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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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eine neue unbegreifliche Welt ihn ein. Vielleicht hatte ein neues Problem das frühere verdrängt, und das altvertraute Rätsel war durch ein unbekanntes, frisches ersetzt worden. Vermutete Tengo. Nicht dass er das sonderlich ironisch fand. Doch regte sich in ihm auch nicht der Wunsch, Einspruch zu erheben. Was blieb ihm schon anderes übrig, als diese neue Welt, wie sie auch entstanden sein mochte, schweigend hinzunehmen? Er konnte sich nicht vorstellen, dass er eine Wahl hatte. Auch in seiner früheren Welt hatte er nie eine Wahl gehabt. Es war genau das Gleiche. Und vor allem, dachte Tengo, an wen sollte man seinen Einspruch überhaupt richten, selbst wenn man einen erheben wollte?
    Sein Herz schlug weiter in diesem trockenen, harten Ton. Wenigstens ließ das Schwindelgefühl allmählich nach. Das Hämmern seines Herzens im Ohr, legte Tengo den Kopf an das Geländer der Rutschbahn und sah hinauf zu den beiden Monden am Himmel über Koenji. Ein bizarrer Anblick. Eine neue Welt mit einem neuen zusätzlichen Mond. Alles war ungewiss und so unendlich vieldeutig. Aber eins ist gewiss, dachte Tengo. Ganz gleich, was von nun an mit mir geschieht, an den Anblick von zwei Monden am Himmel werde ich mich wohl nie gewöhnen. Bis in alle Ewigkeit nicht.
    Tengo fragte sich, welches geheime Abkommen Aomame damals mit dem Mond geschlossen haben mochte. Dabei dachte er an den durch und durch ernsten Blick, mit dem sie den weißen Mond am Nachmittagshimmel betrachtet hatte. Was nur hatte sie dem Mond damals angeboten?
    Und was soll jetzt aus mir werden?
    Das hatte er sich schon als Zehnjähriger die ganze Zeit gefragt, während Aomame seine Hand drückte. Ein furchtsamer Junge, der vor einem großen Tor stand. Heute wie damals. Die gleiche Unsicherheit, die gleiche Furcht, das gleiche Zittern. Und sogar der Mond stand am Himmel. Nur dass es jetzt zwei waren.
    Wo konnte Aomame sein?
    Noch einmal sah Tengo sich um. Doch was er zu entdecken hoffte, war nirgends zu sehen. Er spreizte seine linke Hand vor dem Gesicht, aber auf ihrer Innenseite verliefen nur die vertrauten Linien. Im bleichen Licht der Straßenlaterne wirkten sie wie Reste von Wasserläufen auf dem Mars und sagten ihm gar nichts. Mehr, als dass er seit seinem zehnten Lebensjahr einen langen Weg zurückgelegt hatte, konnte er an seinen großen Händen nicht ablesen. Bis zu dieser Rutsche auf dem kleinen Spielplatz in Koenji. Über dem zwei Monde schienen.
    Wo kann sie nur sein?, fragte Tengo sich abermals. Wo könnte sie sich versteckt halten?
    »Sie ist vielleicht ganz in der Nähe«, hatte Fukaeri gesagt. »Sie könnten zu Fuß zu ihr gehen.«
    Ob Aomame, wo sie sich doch ganz in der Nähe aufhielt, die beiden Monde auch sah?
    Auf jeden Fall, dachte Tengo. Natürlich war diese Annahme völlig unbegründet, doch seltsamerweise war er fest davon überzeugt. Er zweifelte nicht daran, dass sie sah, was er sah. Immer wieder schlug Tengo mit seiner geballten Linken auf den Boden der Plattform. Bis seine Faust schmerzte.
    Also müssen wir uns begegnen, dachte Tengo. Irgendwo hier in der Nähe, in Gehweite. Aomame wird von jemandem gejagt und versteckt sich, wie eine verletzte Katze. Und die Zeit, die ich habe, um sie zu finden, ist begrenzt.
    Aber Tengo hatte nicht die geringste Ahnung, wo er suchen sollte.
    »Hoho«, machte der Zwischenrufer.
    »Hoho«, stimmten die übrigen sechs ein.

KAPITEL 21
    Aomame
    Was soll ich nur tun?
    An diesem Abend ging Aomame mit ihrem grauen Trainingstrikot bekleidet und in Hausschuhen auf den Balkon, um die Monde zu sehen. In der Hand hielt sie eine Tasse Kakao. Sie hatte schon ewig keine Lust mehr auf Kakao gehabt. Aber als sie im Küchenschrank eine Dose Van Houten entdeckte, bekam sie Appetit darauf. Am wolkenlosen südwestlichen Himmel schienen klar und deutlich die beiden Monde. Der große und der kleine. Anstatt eines Seufzers gab Aomame ein leises Knurren von sich. Aus einer Puppe aus Luft wurde eine Daughter geboren, und aus einem Mond wurden zwei. 1984 hatte sich in 1Q84 gewandelt. Die alte Welt war verschwunden, und sie konnte nicht mehr dorthin zurückkehren.
    Aomame setzte sich auf den Gartenstuhl, den man ihr auf den Balkon gestellt hatte, und während sie an ihrem heißen Kakao nippte und die beiden Monde betrachtete, versuchte sie sich an ihre alte Welt zu erinnern. Aber das Einzige, was ihr im Augenblick einfiel, war der Gummibaum in ihrer früheren Wohnung. Wo er jetzt wohl war? Ob Tamaru sich, wie versprochen, seiner

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