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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Rauch wallte, Körper erstarrten mitten in der Luft - in ihren blutdurchtränkten Kleidern von Kugeln durchbohrt. Der Körper eines Kindes explodierte in den Armen seiner Mutter. Und immer noch konnte Vittorio Fontini-Cristi sich nicht befreien, nicht zu den Seinen laufen.
    Er spürte, wie ein totes Gewicht ihn nach unten zog, dann ein Krallen, Würgen, das an seinem Unterkiefer zerrte, und ihm jeden Laut im Hals erstickte.
    Und dann drangen die Worte durch die Apokalypse menschlichen Untergangs aus der Tiefe. Die Stimme war ungeheuerlich, ihr Donner nur von den Salven der Maschinenpistolen übertönt, die nicht aufhörten.
    Es war sein Vater. Er rief ihm über den Abgrund des Todes hinweg etwas zu.
    »Champoluc... Zürich ist Champoluc... Zürich ist der Fluß... Champoluuuc... «
    Vittorio biß mit den Zähnen auf die Finger, die er im Mund hielt. Einen Augenblick lang konnte er seine Hand befreien, die die Waffe hielt - und versuchte, die Pistole zu heben und nach unten zu schießen.
    Aber plötzlich konnte er es nicht. Das Meer der Schwere war wieder über ihm, sein Handgelenk unerträglich verdreht, die Pistole entfiel seinen Händen. Die ungeheure Hand, die seinen Unterkiefer gepackt hatte, drückte sein Gesicht in die kalte Erde. Er konnte das Blut im Mund spüren, konnte spüren, wie es ihm über die Lippen rann und sich mit dem Schmutz des Bodens vermischte.
    Und jetzt kam wieder der schreckliche Schrei aus dem Abgrund des Todes.
3
    »Champoluc!« Dann verstummte er.
    30. DEZEMBER 1939
    »Champoluc... Zürich ist Champoluc... Zürich ist der Fluß...«
    Die Worte waren Schreie, und seine Agonie verzerrten sie. Sein geistiges Auge war angefüllt mit weißem Licht und Explosionen von Rauch und tiefroten Blutspritzern. Seine Ohren hörten die Schreie.
    Es war geschehen. Er war Zeuge der fürchterlichen Exekution geworden, sah sie wie ein Schreckensgemälde vor sich: starke Männer, zitternde Kinder, Frauen und Mütter. Die Seinen.
    O mein Gott!
    Vittorio drehte den Kopf herum und vergrub sein Gesicht im groben Tuch des primitiven Bettes. Die Tränen flossen ihm über die Wangen. Es war Tuch, nicht kalte, krümelige Erde; man hatte ihn bewegt. Das letzte, woran er sich erinnerte, war, wie etwas sein Gesicht mit ungeheurer Kraft in den harten Boden preßte und mit wütender Kraft festhielt, so daß seine Augen geblendet waren und seine Lippen sich mit warmem Blut und kalter Erde füllten.
    Nur seine Ohren waren noch Zeugen der Agonie.
    »Champoluc!«
    Mutter Gottes, es war geschehen!
    Die Fontini-Cristis waren in den weißen Lichtern von Campo di Fiori massakriert worden. Alle Fontini-Cristis, mit Ausnahme eines einzigen, und dieser eine würde dafür sorgen, daß Rom zahlte. Der letzte Fontini-Cristi würde das Fleisch vom Gesicht des Duce schneiden, Schicht für Schicht; und die Augen würden das letzte sein; ganz langsam würde das Messer sich in sie bohren.
    »Vittorio, Vittorio.«
    Er hörte seinen Namen und hörte ihn doch nicht. Es war ein eindringliches Flüstern, und Flüstern war für ihn gleichbedeutend mit Träumen von Agonie.
    »Vittorio.« Das Gewicht lastete wieder auf seinen Armen. Das Flüstern kam von oben, aus der Dunkelheit. Das Gesicht von Guido Barzini war nur wenige Zentimeter von dem seinen entfernt, und die traurigen, starken Augen des Stallmeisters spiegelten sich in einem Kegel aus schwachem Licht.
    »Barzini?« Das war alles, was er hervorbrachte.
    »Verzeihen Sie mir. Ich hatte keine Wahl. Es gab keinen anderen Weg. Sie wären mit den übrigen getötet worden.«
    »Ja, ich weiß. Exekutiert. Aber warum? Im Namen Gottes, warum?«
    »Die Deutschen. Das ist alles, was wir im Augenblick wissen. Die Deutschen wollten den Tod der Fontini-Cristis. Sie wollen Ihren Tod. Die Häfen, die Flugplätze, die Straßen, ganz Norditalien ist abgeriegelt.«
    »Rom hat es zugelassen.« Vittorio konnte immer noch das Blut in seinem Mund schmecken, den Schmerz in seinen Kinnladen spüren.
    »Rom hält sich versteckt«, sagte Barzini mit leiser Stimme. »Nur wenige sprechen.«
    »Was sagen sie?«
    »Was die Deutschen wollen, daß sie sagen. Daß die Fontini-Cristis Verräter waren, von ihren eigenen Leuten getötet. Daß die Familie den Franzosen half, daß sie Waffen und Geld über die Grenzen schickte.«
    »Lächerlich.«
    »Rom ist lächerlich. Und angefüllt mit Feiglingen. Man hat den Informanten gefunden. Er hängt jetzt nackt an den Füßen in der Piazza del Duomo, von Messerstichen durchbohrt, die

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