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19 Minuten

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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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passieren können ?
    Dazu genügt ein problematischer Jugendlicher, der Zugang zu Waffen hat.
    Und diese Kriterien erfüllen viele. Man muss nur mal genauer hinsehen. Der nächste Kandidat hockt jetzt vielleicht gerade ganz in der Nähe in seinem Zimmer. Oder lümmelt sich in eurem Wohnzimmer vor dem Fernseher. Aber ihr tut einfach weiter so, als könnte hier nichts passieren, und redet euch ein, ihr seid immun, weil ihr da lebt, wo ihr lebt.
    Ist ja auch leichter so, nicht wahr?

Fünf Monate danach
    Alex wurde wach, aber sie öffnete die Augen nur ein winziges bisschen und betrachtete den Mann, der auf der anderen Seite ihres Bettes lag. Diese nun schon vier Monate alte Beziehung erstaunte sie noch immer so sehr wie das Sternbild aus Sommersprossen auf Patricks Schultern. Irgendwie war er ein Teil ihres Lebens geworden: Manchmal fand sie sein Hemd zwischen ihrer Wäsche, roch sein Shampoo auf ihrem Kopfkissen, griff zum Hörer, um ihn anzurufen, und merkte, dass er bereits in der Leitung war. Alex war so lange Single gewesen; sie war praktisch, resolut und hatte ihre festen Gewohnheiten - eigentlich hätte diese unvermutete Invasion ihrer Privatsphäre sie verunsichern müssen. Doch das Gegenteil war der Fall, sie fühlte sich desorientiert, wenn Patrick nicht bei ihr war, wie ein Matrose, der nach monatelanger Seefahrt wieder an Land kommt und noch immer den wogenden Ozean unter sich spürt.
    »Ich spüre, dass du mich ansiehst«, murmelte Patrick. Ein Lächeln wärmte sein Gesicht, doch er hielt die Augen weiter geschlossen. Als Alex sich zu ihm beugte und eine Hand unter die Decke schob, packte er ihr Handgelenk und zog sie unter sich. Seine Augen waren noch ganz weich vom Schlaf, aber sie hatten dieses leuchtende Blau, bei dem Alex an Gletscher und Nordmeere denken musste. Er küsste sie, und sie schlang ihren ganzen Körper um ihn.
    Dann riss sie plötzlich die Augen auf. »Oh nein!«
    »Was ist denn?«
    »Weißt du, wie spät es ist?«
    Alex hörte Josie unten in der Küche mit Töpfen und Pfannen scheppern.
    Patrick griff über Alex hinweg nach der Armbanduhr, die auf dem Nachttisch lag. »Oh nein!«, wiederholte er und schlug die Decke zurück. »Ich hätte vor einer Stunde im Büro sein müssen.«
    Er schnappte sich seine Boxershorts, während Alex aus dem Bett sprang und ihren Morgenmantel anzog. »Was machen wir mit Josie?«
    Sie hatten ihre Beziehung nicht direkt vor Josie geheim gehalten - Patrick kam oft nach der Arbeit zum Essen oder verbrachte die Abende bei ihnen. Ein paarmal schon hatte Alex versucht, mit Josie über ihn zu reden, um herauszufinden, was sie davon hielt, dass ihre Mutter wundersamerweise wieder einen Mann gefunden hatte, doch Josie war ihr stets ausgewichen. Alex war sich selbst nicht sicher, was aus der Sache werden würde, aber sie fürchtete, Josie könnte sich wie ein fünftes Rad am Wagen vorkommen, und das wollte Alex unter allen Umständen verhindern. Sie machte gerade verlorene Zeit gut und dachte zuerst an Josie, alles andere kam danach. Daher hatte sie bislang immer dafür gesorgt, dass Patrick morgens schon weg war, wenn Josie wach wurde. Nur eben heute nicht, an diesem sommerlich warmen Donnerstag, wo es schon fast zehn Uhr war.
    »Vielleicht wär das jetzt eine gute Gelegenheit, es ihr zu sagen«, schlug Patrick vor.
    »Ihr was zu sagen?«
    »Dass wir ...« Er sah sie an.
    Alex erwiderte seinen Blick. Sie konnte den Satz nicht beenden, weil sie die Antwort selbst nicht wusste. Fand sie es schön mit Patrick, weil er einfach gut darin war, die Loser zu retten, die gerade Zuwendung brauchten? Würde er sich zurückziehen, wenn der Prozess zu Ende war? Oder sie sich?
    »Dass wir zusammen sind«, sagte Patrick mit Nachdruck.
    Alex drehte ihm den Rücken zu und band ruckartig den Gürtel des Morgenmantels zu. Wenn er sie jetzt fragen würde, was sie sich von der Beziehung erhoffte ... tja, sie wusste es: Sie wollte Liebe. Sie wollte einen Menschen, zu dem sie nach Hause kommen konnte. Sie wollte von einem Urlaub träumen, den sie beide im Rentenalter machen würden. Aber das würde sie ihm gegenüber niemals zugeben. Was, wenn er sie dann lediglich ausdruckslos anstarren würde?
    Alex tastete unter dem Bett nach ihren Pantoffeln. Stattdessen entdeckte sie Patricks Gürtel und warf ihn ihm zu. Vielleicht hatte sie ja gar nicht Josie schützen wollen, indem sie ihr verschwieg, dass sie mit Patrick schlief, sondern vor allem sich selbst.
    Patrick zog den Gürtel durch die

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