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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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sich zusätzliche Zeit gelassen, weil seine Augen ihn zu täuschen drohten, aber jedesmal umgab ihn nur weitere Finsternis, war kein Ende in Sicht.
    Er war dabei, den Verstand zu verlieren. Er befand sich mitten in einem Labyrinth; dicke Borkenstämme, endlos scheinende Äste und trockene Zweige versperrten ihm immer wieder den Weg. Wie oft war er bereits im Kreis gelaufen? Er konnte es nicht sagen. Alles begann gleich auszusehen. Diesen Baum hatte er schon einmal gesehen. Und jene Ansammlung von Ästen war vor fünf Minuten seine Wand gewesen. Er war inmitten eines undurchdringlichen Alpenwaldes verloren. Die Natur hatte in den Jahrzehnten, seit die Trauernden der Familien Leinkraus ihre letzte Pilgerfahrt angetreten hatten, den Pfad verändert. Die Schneeschmelze hatte den einst passierbaren Wald mit feuchter Erde bedeckt und ihn zu unbeschränktem Wachstum angeregt.
    Aber dies zu wissen, war ebenso nutzlos wie das verzerrte Licht seiner Taschenlampe. Die ersten Schüsse kamen von dort vorn. Aus jener Richtung. Er hatte sehr wenig zu verlieren, höchstens seinen Atem und das, was noch von seiner Zurechnungsfähigkeit übriggeblieben war. Er begann zu rennen, den Kopf vom Echo der Schüsse erfüllt, die er vor Sekunden gehört hatte.
    Je schneller er rannte, desto gerader kam ihm sein Weg vor. Er bahnte sich mit den Armen einen Pfad, brach und bog alles nieder, das sich ihm in den Weg stellte.
    Und dann sah er das Licht. Er fiel auf die Knie, atemlos, höchstens zehn Meter vom Waldrand entfernt. Grauer Stein, fleckenweise mit Schnee bedeckt, türmte sich hinter den dichten Bäumen auf und verschwand hinter den höchsten Ästen. Er hatte den Sockel des dritten Plateaus erreicht.
    Das hatte sein Bruder auch. Der Killer vom Eye Corps hatte das geschafft, was Goldoni für unmöglich gehalten hatte: Er hatte lang vergessene Beschreibungen, die vor einem halben Jahrhundert aufgezeichnet worden waren, genommen und sie verfeinert, sie sich zunutze gemacht. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, wo ein Bruder auf den anderen stolz gewesen wäre; jene Zeit war verstrichen. Jetzt blieb nur noch die Notwendigkeit, ihn aufzuhalten.
    Adrian hatte versucht, nicht darüber nachzudenken, hatte sich gefragt, ob er imstande sein würde, es zu akzeptieren, wenn der Augenblick gekommen war. Der Augenblick ener Angst, die nichts glich, was er je erlebt oder gedacht hatte. Jetzt akzeptierte er es. Ruhig, seltsam unbewegt, wenn auch von kalter Traurigkeit erfüllt, denn das war die einzige, ungemein logische, nicht zu leugnende Reaktion auf den Schrecken und das Chaos.
    Er würde seinen Bruder töten. Oder sein Bruder würde ihn töten.
    Er richtete sich auf, ging langsam aus dem Wald heraus und fand den Felspfad, der auf der Leinkraus-Karte eingezeichnet war. Er wand sich in die Berge hinauf, und eine Folge weit angelegter Kurven verringerten seinen Steigungswinkel, bog immer wieder im Uhrzeigersinn ab, bis er den höchsten Punkt erreichte. Oder fast den höchsten Punkt, denn am Sockel des Plateaus war eine Felsplatte, an die Paul Leinkraus sich erinnerte und die recht hoch war. Er selbst hatte die Reise nur zweimal gemacht - im ersten und zweiten Jahr des Krieges -und war damals sehr jung gewesen. Vielleicht war die Felsplatte nicht so hoch, wie er sie in Erinnerung hatte, denn die Erinnerung entstammte der Perspektive eines Jungen. Aber sie hatten eine Leiter benutzt, daran erinnerte er sich deutlich.
    Eine feierliche Totenandacht und der Sinn eines Jungen für das Leben waren nicht miteinander zu vereinbaren, das hatte Leinkraus zugegeben. Es gab einen anderen Weg aufs Plateau, einen Weg, der für alte Männer nicht zu gebrauchen war, aber von einem Jungen erforscht wurde, dem der angemessene Respekt für das Religiöse fehlte. Dabei handelte es sich um das letzte Ende des scheinbar verschwundenen Pfades, vorbei an einem mächtigen natürlichen Bogen, der die Fortsetzung des Bergpfades war. Er bestand aus einer Serie zackiger Felsen, die nach oben führten, und einen sicheren Fuß und eine gewisse Risikobereitschaft erforderten. Sein Vater und sein älterer Bruder hatten ihm ernsthafte Vorwürfe gemacht, weil er den Weg benutzt hatte. Der Abgrund war gefährlich, wahrscheinlich nicht tödlich, aber immerhin tief genug, um sich einen Arm oder ein Bein zu brechen.
    Wenn er sich jetzt einen Arm oder ein Bein brach, war die Gefahr auf jeden Fall tödlich. Ein bewegungsunfähiger Mann bot ein leichtes Ziel.
    Er arbeitete sich an dem sich

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