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196 - Auf der Flucht

196 - Auf der Flucht

Titel: 196 - Auf der Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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den vernarbten Körper, stand auf und lauschte. Hinter dem Vorhang hörte er leises Gezwitscher und Flötenmusik.
    Stry? Yunupi versuchte sich zu erinnern. Wie war er an diesen seltsamen Ort gelangt? Wer hatte ihn so fürsorglich gepflegt?
    Auf wackligen Beinen schlich er zum Durchgang und spähte in den Nebenraum. In einem Stuhl saß ein bärtiger Anangu mittleren Alters. Er hatte die Augen geschlossen, schaukelte auf gebogenen Holzschienen vor und zurück und spielte auf der Flöte.
    Vorsichtig blickte Yunupi sich um. Neben einer welligen, halb geöffneten Metalltür gab es eine Kochstelle, in der Kohle glomm.
    Auf dem Rost stand eine bauchige Kanne aus gebranntem Ton.
    Auf der anderen Seite der Tür lehnte an einer Holztruhe Yunupis Treibstock mit der Tasche. Davor befanden sich ein schmuckloser runder Tisch und vier Hocker. Wände, Decke und Boden bestanden aus massiv wirkendem grauen Stein. Kerzen erhellten den Raum und zauberten trotz der kargen Einrichtung eine gemütliche Atmosphäre.
    Was macht ein Mann ganz allein mitten in der Einöde? Wo ist seine Familie? Oder sein Stamm? Entschlossen trat Yunupi in den Raum und näherte sich dem Anangu.
    Stry, der auf einem Regal an der Innenwand gekauert hatte, stieß einen erfreuten Begrüßungspfiff aus, segelte herab und landete auf Yunupis Kopf.
    »Na, dir scheint’s ja prächtig zu gehen.«
    »Und seinem jungen Herrn wohl ebenfalls.« Die Stimme des Mannes klang laut und klar, tief und voll wie ein Donnerschlag.
    »Ich – ich danke dir für meine Rettung«, stammelte Yunupi.
    »Unsere«, verbesserte er sich und setzte sich Stry auf die Schulter.
    Die schwarzen Augen des Mannes schienen selbst das Kerzenlicht zu verschlucken. Doch der Ausdruck darin hatte nichts Bösartiges, Falsches oder Verschlagenes.
    »Wie wär’s mit einer heißen Tasse Billy Tea ? Hm? Dabei lässt es sich leichter plaudern.« Der Gastgeber erhob sich aus seinem Schaukelstuhl, ging zur Kochstelle, füllte zwei Becher mit dem Inhalt der bauchigen Kanne und reichte Yunupi einen davon.
    Das Getränk roch bitter.
    »Nur zu, trink. Oder glaubst du, ich will dich vergiften?« Der Anangu schmunzelte.
    »Wer bist du?«, fragte Yunupi.
    »Du kannst mich Gil nennen.« Er nippte. »Und du bist also ein Emukunanga auf großer Suche?«
    »Woher weißt du das?«
    »Nun, dein Budgerigar war recht gesprächig.«
    Ein Geistersprecher! , durchfuhr es Yunupi. Sein Herz schlug schneller. Aufgeregt erzählte er von seinen Abenteuern und dem Ziel, den Yowie zu finden und zu seinem Stamm zu führen. »Und wer bist du?«
    Der Anangu lächelte versonnen. »Ich bin ein Hüter des Vergessenen, Bewahrer der Vergangenheit, vielleicht auch der Zukunft.«
    Der Traumwächter! , dachte Yunupi aufgelöst. Genau, wie der Dotoorii gesagt hatte – und das bedeutete, dass er immer noch auf dem richtigen Weg war! Doch ehe Yunupi nachfragen konnte, bedeutete Gil ihm mit einer Handbewegung, sich an den Tisch zu setzen. »Warte hier, ich hole uns etwas zu essen.«
    Gil verschwand durch die Metalltür und kam gleich darauf mit einem Teller voll Malala-Speck, Brot und einer Handvoll Johannisbrotbaum-Samen wieder zurück. Beherzt griff Yunupi zu.
    Stry pickte begeistert Krümel.
    Als Gil anschließend eine Pfeife aus der Truhe geholt, mit Kraut gefüllt und angepafft hatte, wagte Yunupi endlich seine Frage zu stellen: »Kannst du mir sagen, wo ich den Yowie finde? Ohne ihn ist meine Sippe verloren. Die Buschfleggen…«
    Der Anangu hob die Hand, sog am Mundstück und atmete kraftvoll aus. »Dein Tatendrang in Ehren, junger Emukunanga, aber du suchst nach dem falschen Retter.«
    »Aber der Yowie…«
    »Dinge verändern sich. Jungen werden zu Kriegern, Mädchen zu Ehefrauen, Paare zu Familien.«
    Yunupi hörte seinen Vater sprechen und verdrehte die Augen. »Ja, ich weiß, so ist der Lauf der Natur. Aber eben der ist gestört! Der Yowie hätte mit Einsetzen des letzten Entwicklungsstadiums der Fleggen eintreffen müssen. Ohne ihn kann ich kein Mann werden, kein Mädchen zur Frau nehmen und keine Familie gründen!«
    »So?« Gil lächelte.
    »Glaubst du, ich hab diese Strapazen zum Spaß auf mich genommen?« Der Alte hatte keine Ahnung, worauf es ankam. Wie denn auch, wenn er ganz allein lebte! Gil mochte es sich leisten können, im Nirgendwo herumzusitzen, Pfeife zu rauchen, Tee zu trinken und schlaue Sprüche zu klopfen. Yunupi nicht! Zornig schlug er mit der Faust auf den Tisch. »Wenn du den Unterschlupf des Yowie kennst, sag’s

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