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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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Taxi. Diesmal ließen sie sich direkt in die Old-Hillburne-Street vor das Haus mit der Nummer 46 bringen. Es war schon fast sechs. Die vordere Eingangstür war verschlossen, wie es sich gehörte. Sie klingelten. Neben den Dearsts gab es noch neun weitere Hausparteien. Dem Vornamen nach, wohnte Bob auch im Parterre. Florence hatte vergessen zu fragen, in welcher Wohnung Madame Jasoline gelebt hatte. Sie nahm sich vor gleich daran zu denken. Das Haus hatte einen automatischen Türöffner, der kurz summte. Sie gingen den Korridor entlang. Jane Dearst hatte ihre Wohnungstür bereits geöffnet. Hinter ihr stand ein Mann, etwa in ihrem Alter. Er schaute neugierig zu den Gästen, die seine Frau eingeladen hatte. Florence und Georg wurden wieder in das Wohnzimmer gebeten, in dem sie auch schon am Vormittag gesessen hatten. Sie tauschten ein paar Nettigkeiten aus und Florence fragte nach der Wohnung von Madame Jasoline. Jane deutete mit dem Finger nach oben. Es war die Wohnung direkt über den Dearsts.
    »Sie war immer sehr leise und ruhig«, erzählte Jane. »Die Nachmieter waren da anders. Im Laufe der Zeit gab es einige Nachmieter dort oben, nur wir und zwei andere Paare sind immer hier in diesem Haus geblieben, seit mehr als fünfzig Jahren.«
    Während Jane erzählte, stand Alfred auf und ging zum Wohnzimmerschrank. Er brachte ein dickes Buch und das Bündel mit den Briefen zum Tisch. Jane nahm die Briefe und löste das Band, das alles zusammenhielt. »Alfred war vorhin schon im Keller und hat alles heraufgeholt. Die Briefe sind ihm hingefallen und habe sie nicht mehr sortiert. Sie waren natürlich nach dem Datum der Poststempel sortiert.« Jane nahm den ersten Brief und schaute auf den Stempel. »Der hier ist vom Oktober 1919, es gibt aber auch ältere Briefe.«
    Jane reichte Florence den Umschlag. Georg beugte sich zu ihr und las einen die Anschrift laut vor. »New Farm, Brisbane. Madame Jasoline hat damals in Brisbane gelebt.«
    Florence drehte den Umschlag. »Und sie hat ihn von ihrem Vater bekommen, aus Hatfields Beach.« Florence sah sich wieder die Vorderseite des Briefes an. »Der Brief wurde in Auckland abgestempelt, ja richtig, Victor Jasoline hat bis zu seinem Tode in Auckland gelebt, das wissen wir ja bereits.«
    »Bitte nehmen sie den Brief heraus und lesen sie uns vor«, sagte Jane ganz erwartungsvoll.
    Florence zog eine engbeschriebene Seite aus dem Umschlag. Sie überflog den Text. Der Vater hatte seiner Tochter auf Französisch geschrieben. Dann begann sie zu lesen und übersetzte die Worte dabei ins Englische.  
     
    Hatfields, 12. Oktober 1919
    Mein Liebes,
    ich habe ein wunderschönes Haus gekauft. Es liegt etwas abseits der Stadt, aber die Vororte grenzen beinahe an mein Grundstück. Ich schicke dir auch Fotografien vom Haus, du hast sie bestimmt im Umschlag gefunden. Vor einer Woche habe ich die Schlüssel bekommen. Der Garten wird dir gehören. Es gibt dort viel zu tun. Im Haus mache ich alles in Ordnung. Das Meer ist nicht weit von hier. Ich weiß, dass du das Meer liebst. Ich liebe es ja auch...
    Ich will dich nicht beunruhigen, aber gestern habe ich eine Ratte erschlagen. Ich fürchte, dass es noch welche gibt. Sie leben wohl hinter dem Schuppen, der zu nichts mehr taugt. Ich werde ihn abreißen lassen, damit du nichts mehr zu befürchten hast. Vielleicht bauen wir einen neuen, rattenfrei...
     
    Florence las den Brief zu Ende vor. Dann überflog sie ihn noch einmal. »Die Fotografien sind wohl nicht mehr in dem Umschlag gewesen?«, fragte sie an Jane und Alfred gerichtet.
    »Fotografien«, wiederholte Jane, »Nein, ich glaube nicht. Wir haben uns natürlich nicht alle Umschläge angesehen, wir konnten es ja auch nicht lesen und damals haben wir selbstverständlich auch gedacht, dass es uns ja nichts angeht, also was in den Briefen steht, aber heute sind ja bestimmt schon alle tot.« Jane schwieg für einige Sekunden und sah auf das Bündel Briefe in ihrer Hand. »Nein, es sind keine Fotografien in den Umschlägen.« Sie nahm einige der Briefe und befühlte sie. »Nein, da ist nichts weiter drin, denke ich, oder man müsste noch einmal genau nachschauen.«
    Florence lächelte. »Haben sie etwas dagegen, wenn wir uns die Briefe, also alle Briefe, noch einmal ansehen?«
    Jane schüttelte langsam den Kopf und sah dabei zu ihrem Mann. Alfred hatte die ganze Zeit geschwiegen. Er richtete sich in seinem Sessel auf. »Meine Frau hat mir erzählt, dass sie etwas suchen, etwas, das mit Madame Jasoline

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