1981 - Richard
die Schrift ließ sich noch gut lesen. Wir haben nur nicht verstehen können was dort stand. Es war alles auf Französisch. Es war die Muttersprache von Madame Jasoline, wissen sie. Nicht einmal Alfred sprach genug Französisch, um auch nur irgendetwas zu verstehen, obwohl er im Krieg ja in Frankreich stationiert war.«
»Was haben sie mit den Briefen gemacht?«, fragte Georg. " Haben sie sie Madame Jasoline geschickt?«
»Nein, wir haben Madame Jasoline nur geschrieben, dass wir die Briefe gefunden haben, aber sie hat ja nicht geantwortet.«
»Und sie haben die Briefe nicht gelesen?«, fragte Florence. »Schade, für uns wäre es bestimmt sehr aufschlussreich. Vielleicht verraten die Briefe etwas über ihr Leben. An wen waren sie denn adressiert oder wer waren die Absender, wissen sie das vielleicht noch.«
Die alte Jane schüttelte den Kopf und dann sah sie Florence und Georg einige Sekunden lang an, als fiele ihr erst jetzt gerade etwas auf.
»Wir unterhalten uns die ganze Zeit über Madame Jasoline«, sagte sie, »und dabei habe ich sie gar nicht gefragt, warum sie sich für sie interessieren, sind sie mit ihr verwandt?«
»Oh entschuldigen sie«, sagte Georg. »Wir kommen hier her und fragen sie einfach so aus, ohne uns richtig vorzustellen und zu sagen, was wir eigentlich wollen. Mein Name ist Georg Staffa und das ist Madame Florence Uzar. Ich komme wie gesagt aus Europa , aus Deutschland und Madame Uzar wohnt auf den Marquesas-Inseln , der Inselgruppe, von der auch Madame Jasoline stammt. Julie Jasoline ist unserem Wissen nach eine Zeitzeugin. Sie hat wahrscheinlich den berühmten Maler Paul Gauguin gekannt. Ich bin zwar Rechtsanwalt, arbeite aber im Auftrag eines Kunst- und Auktionshauses in Deutschland . Wir suchen nach Dokumenten, die eine Bekanntschaft zwischen Madame Jasoline und Paul Gauguin beweisen. Es geht um den Herkunftsnachweis für ein Kunstwerk.«
Es war nicht klar, ob Jane alles verstand, was Georg ihr erklärte. Er hatte ihr die Wahrheit gesagt, ohne zu erwähnen, worum es eigentlich ging. Diese Erklärung gefiel der alten Dame.
»Oh, ich kenne natürlich den Maler Gauguin. Er war ein Kollege von Vincent van Gogh. Ich habe den Film über die beiden gesehen und mochte ihn sehr. Sie wissen den Film, in dem Kirk Douglas den van Gogh und Anthony Quinn den Gauguin spielt. Und Madame Jasoline hat diesen Gauguin wirklich persönlich gekannt?«
»Wir vermuten es zumindest«, erklärte Georg. »Wie gesagt, wir suchen nach den Beweisen.«
»Vielleicht steht in den Briefen ja etwas darüber«, sagte Jane begeistert. »Wir haben es ja nicht verstehen können, aber sie, Madame Uzar, sie müssen die Briefe unbedingt lesen, sie sprechen ja schließlich ihre Sprache, nicht wahr?«
Florence wollte schon etwas sagen, doch Georg kam ihr zuvor.
»Heißt dass, sie haben die Briefe noch?«, fragte er aufgeregt.
Jane nickte. »Wir haben die Briefe genauso aufbewahrt wie das Album, dass sich Madame Jasoline doch abholen wollte. Sie wird wahrscheinlich heute nicht mehr leben. Ich fand sie damals schon sehr alt. Ich selbst war noch eine junge Frau und heute bin ich auch schon vierundsiebzig.«
»Ich würde die Briefe sehr gerne lesen«, sagte Florence schließlich.
Jane nickte. »Ja, das können sie auch. Wir müssen nur warten bis Alfred zurückkommt. Er bewahrt alles im Keller auf und ich weiß nicht, wo ich suchen muss.«
*
Florence und Georg saßen noch etwa eine halbe Stunde zusammen, in der Wohnung von Jane und Alfred Dearst in der Old-Hillburne-Street , die einmal die Hillburne Avenue gewesen war. Jane erzählte Ihnen von dem großen Bauprojekt, das vor fast fünfzehn Jahren begann, als aus ihrer Hauptstraße eine Nebenstraße wurde. Sie erzählte von dem Baulärm, der an ihrem Haus vorbeizog, bis endlich wieder Ruhe eingekehrt war, als endlich alle Gebäude der neuen Hillburne Avenue standen.
Alfred würde erst gegen vier nach Hause kommen. Einmal die Woche ging er zum Bowlen und einmal in der Woche abends zum Darts in ein Pub in der Nähe. Am Sonntagabend spielten sie mit einem befreundeten Ehepaar gemeinsam Bridge. Es war erst halb eins. Georg entschied, nicht zu bleiben, sondern am Abend wiederzukommen. Jane willigte ein und freute sich sogar über den angekündigten Besuch. Ihr Nachbar Bob war ebenfalls froh, endlich gehen zu können. Sie gingen gemeinsam. Auf der Old-Hillburne-Street bestand keine Aussicht ein Taxi zu bekommen, so dass Florence und Georg sich wieder einen Durchgang zur
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