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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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drückte mein Gesicht in den Schlamm, bis ich den Mund voll davon hatte und kleine Steinchen mir das Gesicht zerkratzten. Plötzlich wurde ich aus dem Schlamm hochgerissen, an den Haarwurzeln auf die Füße gehoben, doch alles, was ich sehen konnte, war der dunkle Nachthimmel über mir, bevor das fette Gesicht eines Polizisten vor meinen Augen aufging wie der Mond.
    Eine Lederfaust knallte mir ins Gesicht, zwei Finger in den Mund, zwei in die Augen. »Mach deine scheiß Augen zu und halt die Schnauze.«
    Ich tat, was er sagte.
    »Nicke, wenn du das Redbeck Café auf der Doncaster Road kennst.« Das Böse fauchte mir mit heißem Atem ins Ohr.
    Ich nickte.
    »Sei um fünf Uhr früh da, wenn du ‘ne Story willst.«
    Dann war der Handschuh verschwunden, ich schlug die Augen auf, sah den schwarzen Himmel und hörte den Lärm von tausend heulenden Sirenen.
     
    Willkommen daheim, Eddie.
    Vier Stunden lang Autofahren bei dem Versuch, meine Alpträume von Kindern abzuschütteln.
    Eine vierstündige Tour durch die Hölle: Pudsey, Tingley, Hanging Heaton, Shaw Cross, Batley, Dewsbury, Chickenley, Earlsheaton, Gawthorpe, Horbury, Castleford, Pontefract, Normanton, Hemsworth, Fitzwilliam, Sharlston und Streethouse.
    Harte Städte für harte Männer.
    Ich war weich; zu feige, um durch Clares Morley zu fahren oder einen Blick auf Devil’s Ditch zu werfen, zu feige, um zum Zigeunerlager zurückzufahren oder auch nur nach Hause nach Ossett.
    Irgendwann mittendrin nagelte mir der Schlaf die Augen zu, ich war auf einen Rastplatz bei Cleckheaton gefahren, träumte von Mädchen aus dem Süden namens Anna oder Sophie, von einem Leben vor dem hier, wachte dann mit einem Steifen auf und hörte meinen Vater krächzen:
    »Der Süden wird dich verdammt weich machen.«
    Wachte auf und hatte das Gesicht eines braunhaarigen Mädchens in einem Ring aus Feuer vor Augen und Schulphotos von kleinen Mädchen, die es nicht mehr gab.
    Die Furcht drehte den Zündschlüssel, ich rieb mir die Augen und fuhr durch die graue Dämmerung davon; überall erwachten die Braun- und Grüntöne, feucht und schmutzig, überall Hügel und Felder, Häuser und Fabriken, alles erfüllte mich mit Angst und bedeckte mich mit Lehm.
    Die Angst ist überall, daheim und andernorts.
     
    Morgendämmerung in der Doncaster Road.
    Ich fuhr mit dem Viva auf den Parkplatz neben dem Redbeck Café and Motel. Ich parkte zwischen zwei Lastern, hockte da und hörte mir auf Radio 2 Tom Jones an, der I Can’t Break the News to Myself sang. Es war zehn vor fünf, als ich über den Schotter zu den Toiletten hinter dem Haus ging.
    Die Toiletten stanken, der geflieste Boden war feucht vor schwarzer Pisse. Schlamm und Lehm waren mir auf der Haut festgetrocknet, sie schimmerte rot unter dem Dreck. Ich drehte Heißwasser auf und tauchte meine Hände in das eiskalte Wasser. Ich spritzte mir Wasser ins Gesicht, schloß die Augen und fuhr mir mit den nassen Händen durchs Haar. Braunes Wasser tropfte mir vom Gesicht auf Jacke und Hemd. Wieder spritzte ich mir Wasser ins Gesicht und schloß die Augen.
    Ich hörte, wie die Tür aufging, spürte einen Stoß kalter Luft.
    Ich machte die Augen auf.
    Meine Beine verschwanden unter mir.
    Mein Kopf knallte gegen das Waschbecken, Galle stieg mir in den Mund.
    Meine Knie schlugen auf den Boden, mein Kinn gegen das Waschbecken.
    Jemand packte mich bei den Haaren und drückte mein Gesicht in das dreckige Wasser im Becken.
    »Wag es ja nicht, mich anzusehen.« Wieder dieses bösartige Flüstern, dann zog der Mann mich ein paar Zentimeter aus dem Wasser und nagelte mich dort fest.
    Ich dachte, Scheißkerl, Scheißkerl. Ich sagte: »Was wollen Sie?«
    »Halt die verdammte Schnauze.«
    Ich wartete, meine Luftröhre blieb gegen den Beckenrand gequetscht.
    Dann hörte ich etwas platschen, ich blinzelte und sah einen dünnen braunen Umschlag neben dem Waschbecken liegen.
    Die Hand in meinen Haaren lockerte den Griff, riß dann plötzlich meinen Kopf hoch und schlug ihn gegen die Vorderkante des Waschbeckens.
    Ich wehrte mich, ruderte mit den Armen und landete auf d Arsch. Schmerz schoß mir durch die Stirn, Wasser drang durch die Hose.
    Ich zog mich am Waschbecken hoch, stand da, drehte mich um und fiel zur Tür hinaus auf den Parkplatz.
    Nichts.
    Zwei Lasterfahrer, die gerade aus dem Café kamen, zeigten auf mich und lachten laut.
    Ich lehnte mich gegen die Toilettentür, fiel wieder hinein, und, die beiden Lasterfahrer krümmten sich vor Lachen.
    Der braune

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