190 - Der Sohn des Vampirs
Reich der Finsternis hielt sich zwar hartnäckig das Gerücht, daß sich Loxagon auf die Dauer nicht mit dieser halben Sache begnügen würde, doch der Teufelssohn tat nichts, was dieses Gerücht genährt hätte.
Das Arrangement, das er mit Asmodis getroffen hatte, schien ihm zu genügen.
Ob der Höllenfürst seinem Sohn rückhaltlos vertraute, wußte niemand. Man konnte aber davon ausgehen, daß dies eher nicht der Fall war und Asmodis Vorkehrungen für seine Sicherheit getroffen hatte, damit ihm Loxagon nicht in den Rücken fallen konnte.
Shavenaar war nach Loxagons »Tod« durch viele Hände gegangen und befand sich nun im Besitz des Ex-Dämons Mr. Silver, was dem Teufelssohn selbstverständlich ein Dorn im Auge war.
Besonders beunruhigte ihn die Tatsache, daß Mr. Silver, gemeinsam mit seinem Freund, dem Dämonenjäger Tony Ballard, die Absicht hatte, das Höllenschwert »weißzuwaschen« und somit für schwarze Wesen unbrauchbar zu machen. Er würde mit allen Mitteln versuchen, dies zu verhindern.
Loxagon hatte sich nie wieder um Calumorg gekümmert. Hatte er den zotteligen Uralt-Vampir vergessen?
Seit einer grausamen Ewigkeit lebte Calumorg mit diesem leblosen Stein zusammen und ertrug unvorstellbare Qualen, doch es zeichnete sich am Horizont ein dünner Hoffnungsschimmer ab: Als Ragon das letztemal hier gewesen war, hatte er festgestellt, daß Loxagons Zauber brüchig gewordeh war.
Er hielt den Stein und den Uralt-Vampir nicht mehr so fest wie früher zusammen, und Ragon hegte die Hoffnung, den Vater nun endlich befreien zu können.
Der zottelige Vampir mit den mächtigen Hörnern sah seinen optimistischen Sohn zweifelnd an. Er glaubte, auch weiterhin dazu verdammt zu sein, an diesem Felsen zu leben.
»Wir werden Menschen opfern!« sagte Ragon mit glühendem Eifer. »Ihre Schreie, ihr Tod und ihr Blut werden den Stein erweichen, du wirst dich endlich von ihm trennen können. Loxagon machte den Fehler, nie mehr nach dir zu sehen und seinen Zauber zu erneuern. Dadurch ergibt sich für uns die Möglichkeit, seine starke Magie zu brechen.«
Calumorg hatte jedes Vertrauen in die Zukunft verloren. Was Ragon sagte würde er erst glauben, wenn den Worten erfolgreiche Taten gefolgt waren.
»Wenn du frei bist, werden wir Loxagon gemeinsam für das bestrafen, was er dir angetan hat«, sagte Ragon leidenschaftlich.
Doch Calumorg wollte davon nichts wissen. »Ich werde meine Hand nicht noch einmal gegen ihn erheben!« stieß er entschieden hervor. »Und du wirst dich auch nicht mit Loxagon anlegen. Man muß seine Grenzen kennen. Wir wären dem Teufelssohn nicht einmal gemeinsam gewachsen.«
»Das bezweifle ich!« sagte Ragon aggressiv.
»Und selbst wenn es uns gelänge, Loxagon zu töten, brächte uns das nur neue Schwierigkeiten ein, denn dann hätten wir Asmodis gegen uns. Nein, Ragon, wir müssen vergessen, was war, und ich werde mich damit bescheiden, wieder frei zu sein und meinen Bluthunger stillen zu können.«
»Deine Pein wird bald zu Ende sein, Vater«, versprach Ragon. »Wenn wir uns Wiedersehen, werde ich ein Opfer für dich haben.«
Ragon machte seinem Vater Mut, bevor er ihn verließ, und Calumorg hing weiter an diesem großen Felsen.
***
Nach seiner überstürzten Flucht aus Karen Grays Apartment verließ Boris Palance das Haus nicht, denn draußen befand sich der Meister, dessen Zorn er sich zugezogen hatte.
Er klopfte an die Tür der Hausmeisterwohnung. Seine Mutter öffnete und stieß einen fassungslosen Schrei aus. »Albert! Boris ist wieder da!«
Sie griff nach der Hand des Jungen und zog ihn in die Wohnung. Die Kälte seiner Finger fiel ihr nicht auf, sie war viel zu glücklich, ihren Sohn wiederzuhaben.
Ben, der Rauhhaardackel, verkroch sich unter einem Küchenstuhl, als hätte er schreckliche Angst vor Boris.
Im Wohnzimmer sprang Albert Palance auf. »Verdammt, ich hätte Lust, dich nach Strich und Faden zu verdreschen!« brüllte er Boris an.
Der Junge sagte nichts.
Erna Palance stellte sich schützend vor ihn. »Du rührst den Jungen nicht an! Sei froh, daß er wieder da ist!«
»Sieh dir deinen Sohn doch mal an«, gab ihr Mann gereizt zurück. »Wie ausgekotzt sieht er aus!«
»Wahrscheinlich fühlt er sich nicht wohl. Ich koche ihm eine Kraftbrühe.«
»Wo bist du gewesen?« schrie Albert Palance an seiner Frau vorbei. »Hast du Haschisch geraucht? Oder Heroin gespritzt?«
»Bist du verrückt?« empörte sich Erna Palance. »Der Junge nimmt doch keine Drogen.«
»Er
Weitere Kostenlose Bücher