik der Beni Khalid hat uns ja gesagt, daß sein Kriegszug den Beni Lam gelte, und so ist es klar, wenigstens für mich, daß diese zwei Beduinen Kundschafter dieses Stammes sind, welche nach den Beni Khalid suchen.“
    Bald darauf wurde uns der Beweis geliefert, daß ich mit dieser Vermutung nicht fehlgegangen war, denn als ihre Kamele getrunken hatten, fragte uns der eine:
    „Wohin geht von hier aus euer Weg?“
    „Nach der Aïn Bahrid“, antwortete ich.
    „Dahin reiten wir jetzt und ruhen uns dann dort aus. Ihr werdet uns also morgen abend dort wiedersehen.“
    Wie schlau! Er wollte nur wissen, wann wir von hier aufzubrechen beabsichtigten. Darum führte ich ihn irre:
    „Die Freude, euch dort zu treffen, ist uns versagt, denn wir sind so ermüdet, daß wir diesen Brunnen hier erst übermorgen verlassen werden.“
    Da fragte er unvorsichtig schnell: „So seid ihr morgen den ganzen Tag noch hier?“
    „Ja.“
    „Habt ihr vielleicht

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