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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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habe, mir mal erzählt hat, sein Onkel sei bei der Präfekturpolizei von Yamanashi. Er hat sogar einen ziemlich hohen Posten. Ich habe gesagt, eine jüngere Verwandte von uns sei in die Sekte eingetreten. Um Unannehmlichkeiten zu vermeiden, würde ich Infos über die Vorreiter sammeln. Dann habe ich noch ein bisschen gebettelt, und es hat geklappt.«
    »Ich bin dir sehr dankbar«, sagte Aomame.
    »Also hat der Kollege seinen Onkel in Yamanashi angerufen und ihm die Lage geschildert, und der Onkel hat mich an den zuständigen Beamten weitergereicht, der die Ermittlungen über die Vorreiter geleitet hat. So konnte ich direkt mit ihm am Telefon sprechen.«
    »Unglaublich!«
    »Wir haben ziemlich lange geredet, und ich habe eine Menge über die Vorreiter erfahren. Was in den Zeitungen gestanden hat, weißt du ja schon. Ich erzähle dir mal das, was nicht allgemein bekannt ist. In Ordnung?«
    »Ja, klar.«
    »Also, erstens haben die Vorreiter inzwischen immer wieder juristische Probleme bekommen. Es liegen mehrere zivilrechtliche Klagen gegen sie vor. Bei fast allen geht es um Geschäfte mit Land. Sie scheinen über große Mengen Kapital zu verfügen und kaufen jedes Stückchen Grund und Boden in der Umgebung auf. Natürlich ist es auf dem Land billig, aber trotzdem. In vielen Fällen sind sie auch ziemlich massiv aufgetreten. Jedenfalls kaufen sie auch als Schattenfirmen, hinter denen man die Sekte nicht erkennt, überall Immobilien auf. Dies führt immer wieder zu Schwierigkeiten mit Landbesitzern und Kommunen. Es ist wie Bodenspekulation. Aber bisher hat es nur Zivilklagen gegeben, die Polizei war nie beteiligt. Ein paar Mal war es kurz davor, aber dann passierte doch nichts. Vielleicht waren Politiker darin verwickelt. An denen vergreift sich die Polizei nicht gern. Hätte die Sache sich ausgeweitet und die Staatsanwaltschaft wäre eingeschaltet worden, wäre es etwas anderes.«
    »Die Vorreiter sind also, was ihre wirtschaftlichen Aktivitäten angeht, nicht so sauber, wie sie tun.«
    »Inwieweit die einfachen Anhänger Kenntnis davon haben, weiß ich nicht, aber wenn man die Grundbuchakten anschaut, ist klar, dass die Führung nicht sauber ist. Auch bei sehr wohlwollender Betrachtung ist es schwer zu glauben, dass sie das Geld allein für die Suche nach reiner Spiritualität verwenden. Außerdem beschränken sich ihre Umtriebe nicht auf Yamanashi, sie kaufen auch Grundstücke und Immobilien im Zentrum von Tokio und Osaka. Alles in erstklassiger Lage. Shibuya, Minami-Aoyama, Shoto … Als hätte diese Sekte irgendeinen landesweiten Wachstumsplan im Blickfeld. Falls sie nicht einfach nur versuchen, ins Immobiliengeschäft überzuwechseln.«
    »Warum muss eine religiöse Gemeinschaft, die das Ziel hat, in der Natur zu leben und reine strenge Askese zu üben, in Stadtzentren vordringen?«
    »Und woher kommen eigentlich die hübschen runden Summen dafür?«, sagte Ayumi zweifelnd. »Nur mit dem Verkauf von Rettichen und Karotten kann man solche Mengen an Kapital nicht anhäufen.«
    »Sie pressen ihren Mitgliedern Spenden ab.«
    »Schon, aber ich glaube nicht, dass da so viel zusammenkommt. Ganz bestimmt gibt es irgendwo noch eine andere Geldquelle. Ich habe auch noch eine andere Information bekommen, die ich ziemlich besorgniserregend finde. Sie wird dich wahrscheinlich interessieren. Bei den Vorreitern gibt es eine ganze Menge Familien mit Kindern, die eigentlich auf die örtliche Grundschule gehen sollten. Aber die meisten von ihnen bleiben nach einer Weile einfach weg. Die Grundschule besteht prinzipiell auf einer Teilnahme am Unterricht, es gibt ja so etwas wie Schulpflicht. Aber die Vorreiter reagieren einfach mit der Behauptung, einige der Kinder wollten auf keinen Fall die Schule besuchen. Das sei jedoch kein Grund zur Sorge, denn die Gruppe würde sich selbst um die schulische Ausbildung kümmern.«
    Aomame dachte an ihre eigene Schulzeit. Sie konnte die Abneigung der Sektenkinder gegen die öffentliche Schule gut verstehen. Dort waren sie sowieso nur Außenseiter, die schikaniert oder bestenfalls ignoriert wurden.
    »Sie fühlen sich wahrscheinlich nicht wohl in der Schule«, sagte Aomame. »Außerdem ist es ja nicht besonders selten, dass Kinder nicht gern zur Schule gehen.«
    »Aber den Lehrern dort ist aufgefallen, dass die Kinder aus der Sekte – Mädchen und Jungen gleichermaßen – psychische Probleme haben. Die Kleinen sind noch ganz normal und fröhlich, aber in den höheren Klassen werden sie zunehmend

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