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1962 - Das Virtuelle Schiff

Titel: 1962 - Das Virtuelle Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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anders! tobte Gabrel Gurh. War es wirklich so?
    Aba Ossaq bezweifelte es. Irgendetwas musste in seiner Jugend - oder noch früher - geschehen sein, was ihn verändert hatte. Es gab einen anderen Jugendlichen in der Familie. Er war etwa 120 Jahre alt und wurde wegen eines Vergehens ebenfalls bestraft, hatte jedoch nur für zehn Jahre Ausflugsverbot erhalten. Ruhig, gelassen, geradezu demütig nahm er die Strafe hin; er schien noch nicht einmal über ihren Sinn oder ihre Berechtigung nachzudenken.
    War es das, was Jorim Azao wollte? Demut? Unterwerfung unter die Disziplin der Familie ohne jede Ausnahme? Aba Ossaq wollte und konnte sich nicht damit abfinden. Er sah sich nicht als Kollektivwesen, sondern als Individuum. Als solches wollte er sich nicht einer Ordnung un terwerfen, die er als ungerecht empfand und die jene bestrafte, die dafür gesorgt hatten dass die Gestalter überhaupt noch existierten.
    Er wollte nicht demütig sein. Er wollte keine Strafe hinnehmen, die nicht gerechtfertigt war; Er würde einen Ausweg finden. Aba Ossaq zog sich noch weiter zurück und entwickelte einen Plan. Er würde Jorim Azao, Gabrel Gurh und alle anderen täuschen und sie in dem Glauben lassen, dass er sich in seiner selbstgewählten geistigen Enklave ruhig verhielt. Er wartete beinahe ein ganzes Jahr ab, perfektionierte seinen Plan und streckte schließlich behutsam seine psionischen Fühler aus. Äußerst zurückhaltend und geschickt tastete er den Geist Emor Gharehns ab, eines älteren Familienmitglieds, das keine großen Ambitionen zeigte, Ausflüge zu unternehmen. Emor Gharehn war schlichten Gemüts, zeichnete sich nicht durch Ehrgeiz oder wissenschaftliches Streben aus und gab sich mit einem gelegentlichen Gedankenaustausch mit anderen Gestaltern zufrieden. Bei solchen Gesprächen konnte er allerdings recht humorvoll sein.
    Aba Ossaq nistete sich geistig bei ihm ein und ging dabei so langsam und geduldig vor, dass Emor Gharehn es nicht bemerkte. Dann aber schlug er blitzartig zu und schaltete das Bewusstsein des anderen aus. Unmittelbar darauf verharrte er in absoluter Stille, öffnete lediglich seine psionischen Sinne und lauschte. Keiner der anderen Gestalter hatte etwas bemerkt, und das Bewusstsein des Übernommenen war so eingekapselt, dass er sich nicht äußern konnte. Später würde er sich an nichts erinnern, sondern sich höchstens über einen gewissen Zeitverlust wundern.
    Aba Ossaq vibrierte innerlich. Er spürte deutlicher denn je, dass er mächtiger war als die anderen Gestalter. Vielleicht war seine Macht sogar groß genug, sie alle zu überwinden. Doch darauf wollte er es nicht ankommen lassen. Er wollte keinen offenen Kampf mit der Familie, solange er nicht sicher sein konnte, dass er als Sieger daraus hervorgehen würde. Der junge Gestalter hatte genügend Zeit.
    Er wartete ab, bis ohne jeden Zweifel feststand, dass niemand aus der Familie Argwohn geschöpft hatte, dann schickte er seine geistigen Fühler hinaus in das Sonnensystem, in dem sie sich noch immer befanden. Wenig später schon hatte er Kontakt. Ein männliches Wesen - er wusste noch immer nicht genau, was das bedeutete befand sich weitab von seinem natürlichen Lebensraum auf einem fremden Planeten. Aba Ossaq wechselte ohne große Anstrengung zu dem Wesen hinüber und blickte schon im nächsten Moment durch seine Augen und eine transparente Scheibe auf eine Wüstenlandschaft mit sich hoch auftürmenden Dünen aus rötlichem Sand hinaus. Er steckte in einem klobigen Anzug, der ihn vollkommen von der Außenwelt isolierte. Lediglich die Geräusche wurden von an seinem Helm angebrachten Mikrophonen aufgefangen und ins Innere geleitet. Er hörte den Wind pfeifen, und er sah, wie er den Sand vor sich hertrieb. Von seinem ersten Ausflug hatte er gelernt. Er schalte das Bewusstsein des Wesens nicht vollkommen aus, in dem er zu Gast war. Damit hatte er ständig Zugang zu seinem Gedächtnis und konnte sich das nötige Wissen verschaffen.
    Dabei nahm er nicht alles Wissen in sich auf, sondern holte sich nur das, was er für seine jeweilige Situation benötigte.
    Nicht weit von ihm entfernt erhob sich ein stark verwitterter, aus Steinquadern errichteter Turm aus dem Sand. Mühsam kämpfte er sich an ihn heran.
    Als er ihn beinahe erreicht hatte, bemerkte er ein metallenes Gebilde. Nur ein Teil von ihm ragte aus dem Sand. Ein runder Kopf, Schultern und die kugelförmigen Ansätze von Armen. Vier Augen befanden sich auf der Vorderseite des Kopfes, zwei weitere

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