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1Q84: Buch 3

1Q84: Buch 3

Titel: 1Q84: Buch 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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ihn gebreitet. Am liebsten hätte er es abgelehnt, aber das traute er sich dem dicken, liebenswürdigen Anwalt mit dem buschigen Haar nicht zu sagen.
    »Außerdem hat Ihr Herr Vater mir einen Umschlag anvertraut. Den möchte ich Ihnen jetzt gern übergeben.«
    Der dicke Anwalt zog einen großen, dicken braunen Umschlag, der mit Klebeband umwickelt war, aus seiner schwarzen Aktenmappe und legte ihn auf den Tisch.
    »Den hat Herr Kawana mir bei einem Termin anvertraut, den er gleich nach seiner Ankunft hier mit mir gemacht hatte. Zu dem Zeitpunkt war er noch weitgehend klar. Hin und wieder reagierte er natürlich etwas verwirrt, aber im Großen und Ganzen schien sein Leben noch unbeeinträchtigt. Er bat mich, den Umschlag im Fall seines Todes seinem gesetzlichen Erben zu übergeben.«
    »Seinem gesetzlichen Erben ?«, wiederholte Tengo erstaunt.
    »Ja. So hat er sich ausgedrückt. Einen konkreten Namen hat Ihr Vater nicht genannt. Aber sein gesetzlicher Erbe können ja eigentlich nur Sie sein.«
    »Soweit ich weiß schon.«
    »Somit«, sagte der Anwalt und deutete auf den Umschlag auf dem Tisch, »übergebe ich ihn jetzt an Sie. Würden Sie mir diese Empfangsbestätigung unterschreiben?«
    Tengo unterzeichnete das Dokument. Der braune Umschlag auf dem Tisch wirkte übertrieben unpersönlich und offiziell. Weder die Vorder- noch die Rückseite waren beschriftet.
    »Etwas möchte ich Sie noch fragen«, sagte Tengo zum Rechtsanwalt. »Hat mein Vater überhaupt jemals meinen Namen – Tengo Kawana – geäußert? Oder die Bezeichnung ›mein Sohn‹ verwendet?«
    Während der Anwalt überlegte, zog er wieder das Taschentuch hervor und wischte sich den Schweiß ab. Dann schüttelte er kurz den Kopf. »Nein, ich glaube, Herr Kawana hat die ganze Zeit nur von seinem gesetzlichen Erben gesprochen. Einen anderen Ausdruck habe ich nie aus seinem Mund gehört. Ich erinnere mich, dass ich mich damals auch etwas gewundert hatte.«
    Tengo schwieg.
    »Aber Herr Kawana schien sich ganz sicher, dass Sie allein sein gesetzlicher Erbe sind«, sagte der Anwalt vermittelnd. »Er hat nur im Gespräch Ihren Namen nicht erwähnt. Gibt es da ein Problem?«
    »Nein, eigentlich nicht«, sagte Tengo. »Mein Vater war immer ein etwas seltsamer Mensch.«
    Der Anwalt lächelte beruhigt. Er nickte kurz und überreichte Tengo das geänderte Familienbuch. »Verzeihen Sie, aber da Ihr Herr Vater ja diese Krankheit hatte, müsste ich Sie bitten, den Eintrag zu überprüfen, um formale Irrtümer auszuschließen. Ihrem Familienbuch zufolge sind Sie, Tengo Kawana, Herrn Kawanas einziges Kind. Ihre Frau Mutter ist bereits ein Jahr nach Ihrer Geburt verschieden. Ihr Vater hat danach nicht wieder geheiratet und Sie allein großgezogen. Die Eltern und alle Geschwister Ihres Vaters sind bereits verstorben. Sie sind also ganz sicher Herrn Kawanas einziger gesetzlicher Erbe.«
     
    Der Anwalt erhob sich. Als er sich nach weiteren Beileidsbekundungen verabschiedet hatte, blieb Tengo noch sitzen und betrachtete den braunen Umschlag auf dem Tisch. Sein Vater war also sein leiblicher Vater, und seine Mutter war wirklich gestorben. Der Anwalt hatte es gesagt, also musste es sich wohl um Fakten handeln. Zumindest im juristischen Sinne. Dennoch hatte er das Gefühl, dass er sich, auch wenn sich die Fakten klärten, immer weiter von der Wahrheit entfernte. Warum nur?
    Tengo ging ins Zimmer seines Vaters zurück, setzte sich an den Schreibtisch und machte sich daran, den fest verklebten Umschlag zu öffnen. Vielleicht enthielt er den Schlüssel zur Lösung des Geheimnisses. Aber das war gar keine so leichte Aufgabe. Er fand nichts im Zimmer, das ihm als Schere oder Messer hätte dienen können, und musste das Klebeband mühsam mit den Nägeln lösen. Als er den Umschlag endlich geöffnet hatte, befanden sich darin weitere Umschläge, die ebenfalls alle fest verklebt waren. Wirklich, typisch sein Vater.
    Einer der Umschläge enthielt fünfzig nagelneue Zehntausend-Yen-Scheine, die mehrfach in dünnes Papier gewickelt waren. Ein Zettel mit der Aufschrift »Bargeld für Notfälle« lag dabei. Zweifelsfrei die Handschrift seines Vaters. Kleine, Strich für Strich sorgfältig ausgeführte Zeichen. Das Bargeld sollte er wohl verwenden, falls unerwartete Ausgaben auftraten. Sein Vater hatte nicht damit gerechnet, dass sein »gesetzlicher Erbe« ausreichend Bargeld zur Hand hatte.
    Im dicksten Umschlag befanden sich alte Zeitungsausschnitte, Urkunden und Zeugnisse. Alle betrafen

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