1962 - Das Virtuelle Schiff
mehr essen", klagte Königin Annigar, „aber ich muss unbedingt auf meine Figur achten."
„Aber wieso denn, meine Liebe?" Der Mann neben ihr stand auf, beugte sich über sie und drückte ihr seine Lippen an die Schulter. „Du bist etwas vollschlank, aber immer noch sehr nah an deiner Idealfigur."
„Ach, ich brauche diese Köstlichkeiten nur anzusehen, und schon habe ich zugenommen", jammerte sie. „Ich bin einfach eine viel zu gute Nahrungsverwerterin." Aba Ossaq verstand so gut wie nichts. Die Körpersprache der Jassakaenen war ihm unbekannt, die Gefühle dieser seltsamen Wesen waren ihm fremd, und von Schmeicheleien hatte er noch nie gehört. „Du siehst bezaubernd aus, meine Königin!" versetzte der Mann neben ihm. „Es sind ja nur die vielen Beratungen und Besprechungen, die deiner Figur gefährlich werden könnten, weil es bei allen etwas. zu essen und zu trinken gibt."
„Ach ja, man hat es schwer!"
„So ist es. Aber trotz aller Fährnisse bist du von ungewöhnlichem Liebreiz", fügte die Königin Bollenkue hinzu. „Wirklich?" Annigar neigte geschmeichelt den Kopf zur Seite, blickte verschämt zu Boden. Dann stopfte sie sich einige ölige Fleischbrocken in den Mund und griff nach einem weiteren Ei, um es mit dem Dorn aufzureißen. „Nein, das stimmt nicht!" rief Aba Ossaq durch den Mund Saggans. „Du bist nicht schön. Du hast keinen Liebreiz. Du bist nicht nur vollschlank! In meinen Augen bist du einfach nur ein verfressenes, fettes Körperwesen!"
Es schien, als sei eine Bombe mitten auf dem Tisch explodiert. Die Männer und Frauen am Tisch verstummten schlagartig. Alle Blicke richteten sich auf Saggan. Entsetzen machte sich breit. Mit den Ohren der Frau, die er übernommen hatte, hörte Aba Ossaq, wie sich ein Ruf durch die Menge fortpflanzte: „Sie hat Königin Annigar eine fette Sau genannt!"
„Königin Bollenkue ist auch nicht viel besser", fügte Saggan hinzu und wandte sich an sie: „Das Fett läuft ihr schon aus den Ohren. Sie platzt bald!" Einer der Männer am Tisch sprang auf und schlug die Faust mit solcher Wucht in eine der Speisen hinein, dass Teile davon nach allen Seiten hinwegspritzten.
Aba Ossaq erschrak bis ins Mark. Er begriff, dass er einen unverzeihlichen Fehler gemacht hatte, doch er konnte nicht anders - er lachte. Er erhob sich, stemmte sich die Krallen in die plötzlich schmerzenden Hüften und lachte. Dröhnend und laut. Mehrere Männer griffen nach den Messern, die auf dem Tisch lagen und dazu dienen sollten, das Fleisch zu zertrennen. Der Gestalter begriff, dass es ernst wurde. Er hörte auf zu lachen, trat einen Schritt zurück - und dann wich er aus dem Körper der Jassakaenin. Sein Geist manifestierte sich in seinem Körper weit draußen im Weltraum.
Mehrere Lichtminuten vom Planeten entfernt, fand er sich wieder im Kreis seiner Familie, die ihm Geborgenheit und Sicherheit bot.
Was hast du getan? fragte Gabrel Gurh vorwurfsvoll. Ich war in deiner Nähe und habe alles gehört. Ich habe doch nur die Wahrheit ausgesprochen! verteidigte sich der junge Gestalter. Nicht mehr und nicht weniger. Du hast den Frieden gebrochen und dafür gesorgt, dass ein Krieg weitergeführt wird, der eben erst beendet worden ist! Das wollte ich nicht, bedauerte Aba Ossaq. Es ist geschehen, stellte Gabrel Gurh nüchtern fest. Wir anderen werden uns einschalten und dafür sorgen, dass die Kämpfe schnell wieder beendet werden. Du aber wirst hier bei der Familie bleiben. Jorim Azao wird entscheiden, was mit dir zu geschehen hat. Darüber hinaus reden wir beiden noch über das, was du angerichtet hast.
Aba Ossaq zog sich in sich zurück und kapselte sich ab. Es war sein Recht, so zu handeln, und keiner aus der Familie versuchte, die selbstgewählte Isolation zu durchbrechen. Jorim Azao ließ sich Zeit. Zunächst konzentrierte er sich darauf, den Krieg zu beenden, der erneut auf dem Planeten der Jassakaenen ausgebrochen war. Monate vergingen, bis dieses Ziel erreicht war und ein Friede geschlossen war, der für lange Zeit Bestand haben würde. Nach einigen kurzen Sprüngen hatte die Familie das einsame Sonnensystem auch wirklich erreicht, hatte es durchflogen und entfernte sich nun von ihm, um die letzte Etappe bis Karakhoum hinter sich zu bringen.
Jorim Azao bereitete die Familie auf den längst geplanten Teleportationssprung vor. Am Ende der Reise waren sogar die Reserven des gemeinsamen Feldes weitgehend erschöpft. Die Teleportation verlangte der Familie alles ab, hatte aber den
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