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19 Minuten

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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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ein Ozean rauschte in seinen Ohren. »Wieso soll ich dir glauben?«
    Courtney warf ihr Haar nach hinten. »Ist mir doch egal, ob du es glaubst oder nicht. Ich erzähl dir bloß, was sie gesagt hat. Was du damit machst, ist deine Sache.«
    Sie ging den Flur hinunter, und als sie um eine Ecke verschwand, klingelte es. Jetzt würde Peter zu spät kommen. Er hasste das, weil er dann alle Blicke auf sich spürte, wenn er in den Klassenraum kam, wie tausend Krähen, die auf ihn einhackten.
    Aber das spielte eigentlich keine Rolle mehr.
    Das Beste, was die Cafeteria zu bieten hatte, waren in Fett schwimmende Kartoffelpuffer. Doch Josie konnte einfach nicht widerstehen. Es war zwar kein Heißhunger auf Essiggurken, aber es war Heißhunger ... dachte sie beklommen.
    Courtney beugte sich über den Tisch und fuhr mit dem Finger durch den Fettrand auf dem Teller. »Igitt«, sagte sie. »Wieso ist Sprit eigentlich so teuer, wenn man von dem Ol, in dem die Dinger schwimmen, Drews Pick-up volltanken könnte?«
    Josie bückte sich, um ihren Rucksack zu öffnen. Irgendwo da drin musste noch ein Apfel sein. Sie kramte zwischen losen Blättern und Schminkzeug herum und bekam zunächst gar nicht mit, dass sämtliche Gespräche am Tisch verstummt waren.
    Peter Houghton stand auf der anderen Seite. In der einen Hand hielt er eine braune Papiertüte und in der anderen eine offene Milchpackung. »Hi, Josie«, sagte er, »ich dachte, du hättest vielleicht Lust, mit mir zusammen zu essen.«
    Josie hörte ein Rascheln hinter sich, aber in diesem Moment hätte sie sich nicht bewegen können, weil sie wie gelähmt war. Sie sah zu Peter hoch. »Ah«, begann Josie, »ich ...«
    »Das macht sie doch gern«, sagte Courtney. »Am Sankt-Nimmerleins-Tag.«
    Der ganze Tisch brach in schallendes Gelächter aus. »Was hast du denn da in der Tüte?«, fragte Drew. »Erdnussbutter und Marmelade?«
    »Salz und Pfeffer?«, fiel Courtney ein.
    »Brot und Butter?«
    Das Lächeln auf Peters Gesicht verkümmerte, als ihm klar wurde, wie tief die Grube war, in die er gestürzt war, und wie viele Leute daran mitgegraben hatten. Er blickte von Drew zu Courtney zu Emma und dann zurück zu Josie - und als er das tat, musste sie wegsehen, damit niemand mitbekam, nicht mal Peter, wie weh es ihr tat, ihm wehzutun und zu erkennen, dass sie nicht anders war als all die anderen, ganz gleich, was Peter von ihr geglaubt hatte.
    »Ich finde, Josie sollte zumindest mal einen Blick auf das Angebot werfen«, sagte Matt, und als er sprach, merkte sie, dass er nicht mehr neben ihr saß. Er stand jetzt hinter Peter und steckte in einer einzigen raschen Bewegung die Daumen durch die Gürtelschlaufen von Peters Jeans und riss sie ihm mitsamt Unterhose runter bis auf die Knöchel.
    In dem grellen Neonlicht war Peters Haut mondweiß, sein Penis eine winzige Schnecke auf einem spärlichen Nest aus Schamhaaren. Er bedeckte seine Genitalien sofort mit der Lunchtüte und ließ dabei die Milchpackung fallen. Sie zerplatzte vor seinen Füßen auf dem Boden.
    »Menschenskind, seht euch das an«, sagte Drew. »Vorzeitige Ejakulation.«
    Die ganze Cafeteria begann, sich zu drehen wie ein Karussell -grelle Lichter und bunte Farben. Josie hörte Lachen, und sie versuchte, mit einzufallen. Mr. Isles, der stiernackige Spanischlehrer, kam angelaufen, als Peter gerade seine Hose hochzog. Er packte Matt mit einem Arm und Peter mit dem anderen. »Seid ihr beide fertig«, schnauzte er, »oder muss ich mit euch zum Schulleiter?«
    Peter floh, doch inzwischen hatte die Belustigung über das herrliche Bild, wie er mit runtergelassenen Hosen dagestanden hatte, alle in der Cafeteria erfasst. Drew und Matt schlugen klatschend die Hände aneinander. »Alter, das war die unterhaltsamste Mittagspause, die ich je erlebt hab.«
    Josie griff in ihren Rucksack und tat so, als suchte sie weiter nach ihrem Apfel.
    Peter Houghtons Lunchtüte lag neben ihrem Fuß. Er hatte sie fallen lassen, als er weglief. Sie sah hinein. Ein Sandwich mit Aufschnitt. Ein Schokoriegel. Möhren, die von jemandem, der ihn gern hatte, geschält und in Streifen geschnitten worden waren.
    Josie schob die braune Tüte in ihren Rucksack und redete sich ein, sie würde Peter suchen und sie ihm wiedergeben oder sie vor seinen Spind stellen, obwohl sie genau wusste, dass sie nichts dergleichen tun würde. Nein, sie würde sie mit sich rumschleppen, bis sie anfing zu riechen, bis sie sie wegwerfen musste und sich vormachen konnte, dass es leicht

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