1988 VX (SM)
Deckung, stellte sich neben das keuchende Duo und sagte:
»Hey, Colonel , ich hatte aber nur meine Pferde gemeint!«
Die beiden fuhren auseinander. So vital sie gerade eben noch erschienen waren, so erbärmlich war der Anblick, den sie jetzt boten. Der Amerikaner war an die Wand der Box zurückgewichen. Katharina stand neben ihm und starrte ihren Mann mit weit aufgerissenen Augen an.
» Colonel , ich gebe Ihnen fünf Minuten Zeit, auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden! Und dich, Katharina, wünsche ich in zehn Minuten in der Bibliothek zu sehen, angezogen.« Er zeigte auf die Stall-Laterne. »Ihr hättet euch wenigstens nicht zu beleuchten brauchen und es auch leiser machen können. Immerhin wohnen hier ein paar von unseren Leuten, und auch Laura ist im Haus.«
Er drehte sich um und ging.
Er saß in der Bibliothek an seinem Schreibtisch. Sie klopfte an die Tür.
»Komm herein!«
Sie hatte sich inzwischen gefaßt, ging mit forschen Schritten auf ihn zu, und auch, was sie sagte, hinterließ in ihm nicht den Eindruck, sie sei gedemütigt oder quäle sich mit Schuldgefühlen:
»Was du eben gesehen hast, war nichts anderes als die Quittung für drei unmenschlich einsame Monate.«
»Nenn es, wie du willst! Die Frage ist, wie wir damit leben sollen. Ich mache dir einen Vorschlag. Ich verlange nicht unbedingt die sofortige Scheidung, aber ich halte es für notwendig, daß wir uns eine Weile nicht sehen. Du verläßt morgen das Haus, packst dein Auto voll und fährst weg. Ein Hotel in Wasloh wäre sicher eine der schlechtesten Lösungen. Andererseits kann ich mir nicht vorstellen, daß dein texanischer Hengst erst lange Wege machen möchte, um dich zu bespringen. Entscheidet euch bitte für eine Methode, die das Gerede in Grenzen hält. Auf jeden Fall will ich mindestens acht Wochen allein sein. Ich werde lesen, reiten, das alte Schwimmbadprojekt realisieren, mit Fehrenkamp Schach spielen, fernsehen, mein Getreide ernten, also lauter Dinge tun, die mir gefallen. In acht Wochen treffen wir uns, und dann werden wir entscheiden, ob unser künftiges Leben ein gemeinsames sein soll oder nicht.«
Noch einmal zeigte Katharina ihrem Mann, wie schnell sie sich wieder gefaßt hatte. »Ich werde einen roten Strich im Kalender machen«, sagte sie. »Das war seit Jahren dein längster Kommentar, der nichts mit Marianne oder mit deinem VX zu tun hatte. Okay, ich werde gehen. Mike Morrison …, das war nur eine Affäre. Sie hindert mich nicht, weit wegzufahren. Du brauchst also keinen Klatsch zu befürchten. Ich werde mir für acht Wochen ein Haus auf Ibiza mieten, und wenn die Zeit herum ist, wirst du zu mir kommen, oder ich komme hierher. Auch ich habe das Gefühl, daß wir uns nicht sofort scheiden lassen sollten. So etwas will überlegt sein. Ich bitte dich nicht mal um Verzeihung, denn du hast mich auch nicht um Verzeihung gebeten dafür, daß du einen Stacheldrahtzaun um dein Bett gezogen hast. Ich glaube auch nicht, daß wir für immer auseinandergehen werden. Ein gemeinsames Kind verbindet, ein gemeinsames totes Kind tut es noch viel mehr. Aber daß wir uns jetzt für eine Weile trennen, finde ich richtig. Morgen vormittag gehe ich zur Bank, und danach miete ich über unser Reisebüro ein Haus im Golfclub ROCA LLISA. Morgen abend bin ich nicht mehr hier.«
»Wie vollzog sich denn eben der Auszug deines Colonels ? Schmollte er?«
»Jetzt wird er dich bestimmt nicht mit seinen Granaten spielen lassen. Das hast du dir verscherzt.«
»Ich werde auch das überleben.«
8.
Was sie zum Frühstück verzehrten, war nun wahrlich weit entfernt von der kargen Beschaffenheit einer Biokost. Sie hatten Eier und Speck auf ihren Tellern, und Brot, Butter, Schmalz, Roastbeef und zwei Sorten Käse standen auf dem Tisch. Nur Igor, der fünf Stunden am Steuer gesessen hatte, stopfte ein Dutzend Radieschen in sich hinein, damit, wie er sagte, die Schärfe ihn erschrecke und am Einschlafen hindere.
Sie waren zu sechst: Robert, Pierre, Igor, Hilario, Zayma und Sophie. Zayma hatte von ihrer Unterredung mit Golombek berichtet und uneingeschränktes Lob geerntet. Auch Sophie bekam eine gute Note. Daß diese sich schon bald verschlechtern sollte, wußte noch niemand.
»Wann fangen wir an?« fragte Hilario.
Robert sah auf die Uhr. »Jetzt ist es zwanzig vor acht. Ich würde sagen, um acht Uhr gehe ich runter und führe
ein erstes Gespräch mit ihm. Dann hat er ungefähr zwanzig Stunden in dem Loch zugebracht, ohne zu essen, ohne zu trinken, ohne Licht und
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