1981 - Richard
mich engagiert hat. Sie kennen vielleicht Herrn Kühler, den Stellevertreter von Simon. Er war in London unterwegs. Es ist ja so, dass ein Kunstwerk im Laufe der Zeit Spuren hinterlässt. Ein Bild taucht zum Beispiel in Ausstellungen oder Galerien auf oder es existiert ein Register, in dem verzeichnet ist, dass sein Besitzer den Gauguin von einem Kunsthändler erworben hat, der nachweislich mit solchen Kunstwerken gehandelt hat. Bei all diesen Beweisen geht es aber immer nur um das Motiv und ob der Künstler jemals ein bestimmtes Motiv geschaffen hat. Natürlich kann ein Bild, auch gefälscht sein. Dann helfen nur noch Materialuntersuchungen. Eine solche Expertise wurde für unseren Gauguin ebenfalls bereits gemacht und den Ergebnissen zu Folge ist er authentisch.«
»Authentisch heißt echt?«, fragte Florence.
Georg nickte.
»Gut, aber die Fachwelt müsste doch wissen, ob Gauguin jemals ein Bild wie das von der kleinen Julie gemalt hat?«, fragte Florence nachdenklich.
»Die Recherche hat nichts ergeben. Sie haben nichts gefunden. Unser Ölgemälde wurde anscheinend noch nie ausgestellt oder in einer Galerie zum Kauf angeboten, gar nichts.«
»Aber das Bild muss doch jemandem gehört haben. Die Besitzer oder Vorbesitzer müssen doch über seine Herkunft Bescheid wissen?«
»Das ist auch so eine Geschichte. Der heutige Eigentümer hat es selbst anonym erworben. Vielleicht wurde es sogar gestohlen und deswegen heimlich verkauft, obwohl das unwahrscheinlich ist, denn genauso, wie eine legale Spur von dem Bild fehlt, gibt es keinen Hinweis, dass es jemals gestohlen wurde. Sie sehen, es gibt viele Möglichkeiten. Es erscheint eben nicht immer in der Presse, wenn ein großer Meister den Besitzer wechselt. Die Spur hat sich auf jeden Fall verloren und ich muss sie wieder aufnehmen.«
»Und sie hoffen, wenn sie die Person aufspüren, die auf dem Bild dargestellt ist, also wenn sie Julie Jasoline aufspüren, dass sie dann auch den Herkunftsnachweis finden?«, fragte Florence.
»Ich weiß es wirklich nicht. Es könnte auch passieren, dass ich nichts finde, dass niemand etwas findet. Dann müssen eben die Beweise reichen, die bisher bekannt sind, also die Materialuntersuchungen, die ja belegt haben, dass das Bild echt sein kann. Es stellt sich dann nur die Frage, ob die Fachwelt das Gemälde trotzdem anerkennt, oder ob es nicht ewig einen Makel haben wird. Ich glaube auch, dass sich Simon oder besser gesagt das Kunst- und Auktionshaus Blammer in so einem Fall ganz anders zu dem Bild positionieren wird. Es wäre dann für eine Versteigerung uninteressant, wenn ich Simon richtig verstanden habe.«
»Nein, das wäre doch zu schade«, sagte Florence. »Ich bin dafür, dass Gauguin dieses Bild gemalt hat, hier auf den Marquesas gemalt hat und das die ganze Welt es erfährt, dass es ein noch unbekanntes Werk von ihm gibt.«
»Ich denke Simon würde sich auch sehr darüber freuen.«
»Und sie, was bedeutet es für sie?«, fragte Florence.
»Ich werde natürlich in erster Linie für meine Dienste bezahlt«, antwortete Georg nachdenklich. »Mittlerweile finde ich die Sache aber auch sehr spannend, besonders jetzt, wo ich mich so tief in den Fall eingearbeitet habe. Außerdem reise ich in meinem Beruf höchst selten einmal nach Tahiti oder auf die Marquesas, das ist natürlich auch etwas Besonderes.« Er sah sie jetzt wieder direkt an. »Entschuldigen sie, außerdem hatte ich auch ein wenig auf ein Wiedersehen mit Ihnen gehofft, wo sie doch in München keine Zeit für mich hatten.« Er senkte den Blick zu seiner Bemerkung.
Florence richtete sich in ihrem Stuhl auf. »Oh, das war aber anders, sie hatten keine Zeit für mich«, lachte sie.
»Ich ärgere mich noch heute«, sagte Georg. »A msterdam war eigentlich langweilig, ich hätte lieber mit Ihnen ausgehen sollen.« Er stutzte. »Mit Ihnen und natürlich auch mit Colette und Simon.«
Florence sah ihn an, dann lächelte sie. »Zu spät, aber jetzt sind sie ja hier und können ihren Fehler wieder gut machen.«
Sie sah ihn für ein paar Sekunden schweigend an. Georg wusste, was sie meinte, doch sie ließ ihm keine Zeit zu antworten.
»Sie sind Rechtsanwalt?«, fragte sie.
»Ja, richtig, ein Avocat, oder wie sagen sie hier.«
Sie nickte. »Ja, Avocat oder auch Notaire, je nachdem, was sie tun, aber warum ist die Suche nach dem Herkunftsnachweis für ein Ölgemälde ausgerechnet die Arbeit für einen Avocat?«
»Sie haben Recht, typisch ist es nicht. Es ist auch mehr
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