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1Q84: Buch 3

1Q84: Buch 3

Titel: 1Q84: Buch 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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sich entwickeln. Jedenfalls bin ich in sie verstrickt. Aber jetzt reicht es , dachte Aomame entschlossen.
    Sie schürzte die Lippen, und die Falten auf ihrer Stirn vertieften sich.
    Von nun an wird alles anders. Ich werde mich von keinem fremden Willen mehr leiten lassen. Für mich gibt es nur noch ein Prinzip: Ich tue, was ich für richtig halte. Und ich beschütze das Kleine , koste es, was es wolle. Dafür werde ich mit aller Kraft kämpfen. Es ist mein Leben und mein Kind, auch wenn jemand mit seiner Geburt einen bestimmten Zweck verfolgt. Tengos und mein Kind. Ich werde es nie jemand anderem überlassen. Von nun an bestimme ich, was gut ist oder schlecht und wo es langgeht. Das sollten sich die, wer auch immer sie sind, gut merken.
     
    Am nächsten Tag, es war Mittwoch, klingelte um zwei Uhr nachmittags das Telefon.
    »Ich habe deine Nachricht überbracht«, sagte Tamaru, wie üblich ohne Einleitung. »Heute Morgen. Er ist jetzt in seiner Wohnung und kommt heute Abend Punkt sieben auf die Rutschbahn.«
    »Weiß er noch, wer ich bin?«
    »Natürlich. Anscheinend sucht er dich auch schon seit einiger Zeit.«
    Wie der Leader gesagt hat. Tengo hat mich gesucht. Mehr brauche ich nicht zu wissen. Aomames Herz füllte sich mit überschäumender Freude. Keine anderen Worte auf der ganzen Welt waren jetzt noch von Bedeutung für sie.
    »Er bringt seine wichtigsten Sachen mit. Wie du es gesagt hast. Wenn du mich fragst, gehört dazu auch das Manuskript des Romans, an dem er schreibt.«
    »Bestimmt«, sagte Aomame.
    »Ich habe mir die Gegend um sein Haus noch mal angeschaut. Ist sauber, soweit ich gesehen habe. Zumindest lungern keine verdächtigen Gestalten in der Nähe herum. Die Wohnung des Wasserkopfs ist auch geräumt. Es war alles ruhig, aber auch nicht zu ruhig. Anscheinend haben unsere Freunde ihn nachts und in aller Stille beseitigt und sind verschwunden. Es war ihnen bestimmt zu unsicher, ihn allzu lange dort liegenzulassen. Ich habe mich gründlich, wie es meine Art ist, umgeschaut und bestimmt nichts übersehen.«
    »Da bin ich froh.«
    »Das gilt zumindest für den Moment . Die Umstände können sich ständig ändern. Nicht einmal ich bin vollkommen. Vielleicht habe ich ja doch etwas übersehen. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass die anderen mir eine Nasenlänge voraus sind.«
    »Deshalb kann ich mich am Ende nur selbst schützen.«
    »Wie gesagt.«
    »Vielen Dank für alles. Ich stehe tief in deiner Schuld.«
    »Ich weiß nicht, was du jetzt vorhast und wo du hinwillst«, sagte Tamaru. »Aber wenn du fortgehst und wir uns nicht wiedersehen, werde ich dich vermissen. Du bist eine ungewöhnliche Persönlichkeit, und das ist noch untertrieben. Menschen wie dir begegnet man nicht oft.«
    Aomame lächelte ins Telefon. »Das ist genau der Eindruck, den ich bei dir hinterlassen wollte.«
    »Madame braucht dich. Nicht nur wegen deiner Fähigkeiten, sondern auch als Mensch. Sie ist tief betrübt, dass du sie auf diese Weise verlässt. Sie kann nicht ans Telefon kommen. Bitte versteh das.«
    »Ich verstehe das sehr gut«, sagte Aomame. »Mir würde es auch schwerfallen, jetzt mit ihr zu sprechen.«
    »Du sagst, du gehst weit fort.«
    »Diese Entfernung lässt sich nicht in Zahlen messen.«
    »Wie die Entfernung, die die Herzen der Menschen trennt.«
    Aomame schloss die Augen und seufzte tief. Sie war den Tränen nah, doch es gelang ihr, sie zu unterdrücken.
    »Ich bete, dass alles gutgeht«, sagte Tamaru mit ruhiger Stimme.
    »Tut mir leid, aber die Heckler & Koch kann ich dir wahrscheinlich nicht zurückgeben«, sagte Aomame.
    »Macht nichts. Betrachte sie als ein persönliches Geschenk. Wenn sie dir zu heiß wird, kannst du sie einfach in die Bucht von Tokio werfen. So kommen wir der globalen Abrüstung einen Schritt näher.«
    »Vielleicht werde ich sie am Ende nie abfeuern. Und das Tschechowsche Gesetz brechen.«
    »Macht auch nichts. Es geht nichts über eine Pistole, die nicht abgefeuert wird. Das 20. Jahrhundert neigt sich dem Ende entgegen, und seit Tschechows Zeiten hat sich eine Menge verändert. Keine Pferdekutschen mehr und keine Damen in Korsetts. Die Welt hat den Nationalsozialismus, die Atombombe und die Neue Musik überstanden. Auch die Literatur hat sich ziemlich gewandelt. Mach dir keine Gedanken«, sagte Tamaru. »Aber eine Frage hätte ich noch. Du triffst dich also heute Abend um sieben mit Tengo Kawana auf der Rutschbahn.«
    »Wenn alles gutgeht«, sagte Aomame.
    »Und was macht ihr dann

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