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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Gemeinschaftsleben anstrebte und sich vom eigenen Anbau ernährte. Auch ihre Milchwirtschaft galt landesweit als vorbildlich. Alles gehörte allen, Privateigentum wurde nicht anerkannt.«
    »Richtig. In diesem System versuchte Fukada sein Utopia zu finden«, sagte der Sensei und machte ein nachdenkliches Gesicht. »Selbstverständlich existiert auf dieser Welt kein Utopia. Ebenso wenig wie dauerhafte Solidarität und ebenso wenig, wie man Gold machen kann. Die Takashima-Schule produzierte denkunfähige Roboter, wenn ich mal so sagen darf. Sie schaltete das eigene Denken in den Köpfen ihrer Mitglieder ab. Sie lebten in einer Welt, die große Ähnlichkeit mit der in George Orwells Roman hatte. Aber wie Ihnen wahrscheinlich bekannt ist, gibt es auf der Welt nicht wenige, die einen hirnlosen Zustand wie diesen anstreben. Denn bequem ist er auf alle Fälle. Niemand braucht sich komplizierte Gedanken zu machen, es genügt, ohne Widerrede das auszuführen, was einem von oben gesagt wird. Und das bei drei Mahlzeiten am Tag. Für Menschen, die so etwas suchen, war Takashima vermutlich wirklich das Paradies.
    Aber Fukada war ganz anders, ein Mann mit eigenem Kopf, der alles gründlich selbst durchdenken wollte. Ein Mann, der für die Wissenschaft lebte. Er konnte sich unmöglich mit den Zuständen bei Takashima zufriedengeben. Natürlich wäre Fukada nicht Fukada gewesen, wenn er das nicht von Anfang an durchschaut hätte. Von der Uni vertrieben, mit ein paar hochintelligenten Studenten im Schlepptau, ohne einen Ort, an dem sie unterkommen konnten, hatte er die Landkommune als vorläufigen Unterschlupf gewählt. Was er von Takashima wollte, war Know-how. Sowohl Fukada als auch alle seine Studenten waren in der Stadt aufgewachsen und besaßen keinerlei Kenntnis von der Landwirtschaft. Sie hatten ebenso wenig Ahnung davon wie ich vom Raketenbau. Also musste ihr erster Schritt sein, praktische Fähigkeiten und Techniken zu erwerben. Auch über die Verteilungsmechanismen, die Grenzen und Möglichkeiten der Selbstversorgung und die konkreten Regeln des Gemeinschaftslebens hatten sie eine Menge zu lernen. Fast zwei Jahre blieb Fukada mit seinen Studenten bei Takashima. In dieser Zeit lernten sie alles, was es zu lernen gab. Und sie waren Menschen, die schnell lernten, wenn sie wollten. Nachdem sie die Stärken und Schwächen der Takashima-Schule genaustens analysiert hatten, verließen Fukada und seine Anhänger sie und gründeten eine eigene Kommune.«
    »Bei Takashima war es lustig«, sagte Fukaeri.
    Der Sensei lächelte. »Ich glaube, die kleineren Kinder hatten dort tatsächlich eine schöne Zeit. Aber wenn sie in die Pubertät kamen und ihr Selbstbewusstsein erwachte, wurde Takashima für viele Kinder beinahe zu einer Hölle auf Erden. Jeder natürliche Impuls, selbstständig zu denken, wurde gewaltsam unterdrückt. Statt der Füße wurde ihnen das Gehirn abgebunden, könnte man sagen.«
    »Statt der Füße«, fragte Fukaeri.
    »Im alten China wurden den kleinen Mädchen die Füße gewaltsam eingebunden, damit sie nicht zu groß wurden«, erklärte Tengo.
    Stumm schien Fukaeri sich vorzustellen, wie das wohl ausgesehen haben mochte.
    »Im Kern bestand Fukadas Fraktion natürlich aus seinen ehemaligen Studenten, der früheren Roten Garde, aber es kamen auch unerwartet viele neue Mitglieder hinzu. Seine Gruppe wuchs geradezu lawinenartig. Nicht wenige seiner neuen Anhänger waren Leute aus der Szene, die sich Takashima aus Idealismus angeschlossen hatten, aber nun unzufrieden und enttäuscht waren. Darunter befanden sich Hippies, frustrierte Linksintellektuelle und solche, die aus allen möglichen Gründen mit ihrem Leben unzufrieden gewesen und auf der Suche nach einer neuen Spiritualität bei Takashima gelandet waren. Viele waren ledig, aber es gab auch Familien wie die von Fukada. Alles in allem ein ziemlich wild zusammengewürfelter Haufen. Fukada war der geborene Anführer. Er war so etwas wie Moses für die Israeliten. Scharfsinnig, redegewandt und mit einer überlegenen Urteilskraft begabt. Er besaß großes Charisma. Außerdem ist er sehr groß. Ja, genau, er hat etwa Ihre Statur. Die Menschen erkoren ihn ganz selbstverständlich zum Mittelpunkt ihrer Gruppe und beugten sich seinem Urteil.«
    Der Sensei breitete beide Arme aus, um die Größe des Mannes zu demonstrieren. Fukaeris Blick wanderte zwischen seinen ausgebreiteten Armen und Tengo hin und her, aber sie sagte nichts.
    »Fukada und ich sind charakterlich und

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