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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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finde, wir sollten wissen, was uns in dem Camp erwartet, zumal, wenn wir eine Granate rausholen wollen. Kann man zum Beispiel, falls man das Teufelszeug einatmet, noch Gegenmaßnahmen ergreifen? Oder ist es dann schon zu spät?«
    Es war Lepski, der frühere Angestellte des deutschrussischen Handelskontors, der offenbar Bescheid wußte, denn er meldete sich durch Handzeichen und fing dann auch gleich an: »Teufelszeug ist schon das richtige Wort. Es gibt ein Handbuch der US-Army über Symptome der VXVergiftungen. Da heißt es ungefähr so: Laufnase, Atembeklemmung, verschwommener Blick, Augenverdrehen, Schweißausbrüche, Übelkeit, Kotzen, Stuhl- und Urinabgang, Taumeln, Müdigkeit und dann das Koma. Na, und zum Schluß Atemstillstand, Exitus.«
    »Und wie kann man sich schützen?« fragte Sieglinde.
    Auch darüber konnte Igor Auskunft geben. »Gefahr«, sagte er, »bringt nicht nur das Einatmen, sondern schon das Auftreffen einer winzigen Menge auf die bloße Haut. Man hat also Schutzanzüge und Spezialgasmasken entwickelt, aber die brauchen wir nicht. Daß ausgerechnet unsere Granate einen Defekt hat, ist unwahrscheinlich. Es arbeiten Tausende von Menschen mit VX, und die laufen auch alle in normalen Klamotten herum. In Edgewood/Maryland zum Beispiel füllen die Leute auf einem riesigen abgeschirmten Gebiet VX und andere Gifte in Granaten. Auch in Newport/ Indiana ist so ein Betrieb. Tagaus, tagein werden da Granaten, Minen und Raketen hergestellt. Und allein auf der Versuchsstation von Dugway in Utah, zu der ein Gelände von vierhunderttausend Hektar gehört, arbeiten tausend bis zweitausend Leute an chemischen Waffen.«
    »Aber wie behandelt man eine Vergiftung?« Sieglinde war ungeduldig geworden und trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte, so daß Robert ihre Hand ergriff.
    »Damit sieht es schlecht aus«, fuhr Igor fort. »Das einzige Gegenmittel ist, soviel ich weiß, Atropin, also eine Substanz aus der Tollkirsche, die ja selbst giftig ist. Entscheidend ist allerdings, daß es sofort eingesetzt wird, und ebenso entscheidend ist die Dosis. Spritzt man nämlich zuviel, stirbt das Opfer nicht am VX, sondern am Atropin. Die Festsetzung der Dosis muß die reinste Gratwanderung sein, zumal die Wirkung individuell verschieden ausfällt. Wirklich, Leute, bei VX ist die Therapie ’ne Wissenschaft für sich, und darum sollten wir einfach darauf vertrauen, daß die Granate, die wir rausholen, kein Leck hat.«
    »Das ist doch Scheiße!« sagte Hilario. »Ist also ein Himmelfahrtskommando, und dann, meine ich, reichen fünf Millionen Mark für acht Figuren nicht aus.«
    »So ist es nun mal vereinbart«, sagte Robert, »und die Hälfte der Summe ist schon auf unserem Konto. Willst du aussteigen?«
    »Natürlich nicht.«
»Also sorgen wir dafür, daß es kein Himmelfahrtskommando ist! Wir müssen jetzt endlich vorankommen!« Mit einem Handzeichen forderte Robert die Libyerin auf, weiterzumachen.
    »Okay!« Zayma sog an ihrer Huka, der orientalischen Pfeife, bei der der Rauch, bevor er genossen wurde, einen Filter aus Rosenwasser passierte. Die anderen hatten sich längst an das eigentümliche Rauchutensil gewöhnt und schenkten ihm keine Beachtung mehr. »Einen konkreten Plan, wie wir ins Camp eindringen werden, haben wir noch nicht erstellt, aber wir haben uns Gedanken gemacht über die Möglichkeiten einer Unterstützung von anderer Seite. Wir wissen aus der Zeitung, daß es in der Nähe des Depots ein Gestüt gibt. Es gehört einem gewissen Frank Golombek. Er hat vor anderthalb Monaten durch einen Reitunfall seine Tochter verloren. Wir haben uns mit dem Mann beschäftigt, und Sophie hat inzwischen ein Dossier über ihn zusammengestellt. Er ist, was den Kampf gegen das Lager betrifft, hochmotiviert, ist es von Anfang an gewesen. Vielleicht ist er durch den Tod seiner Tochter nun auch noch demoralisiert, denn es war ein amerikanischer Panzer, der dem Pferd in die Quere kam. Wir werden also versuchen, uns mit diesem Mann zusammenzutun. Natürlich präsentieren wir uns nicht als das, was wir sind, sondern als …, na, sagen wir mal, die jüngere und resolutere Schwester von Greenpeace. Es hat sich da nämlich etwas getan, was uns entgegenkommt. Dieser Golombek hat Kontakt zu Colonel Morrison. Der Ami fährt neuerdings zum Gestüt, um dort zu reiten. Diese Verbindung zwischen dem, der das Depot leitet, und dem, der es unserer Erkenntnis nach am stärksten bekämpft, ist eigenartig. Wir können sie uns im Grunde nur

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