19 Minuten
zweite Pistole.
»Weißt du, man sollte immer einen Ersatzkanister dahaben ...« Mr. Weatherhall kam ächzend die Kellertreppe hoch. Peter nahm
rasch die Pistole herunter und schob sie sich hinten in den Hosenbund.
Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, als Mr. Weatherhall in die Küche kam. »Hast du was?«, fragte der alte Mann und beäugte Peter. »Du bist ein bisschen blass um die Nase.«
»Ich hab gestern bis spät abends Hausaufgaben gemacht. Danke für das Benzin, Mr. Weatherhall.«
»Bestell deinem Dad, das nächste Mal helf ich ihm aber nicht mehr aus«, sagte Mr. Weatherhall und winkte Peter nach draußen.
Peter wartete, bis Mr. Weatherhall die Tür geschlossen hatte, und dann rannte er so schnell los, dass der Schnee hinter ihm aufspritzte. Er ließ den Kanister neben der Schneefräse stehen und stürmte ins Haus. In seinem Zimmer schloss er die Tür ab, zog die Pistolen aus dem Hosenbund, legte sie aufs Bett und setzte sich.
Auch die zweite war eine Glock 17, ebenfalls schwarz und aus legiertem Stahl. Er staunte, wie unecht sie wirkten - oder wie echt Spielzeugpistolen aussahen. Er nahm eine in die Hand, zog den Schlitten nach hinten und ließ ihn vorschnellen. Er warf das Magazin aus.
Peter schloss die Augen und hielt sich die Pistole an den Kopf. »Peng«, sagte er leise.
Dann legte er sie zurück aufs Bett, wickelte beide Pistolen in einen Kissenbezug ein und schob sie zwischen Matratze und Lattenrost.
Es würde wie in dem Märchen sein, in dem die Prinzessin wegen einer Erbse im Bett nicht schlafen konnte. Nur dass Peter kein Prinz war und ihm die Unebenheit unter der Matratze keine schlaflosen Nächte bereiten würde.
Im Gegenteil, er würde vielleicht endlich Ruhe finden.
Im Traum stand Josie in einem wunderschönen Indianerzelt. Die Wände bestanden aus weichen, mit goldenem Faden zusammengenähten Rehfellen, auf denen rundum in Rot, Ocker, Violett und Blau Szenen aufgemalt waren - Geschichten, in denen es um die Jagd ging, um Liebe und Verlust. Büffelfelle dienten als Kissen; Kohlen glühten wie Rubine in der Feuerstelle. Als sie nach oben schaute, sah sie Sterne durch das Rauchloch fallen.
Plötzlich merkte Josie, dass sie fiel. Sie merkte, wie sie kopfüber stürzte, spürte, wie ihr Rock sich aufblähte und der Wind zwischen ihren Beinen hindurchstrich. Die Erde kam beängstigend schnell auf sie zugerast.
Da war ihre Schule. Ihr Haus. Das Dach über ihrem Zimmer. Josie spürte, wie sie darauf zustürzte, machte sich auf den unvermeidlichen Aufprall gefasst. Aber im Traum schlug man nie auf, man sah sich selbst nie sterben. Stattdessen fühlte Josie warmes Wasser aufspritzen, und ihre Kleidung trieb um sie herum wie die Tentakel einer Qualle, während sie auf der Stelle schwamm.
Sie erwachte mit einem Keuchen und merkte, dass sie sich noch immer nass fühlte. Sie setzte sich auf, hob die Bettdecke und sah die Blutlache.
Nach drei positiven Schwangerschaftstests, nachdem ihre Periode drei Wochen überfällig war - hatte sie eine Fehlgeburt.
Gottseidankgottseidankgottseidank. Josie presste das Gesicht ins Kissen und begann zu weinen.
Am Samstagmorgen saß Lewis in der Küche, las den neusten Economist und aß gedankenverloren seinen Vollkornpfannkuchen, als das Telefon klingelte. Er sah zu Lacy hinüber, die, die Hände voller Seifenschaum, an der Spüle stand.
Er stand auf und nahm den Hörer ab. »Hallo?«
»Mr. Houghton?«
»Am Apparat«, sagte Lewis.
»Hier spricht Tony, von Burnside's. Ihre Hohlspitzmunition ist da.«
Burnside's war ein Waffengeschäft, in dem Lewis im Herbst seine Munition kaufte. Ein- oder zweimal hatte er dort auch einen Bock wiegen lassen. Aber jetzt war Februar; die Rotwildsaison war vorüber. »Ich hab keine bestellt«, sagte Lewis. »Da muss ein Irrtum vorliegen.«
Er legte auf und setzte sich wieder an den Frühstückstisch. Lacy hob eine große Bratpfanne aus dem Spülwasser und legte sie auf den Abtropfständer. »Wer war denn das?«
Lewis blätterte in seiner Zeitschrift die Seite um. »Falsch verbunden«, sagte er.
TEIL ZWEI
Ehe du einen Rachefeldzug beginnst,
schaufle zuerst zwei Gräber:
eins für deinen Feind - und eins für dich.
CHINESISCHES SPRICHWORT
Sterling ist kein sozialer Brennpunkt, und die Verbrechensrate liegt praktisch bei null.
Deshalb stehen die Leute noch immer so unter Schock.
Sie stellen sich immer wieder dieselbe Frage: Wie konnte so etwas hier bei uns passieren ?
Tja. Wie hätte es nicht hier bei uns
Weitere Kostenlose Bücher