1988 VX (SM)
an die Einzelheiten!«
»Ich finde, erstmal essen wir«, sagte Frank Golombek, »denn es wird noch eine lange Nacht.«
Alle waren mit seinem Vorschlag einverstanden. Sie gingen hinunter ins Eßzimmer, wo Laura inzwischen den Tisch gedeckt hatte.
3. Teil
1.
Katharina hatte im Golfclub ROCA LLISA auf Ibiza ein komfortables Haus gemietet, einen großen, auf das felsige Ufer gesetzten Bungalow.
Von ihrer Terrasse aus konnte sie ins fünfundzwanzig Grad warme Mittelmeer springen, konnte auf den vom Wasser glattgeschliffenen Partien der Steinküste liegen, lesen, sich sonnen, träumen. Sie konnte Golf spielen, fernsehen, gut speisen in einem der zahlreichen über die Insel verstreuten Restaurants, denn sie hatte auch einen Wagen gemietet, einen SEAT, mit dem sie täglich unterwegs war. So waren ihr Ferien beschieden, wie man sie sich nur wünschen konnte, aber sie nahm das reiche Angebot kaum wahr, fühlte sich einsam, versank in Trauer um Marianne, wäre gern bei dem einzigen Menschen gewesen, von dem sie wußte, daß er die gleiche Trauer empfand, suchte immer häufiger Zuflucht im Alkohol.
Als sie an ihrem fünfzehnten Insellag plötzlich das ganze Haus aufzuräumen begann, kamen nicht weniger als acht leere Whiskyflaschen zum Vorschein. Sie stellte sie in der Küche auf den Tisch, reihte sie aneinander. Eine Phalanx, die sich sehen lassen kann! dachte sie. Nein, die sich nicht sehen lassen kann! Von morgen an gibt’s den ersten Drink erst abends! Sie öffnete die Flasche Nummer Neun, schenkte sich ein, ging mit dem Glas auf die Terrasse und setzte sich in die Sonne.
Was er wohl macht? fragte sie sich. Er hat mir ja so einiges aufgezählt, will lesen, Schach spielen …, ja, und nun wohl das Schwimmbad bauen, an dem Marianne so viel lag und das sie dann doch nicht bekam, weil wir es nicht schafften, ihm die Angst auszureden. Und sein Getreide will er ernten. Und reiten. Ob ich ihm fehle? Ich will mich nicht scheiden lassen! Nie!
Sie nahm einen Schluck, setzte das Glas ab, sah draußen auf dem offenen Meer die Boote, zählte sie. Es waren vierzehn, große und kleine. Ob sie auch mal auf ein Schiff gehen und die Nachbarinseln besuchen sollte? Vielleicht wäre das eine angenehme Abwechslung.
Aber die acht Wochen halte ich durch! sagte sie sich. Wieso eigentlich acht? Vermutlich wollte er eine Strafe verhängen, und vier oder sechs reichten ihm nicht aus. Ich glaube, zur Halbzeit rufe ich ihn mal wieder an, denn ich möchte wirklich gern wissen, wie es ihm geht. Und natürlich ist er der beste Mann der Welt! Er denkt verantwortlich, hat Charme und ist in der glücklichen Lage, daß er sich auf die Tätigkeiten beschränken kann, die ihm wichtig sind. So war es von Anfang an. Für die Art und Weise, wie er sein Leben führt, spielt es eine große Rolle, wo seine Wiege stand. Ich finde, sie stand goldrichtig.
Aber was unsere Nächte betrifft, so müssen wir zu einer Lösung kommen. Noch bin ich hungrig, und er ist es doch sicher auch. Wahrscheinlich haben wir immer zu dicht beieinandergehockt. Wie soll er Verlangen haben nach meinem Körper, wenn ich ihm täglich hundertmal unter die Augen komme? Aus diesem Grund, aber auch nur aus diesem, ist es gut, daß wir jetzt für eine Zeitlang getrennt sind.
Ein Neurotiker jedenfalls, wie ich manchmal dachte, ist Frank nicht, nur eben sehr sensibel. Vielleicht hätte ich nicht so oft abwinken dürfen, wenn er über das Depot reden wollte; schließlich ist es sein zentrales Thema. Es hat ja schon angefangen mit dem jahrelangen Krieg seines Vaters gegen die Gerichte. Aber dann wurde doch enteignet, und er mußte miterleben, wie die Bagger und Trecker und Planierraupen einen Teil des Wasloher Gehölzes niederwalzten und wie man einen Zaun drum herum zog und die häßlichen Türme aufstellte. Und danach wurde es noch schlimmer, als nämlich durchsickerte, wozu sie das Land brauchten! Ich glaube, wenn ich wieder zurück bin, werde ich ihm endlich mal zuhören und dann auch auf ihn eingehen.
Nun wird er also das Schwimmbad bauen, und vielleicht lenkt ihn das ein bißchen ab. Es war schon oft so: Wenn ihn etwas packte, wie zum Beispiel damals der Bau der Reithalle oder, noch früher, die Züchtung der Trakehner oder sein Handbuch über die Dressur, dann war er wie aus dem Verkehr gezogen, kümmerte sich um nichts anderes. So wird es auch diesmal sein, morgens der erste auf der Baustelle und abends der letzte. Und er wird sich mindestens zwei Dutzend Kachelsorten vorführen
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