1981 - Richard
meldete sich Florence Uzar diesmal persönlich. Der Portier kündigte Georg an und übergab ihm dann den Telefonhörer.
»Guten Tag Monsieur Staffa«, begrüßte sie ihn fröhlich, »sind sie gut angekommen. Ich höre, sie wohnen im Nuku Hiva Ressort.«
»Ja, danke, ich bin gestern Abend mit dem Flugzeug von Hiva Oa gekommen, den größten Teil der Reise von Tahiti aus habe ich allerdings mit dem Schiff zurückgelegt.«
»Ich weiß, als wir zuletzt miteinander gesprochen haben, sagten sie, dass sie es vorhätten. Es ist sehr schön für Touristen, aber unpraktisch, wenn man schnell von hier nach Tahiti und zurück muss.«
»Ich bin zwar auch geschäftlich hier, aber ein paar Freiheiten nehme ich mir dann doch, wenn ich schon einmal in diesem Teil der Welt bin.«
»Ja, natürlich«, sagte Florence. »Wir können uns heute treffen. Ich bin den ganzen Tag im Büro. Ich arbeite in einer Apotheke, im Krankenhaus von Taiohae.«
»Wäre es Ihnen recht, wenn ich jetzt sofort bei Ihnen vorbeischaue?«
»Wenn sie wollen. Nehmen sie sich ein Taxi und lassen sie sich zum Krankenhaus fahren. Fragen sie in der Apotheke nach mir.«
»Gut, abgemacht, dann bis gleich.«
Als Florence aufgelegt hatte, hallte noch Georgs Stimme in ihren Ohren nach. Es war eine feste, angenehme Stimme. Es war ihr schon bei dem Anruf vor ein paar Tagen aufgefallen und natürlich auch in München , als sie sich das erste Mal begegnet sind. Sie ging aus ihrem Büro, den Flur entlang in den Verkaufsraum der Apotheke. Betty Fallon stand wieder allein hinter dem Tresen. Sie füllte gerade eine Bestandsliste aus, mit der der Bedarf an neuen Medikamenten für den Direktverkauf bestellt wurde. Florence kündigte ihren Gast an. Betty sollte Georg nach hinten schicken, zu ihr ins Büro. Dann kehrte Florence an ihren Arbeitsplatz zurück. Sie hatte zwar noch zu tun, bereitete sich aber trotzdem schon auf das Treffen vor. Sie suchte auf ihrem Computer nach den Bilddateien, nach den Fotografien von der kleinen Julie und nach der Aufnahme von dem Ölgemälde. Simon hatte davon gesprochen, dass es ein Versehen war und dass dieser Zufall zu einer neuen Spur geführt hatte. Sie wusste von der Arbeit des Kunst- und Auktionshauses Blammer. Simon hatte ihr von den Begutachtungen und Expertisen erzählt und ihr erklärt, was der Herkunftsnachweis für ein Kunstwerk bedeutete. Für das Gauguin-Gemälde fehlte Ihnen dieser Herkunftsnachweis noch, wie er sagte und die Fotografien wären vielleicht ein Schlüssel dazu. Sie betrachtete sich das Ölgemälde. Es war wirklich schön. Ein richtiges Portrait im Stile Gauguins. Die feinen Gesichtszüge des Mädchens waren sehr genau wiedergegeben, so genau, dass Florence sie auf den Fotografien erkannt hatte. Aber das war noch nicht alles. Die Umgebung, die Andeutung des Strandes, das Boot im Hintergrund und auch die Palmen wirkten so wie Gauguin sie empfunden haben musste. In den Souvenirshops von Taiohae und vor allem auf Hiva Oa fanden sich unzählige Poster und Kunstdrucke von Gauguins Bildern, die alle diesen unverkennbaren Stil besaßen.
Georg war pünktlich. Betty Fallon zeigte ihm den Weg. Er ging den Flur entlang. Alle Türen bis auf die Tür am Ende des Ganges, waren geschlossen. Er betrat den Vorraum und schaute sich um. Gori und Yves sahen auf und begrüßten ihn. Gori wollte gerade fragen, was er für Georg tun könne, doch Florence hatte ihn schon durch ihre Bürotür gesehen. Sie stand auf und kam ihm entgegen.
»Monsieur Staffa«, begrüßte sie ihn. »Das ging wirklich schnell.«
Sie standen sich wieder sekundenlang gegenüber. Es war fast so, wie bei ihrer Begegnung auf dem Parkplatz in München. Florence sah aber entspannter aus als damals. Georg kam dies alles fast ein wenig unwirklich vor. Er spürte, dass er sich diese Begegnung seit Wochen gewünscht hatte, sich gewünscht hatte, diese Frau wieder zu treffen. Florence besann sich als erste.
»Darf ich Ihnen meine Kollegen vorstellen«, sagte sie. »Das ist Gori Tanoon und das Yves Clary.«
Die beiden hatten sich erhoben und gaben Georg die Hand.
»Tanoon«, wiederholte Georg. »Die Menschen haben hier immer so schöne Nachnamen«, sagte er lächelnd.
»Ich würde sagen, sie gehen verschwenderisch mit den Vokalen um«, bemerkte Yves.
»Besser als ein Seidenhändler in der Südsee«, höhnte Gori.
Georg sah die beiden irritiert an. »Ich hoffe ich habe nichts falsches gesagt«, lachte er.
»Nein, nein«, sagte Florence schnell. »Meine Leute haben
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