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19 Minuten

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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Vater und Joey im Garten geübt hatte, aber seine Hand war noch zu klein oder der Football zu groß. Und er hatte auch nicht wirklich verstanden, worum es eigentlich ging.
    »Wenn die Kugel drehend rauskommt, fliegt sie schnurgerade, ohne zu eiern.« Sein Vater nahm einen langen, dünnen Stab mit einer Drahtschlaufe am Ende. Er stecke ein Stückchen Stoff in die Schlaufe und tauchte es in ein Lösungsmittel. »Vom Schießpulver bleibt aber klebriges Zeug im Lauf zurück«, sagte er. »Und deshalb müssen wir den Lauf gründlich reinigen.«
    Peter sah zu, wie sein Vater den Stab in den Lauf schob und auf und ab bewegte, dann ein weiteres Mal mit einem neuen Stofffetzen an der Schlaufe und noch ein drittes Mal, bis der Stoff nicht mehr schwarz verschmiert war. »Als ich so alt war wie du, hat mein Vater mir das auch alles gezeigt.« Er warf den letzten
    Fetzen in den Abfalleimer. »Irgendwann gehen wir mal zusammen auf die Jagd.«
    Peter wäre fast geplatzt vor Freude. Ausgerechnet er, der keinen Football werfen und nicht mal anständig schwimmen konnte, würde mit seinem Vater auf die Jagd gehen? Und Joey würde zu Hause bleiben! Joey, der alles bestimmt viel besser begriff, was der Vater ihm da erklärt hatte. Peter fragte sich, wie lange er wohl auf den großen Tag warten musste - wie es wohl wäre, mit seinem Vater etwas zu unternehmen, nur sie beide allein.
    »Ah«, sagte sein Vater. »Jetzt schau noch einmal in den Lauf.«
    Peter nahm die Waffe und spähte von der Mündung aus in den Lauf, hielt sie sich dicht vors Auge. »Um Gottes willen, Peter!«, sagte sein Vater und nahm ihm das Gewehr aus den Händen. »Nicht so! Immer in Laufrichtung!« Er drehte die Waffe, sodass der Lauf von Peter wegzeigte. »Der Verschluss ist zwar nicht dran - es ist ungefährlich -, aber man schaut nie, niemals in die Mündung eines Gewehrs. Man richtet eine Schusswaffe nie auf etwas, das man nicht töten will.«
    Peter schielte richtig herum in den Lauf, der silbern glänzte, vollkommen war.
    Sein Vater rieb den Lauf außen mit Ol ein. »So, jetzt drück mal ab.«
    Peter starrte ihn an. Selbst er wusste, dass man das nicht machte.
    »Es ist ungefährlich«, beharrte sein Vater. »Aber sonst können wir die Waffe nicht wieder zusammensetzen.«
    Peter krümmte den Finger zögernd am Abzug und drückte ab. Eine Sperre löste sich, und der Verschluss, den sein Vater hielt, rastete ein.
    Sein Vater stellte die Waffe in den Gewehrschrank. »Leute, die was gegen Waffen haben, verstehen nichts davon«, sagte er. »Wer sich damit auskennt, kann auch sicher mit ihnen umgehen.«
    Peter verstand, was sein Vater ihm sagen wollte. Dieses geheimnisvolle Gewehr, das ihn so neugierig gemacht hatte, dass er aus der Kommodenschublade seines Vater den Schlüssel zum Waffenschrank geklaut und es Josie gezeigt hatte, war eigentlich nur die Summe einzelner Metallteile.
    Eine Waffe war im Grunde nichts, wenn sie keiner in Händen hielt.

Ob du an Bestimmung glaubst oder nicht, ist letztlich nur für eine Frage wichtig: Wem gibst du die Schuld, wenn etwas schiefläuft. Glaubst du, es ist deine Schuld - dass es nicht passiert wäre, wenn du dir noch größere Mühe gegeben hättest? Oder machst du einfach die Umstände dafür verantwortlich?
    Ich kenne Leute, die, wenn sie hören, wer alles gestorben ist, bestimmt sagen werden, es war Gottes Wille. Ich kenne Leute, die sagen werden, es war Pech. Und dann ist da noch mein persönlicher Lieblingsspruch: Sie waren einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.
    Dasselbe könnte man auch über mich sagen, oder?

Der Tag danach
    Peter blickte hinauf in die Zellenecke zu der Kamera, die ihn gleichgültig anstarrte und wohl beobachten sollte, ob er sich umbrachte, ehe er öffentlich gekreuzigt wurde. Seine Zelle hatte ja auch kein Bett mit Kissen und Matratze, bloß eine harte Pritsche, und eben die blöde Kamera.
    Immerhin war er, soweit er das sagen konnte, allein in diesem Trakt mit Einzelzellen. Er hatte Panik gekriegt, als der Wagen des Sheriffs vor dem Gefängnis hielt. Er kannte das aus dem Fernsehen, wusste, was alles im Knast passierte. Während des Einlie-ferungsverfahrens hatte er keinen Ton gesagt - nicht, weil er so ein harter Bursche war, sondern aus Angst, wenn er den Mund aufmachte, würde er anfangen zu weinen und nicht mehr aufhören können.
    Er hörte das Klirren von Metall auf Metall und dann Schritte. Peter blieb, wo er war, die Hände zwischen den zusammen-gepressten Knien, die Schultern

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