Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
windenden Pfad hinauf, zwischen den einzelnen Felsbrocken durch, duckte sich, um hinter ihnen Deckung zu finden. Das Plateau war hundert bis hundertfünfzig Meter über dem Pfad, etwa so weit entfernt, wie ein Fußballplatz lang war. Leichter Schnee begann zu fallen und lagerte sich auf der dünnen weißen Schicht ab, die bereits den größten Teil der Felsen bedeckte. Er glitt dauernd aus und hielt sein Gleichgewicht, indem er sich immer wieder an Sträuchern oder Felsvorsprüngen festhielt.
    Jetzt hatte er die Hälfte des Weges zurückgelegt und drückte sich in eine Art Felskamin, um unbeobachtet Atem holen zu können. Er konnte Geräusche über sich hören, Metall gegen Metall oder Fels an Fels. Er stieß sich von der Felswand ab und rannte, so schnell er konnte, um die nächsten vier Biegungen des Pfades, ließ sich dabei einmal fallen, um tief durchzuatmen, frische Luft in seine Lungen zu pumpen und seinen schmerzenden Beinen de Chance zu geben, sich ein wenig auszuruhen.
    Er zog die Leinkraus-Skizze aus der Tasche und prüfte die Kurven auf der Landkarte. Er hatte acht davon hinter sich gebracht. Doch wieviel auch immer, es waren noch höchstens fünfzig Meter bis zum Bogen, der auf der Skizze mit einem umgedrehten U gekennzeichnet war. Er hob den Kopf, sein Gesicht war jetzt eiskalt durch den Schnee, in dem er gelegen hatte. Der Weg führte jetzt gerade nach oben, zu beiden Seiten von grauem, knorrigem Buschwerk gesäumt. Der Karte nach gab es noch zwei weitere Haarnadelkurven über ihm, dann kam der Felsbogen. Er stopfte sich die Skizze in die Tasche und spürte dabei den Stahl seiner Pistole. Er zog die Beine an und rannte geduckt weiter.
    Als erstes sah er das Mädchen. Sie lag seitlich vom Weg in den Büschen, die Augen geweitet, zum wolkigen Himmel erhoben, die Beine starr ausgestreckt. Sie hatte zwei Kugellöcher über jedem Knie, und das Blut durchtränkte den Stoff ihrer Hose. Über der rechten Brust war der dritte Einschuß, dicht unter dem Schlüsselbein. Das Blut war ihr in breitem Strom über die weiße Windjacke geronnen.
    Sie lebte noch, aber derartig im Schock, daß ihre Augen trotz der fallenden Schneeflocken unbewegt waren. Aber ihre Lippen bewegten sich zitternd, und geschmolzener Schnee stand ihr in den Mundwinkeln. Adrian beugte sich über sie.
    Als sie sein Gesicht sah, blinzelten ihre Augen, nahmen ihn plötzlich wahr. Sie hob erschreckt den Kopf, hustete, setzte zu einem Schrei an. Sanft drückte er ihr die behandschuhte Hand über den Mund und stützte mit der anderen ihren Nacken.
    »Ich bin es nicht«, flüsterte er.
    Der Busch über ihnen bewegte sich. Adrian fuhr hoch, ließ das Mädchen so vorsichtig er konnte los, sprang zurück. Eine Hand schob sich über den Schnee. Das, was von einer Hand übrig war. Es war blutendes Fleisch, die Finger zerschmettert. Fontine kroch über das Mädchen hinweg nach oben, in das knorrige Buschwerk, schob die Äste auseinander. Der Junge lag in einem Bett aus wildem Berggras auf dem Bauch. Eine gerade Linie aus vier Kugellöchern verlief schräg über seinen Rücken, über die Wirbelsäule hinweg.
    Adrian rollte den Jungen vorsichtig herum, hielt seinen Kopf mit den Armen umfangen. Wieder drückte er sachte die Hand über den erschreckt aufgerissenen Mund. Die Augen des Jungen bohrten sich in die seinen, und nach wenigen Sekunden war ihm klar, was Adrian vermitteln wollte. Er war nicht der Mörder. Daß der Junge überhaupt sprechen konnte, war außergewöhnlich. Sein Flüstern war nicht viel lauter als der aufkommende Wind, aber Fontine hörte ihn.
    »Mia sorella.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Schwester?« »Sie ist verletzt. Du auch. Ich tue alles, was ich kann.«
    »Pacco. Der Rucksack. Er trägt einen Rucksack. Medidna.«
    »Sprich jetzt nicht. Spar dir deine Kräfte. Ein Rucksack?«
    »Si!«
    ...Ein Rucksack in den Alpen ist nicht nur eine Ansammlung von Riemen und Ledergurten. Es ist ein handwerkliches Meisterstück... Das hatte sein Vater gesagt.
    Aber der Junge hörte nicht auf, er wußte, daß er sterben würde. »Ein Ausweg. Die Aosta-Eisenbahn. Ein Dorf. Nicht weit, Signore. Im Norden, nicht weit. Wir wollten fliehen.«
    »Schsch. Sag jetzt nichts mehr. Ich werde dich neben deine Schwester legen. Haltet euch so warm ihr könnt.«
    Halb trug, halb zerrte er den Jungen über das Gras zu dem Mädchen. Sie waren Kinder; sein Bruder mordete Kinder. Er zog den Regenmantel und sein Jackett aus, riß das Futter aus dem Jackett, um die Wunden des

Weitere Kostenlose Bücher