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1991 Atlantik Transfer (SM)

1991 Atlantik Transfer (SM)

Titel: 1991 Atlantik Transfer (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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eine Weile in der Vergangenheit auf, dachte auch an Luise. Doch die Beschäftigung mit ihr war ihm lästig, und so brachte er sie schnell zu Ende. Luise, sagte er sich, wird gut zurechtkommen dank der fünf Millionen auf ihrem Schweizer Konto. Ich halte das für mehr, als ihr eigentlich zusteht, aber aus der Ehefrau ist nun mal, als es brenzlig wurde, die Komplizin geworden, und eine unzufriedene Komplizin ist gefährlicher als eine unzufriedene Ehefrau.
    Darum soll sie in Gottes Namen ihr Luxusleben weiterführen, und im Notfall kann sie mich über meinen Kontaktmann in Mexico City sogar erreichen. Ein Glück, daß wir keine Kinder haben. Allein schon die Sache mit dem Vaterherzen würde meinen deutschen Abgang erschwert haben.
    Erst um zwei Uhr ging er schlafen. Im Bad stand er lange vor dem Spiegel, prüfte sein Gesicht. Er hatte einige Korrekturen vorgenommen, hatte sich einen Kinnbart wachsen lassen und war zu Kontaktlinsen übergegangen. Er, der Braunäugige, hatte sich für die graublaue Einfärbung entschieden. Und dann die andere Frisur! Seit der Studentenzeit hatte er sein Haar lang getragen und rechts gescheitelt, wobei die rechte, die kürzere Partie immer noch fingerlang herabhing und die andere wie eine mächtige, in der Bewegung erstarrte Woge aussah. Jetzt war die Mähne nicht mehr da. Auf der CAPRICHO hatte er sich entschlossen, es Nielson gleichzutun und das Haar, sobald er nach Mexiko kam, rigoros zu stutzen.
    Mit dem Bild, das er im Spiegel sah, war er zufrieden. Bürstenschnitt, Bart, Augenfarbe, tiefbraune Gesichtshaut … die Summe dieser Veränderungen machte alle Fahndungsfotos wertlos. Ich bin fast sicher, dachte er, sogar Luise ginge an mir vorbei, wenn wir uns irgendwo träfen, zumal auch die Zeit der Nadelstreifen hinter mir liegt. Wer hat mich je in hellem Leinenzeug gesehen, außer beim Segeln? Aber das war dann ganz anders geschnitten. Ja, du da im Spiegel, selbst ich erkenne dich kaum wieder!

14
    Jonas Ellerup schwankte durch die schmale Straße. Wie in jedem Urlaub, nutzte er auch diesmal den Aufenthalt im heimatlichen Apenrade zu einem Sprung über die Grenze, um sich in Flensburgs Rotlicht-Viertel zu amüsieren. Es war sein letzter freier Tag. Morgen abend mußte er sich im holländischen Delfszil wieder an Bord einfinden, und diesmal würde sein Schiff – es war immer noch die CAPRICHO – nach Kolumbien fahren und dann nach New Orleans. Das bedeutete erst mal zwanzig Tage durchgehend auf See. Es lohnte sich also, in einer langen Nacht des Abschieds noch etwas zu tun für den großen Durst und die große Lust, und da waren der Flensburger Rum und die Flensburger Amüsiermädchen genau das Richtige.
    Sein Schwanken hielt sich noch in Grenzen. Ganz leicht nur kam er manchmal vom Kurs ab, hatte sich aber unter Kontrolle.
    Endlich fand er die Tür, die er schon seit geraumer Zeit im Kopf gehabt hatte und von der er wußte, daß sich dahinter großartige Dinge taten. Jonas Ellerup hielt sich gern in Bars auf, die halb Kneipe und halb Bordell waren und in deren schummerigen Nischen man ungeniert zur Sache gehen konnte. Ein verheißungsvoll angefangenes Vorgefecht abbrechen und in irgendein Hotel überwechseln zu müssen war nicht nach seinem Geschmack.
    Vor einer Viertelstunde, bei Bockwurst und Bier am Stand, war ihm plötzlich die rotblonde Iris eingefallen, die letztes Mal an der Theke gesessen hatte, zwei Meter von ihm entfernt. Er war an jenem Nachmittag der einzige Gast gewesen und hatte von seinem Hocker aus dem Wirt zugerufen: »Ich brauch’ was gegen den Durst!« Daraufhin hatte ihm Iris eine wunderschöne volle weiße Brust hingehalten und gesagt: »Durst hast du? Hier!« Wenig später hatten sie hinter einem der roten Samtvorhänge gewaltig Spaß gehabt. Die Erinnerung an die kecke Brust war es gewesen, die ihn vom Kiosk in die kleine Gasse getrieben hatte. Nun riß er die glücklich wiederentdeckte Tür auf, steuerte den Tresen an und setzte sich.
    Doch dann mußte der Mann aus Apenrade erkennen, daß die pikanten Szenen, die einem im Kopf sitzen und denen man nachjagt, um sie erneut zu erleben, nur ganz selten ein zweites Mal in gleicher Weise ablaufen. Es war Nacht und nicht Nachmittag, und Iris war nicht mehr da, schon lange nicht mehr, wie der Barmann Jonny ihm mitteilte. Dennoch kam Jonas Ellerup zu seinem Vergnügen. An einem der kleinen Tische saß eine hübsche Dunkelhaarige, die, so schien es wenigstens, ihn mit ihren wohlgeratenen Beinen heranwinkte. Sie schlug

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