2 Heaven
Natürlich hatten die beiden bereits über den Vorfall gesprochen.
„Ja, natürlich. Deinen Bruder kann man manchmal aber auch nur mit der Kneifzange anfassen."
„Falsch, Charly - nur mit Samthandschuhen. - Wann und wo treffen wir uns?"
Sie nannte ihm Ort und Zeit und legte auf. Nur mit Samthandschuhen ... kein Wunder, dass Cris derart aggressiv auf ihren Vorstoß reagiert hatte. Sie musste noch viel lernen, was den Umgang mit den Heavens betraf. Die beiden schienen aber auch rund um sich Fettnäpfchen platziert zu haben, in welche sie nun zielsicher hineintrat.
Dämon Heaven wartete bereits im Eingangsbereich des kleinen Restaurants, als Charly ankam. Unbefangen nahm er sie zur Begrüßung in den Arm. Es war ein angenehmes, vertrautes Gefühl. Erleichterung machte sich in ihr breit - er war ihr nicht böse, weil sie schon wieder mit seinem Bruder aneinandergeraten war. Oder dachte er vielleicht daran, wieder mit ihr ins Bett zu gehen? Hatte er sich vielleicht nur aus diesem Grund mit ihr verabredet? Die Vorstellung ließ ihr einen angenehmen Schauer über den Rücken rieseln. Verdammt, es passiert schon wieder, dachte Charly. Sie war doch hier, um mit ihm über seinen Bruder zu reden. Sie suchten sich einen gemütlichen Ecktisch in einer Nische des Raumes. Es roch angenehm nach asiatischem Essen. Dämon sah wieder hinreißend aus. Er trug sportliche Kleidung und seine Haare modisch zerstrubbelt. Im Gegensatz zu Cris wirkte er meist entspannt. Um seine Lippen spielte ein offenes Lächeln.
„Und - womit hast du Cris diesmal auf die Palme gebracht?" Sie seufzte. „Ich habe seinen neuen Text gelesen - das fand er nicht so toll."
Dämon grinste. „Das hätte ich dir vorher sagen können." Sie zuckte mit den Schultern. „Ich ... ich meine, du weißt, dass ich deinen Bruder mag. Ich brauche dir nichts vorzumachen. Aber ich komme einfach nicht an ihn heran. Er ist so schwierig."
Dämon betrachtete sie neugierig. Doch seine Miene verriet keinen seiner Gedanken. „Und jetzt soll ich dir einen Tipp geben, oder was?"
Der Kellner kam, brachte die Karten und nahm die Getränkebestellung entgegen. Er war ein kleiner, flinker Chinese, der nur gebrochen Englisch sprach. „Vielleicht kannst du mir ja einen Tipp geben?", nahm Charly ihr Gespräch wieder auf.
Dämon schüttelte den Kopf. „Was das betrifft, sind Cris und ich völlig unterschiedlich - tut mir Leid. Warum legst du die Karten nicht einfach auf den Tisch? Warum sagst du Cris nicht einfach, wie viel dir an ihm liegt?"
Sie errötete. „Oh, diese Taktik war auch nicht gerade von Erfolg gekrönt."
Dämon runzelte die Stirn. Er wusste noch nicht, was sie von ihm wollte.
Die Getränke wurden serviert. Das Licht der Kerze spiegelte sich im satten Rot des Weines, den Dämon bestellt hatte. „Zum Wohl." Er hob sein Glas an die Lippen.
„Cheers."
Eine Zeitlang unterhielten sie sich über belanglose Dinge, bis Charly plötzlich fragte: „Sag mal, wer von euch beiden hat jetzt eigentlich die Leitung von Heaven Industries? Ich meine, wer von euch interessiert sich für medizinisch-biologische Forschung?"
„Interessieren tue ich mich nicht gerade, aber ich verstehe was von Geschäftsführung.Nur aus dem Grund habe ich Betriebswirtschaftslehre studiert. Ich bin der Alleinerbe der Firma. Für Dad war das völlig klar. Vor allem als Cris auf den Gedanken kam, Gitarrist in einer Rockband zu werden. Du kannst dir nicht vorstellen, was damals los war!" Dämon verdrehte die Augen gen Himmel.
„Euer Vater hatte ihn nicht mehr im Griff."
Dämon bestätigte das mit einem spöttischen Grinsen. „Er musste immer alles im Griff haben."
Er sagte das so zynisch, dass Charly aufhorchte. „Ihr hattet wohl kein gutes Verhältnis, was?"
Er schüttelte den Kopf. „Das ist untertrieben."
„Hat er ... euch geschlagen, als ihr klein wart?", fragte sie vorsichtig.
„Ja, klar. Er wollte aus uns vernünftige Menschen machen", seine Stimme triefte vor Sarkasmus. „Vor allem an Cris hat er seine Wut ausgelassen. Wahrscheinlich hat er in seiner eigenen Kindheit nichts anderes erlebt. Nur die Pferde waren sicher vor seinen Aggressionen."
Charly war so überrascht von seiner plötzlichen Offenheit, dass sie das Thema wechselte.
„Kannst du eigentlich auch reiten?"
„Ja. Dad hat viel Wert auf eine klassische Erziehung gelegt. Deswegen mussten wir auch beide ein Musikinstrument erlernen. Tja, bei Cris hat sich die Sache dann etwas anders entwickelt ..." Er brachte ein
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