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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Satisfaktion zu fordern. Einige bedeutende Interventionen. Das, was sie in den letzten beiden Tagen angerichtet haben, lässt sich mit den jüngsten Morden überhaupt nicht vergleichen. Der Tod Tjunnikows muss sowieso als Unfall betrachtet werden, und selbst wenn Geser es noch so sehr abstreitet - das Tribunal wird seine Argumente in der Luft zerreißen. Der wildernde Vampir und die als Nutte arbeitende Tierfrau sind keine großen Sünden, vielleicht sechster Grad, höchstens fünfter. Sie haben auf eigene Faust gehandelt, die Tagwache hat damit nichts zu tun... Das gibt uns das Recht, Interventionen mindestens zweiten Grades zu fordern. Jedenfalls meiner Meinung nach ... Schließlich profitiert die Tagwache damit am stärksten von den Vorfällen. Zumal uns das in Abwesenheit des Chefs gelungen ist, ohne seine tatkräftige Unterstützung.«
    »Noch solltest du diesen Triumph nicht feiern«, bemerkte Juri skeptisch. »Noch nicht.«
    Edgar breitete die Arme mit der Miene eines Menschen aus, der bei seiner Meinung bleiben wird. Er glaubte wirklich, was er eben gesagt hatte. Und das konnte man auch verstehen.
    Es lässt sich nicht entscheiden, wie dieser Streit geendet hätte. Doch an Edgars Gürtel klimperte das Handy los, und alle wandten sich ihm unwillkürlich zu.
    Im Prinzip konnte es ein privater Anruf oder einer vom technischen Dienst sein. Doch im Büro waren recht starke Andere anwesend. Fast alle von ihnen waren in der Lage, die Wahrscheinlichkeit und die Folgen absolut simpler Ereignisse zu bestimmen.
    Der Anruf ließ einen dicken und klar erkennbaren Wahrscheinlichkeitsfaden erkennen. Einen Faden, der zu Ereignissen von höchster Wichtigkeit führte.
    Edgar presste das Handy ans Ohr und lauschte eine Weile. »Bring ihn her«, befahl er dann, beendete das Gespräch und steckte das Handy in seine Gürteltasche zurück. »Der Inquisitor«, verkündete er uns mit versteinerter Miene. »Mit einer offiziellen Mitteilung.«
    Es war keine halbe Minute vergangen, als der wachhabende Hexer die Tür zum Hauptbüro der Tagwache aufstieß. Bereits eine Sekunde darauf erschien der mir bereits bekannte, gleichmütige Inquisitor namens Maxim in der Türfüllung.
    »Im Namen des Großen Vertrages«, verkündete er. Seine Stimme war frei von Emotionen und jeder sonstigen Entfärbung. Der Ton war rein informativ, und es wäre dumm gewesen, den Inquisitor zu verdächtigen, die eine oder andre Seite zu bevorzugen. »Morgen bei Tagesanbruch findet eine erweiterte Sitzung des lokalen Kollegiums des Tribunals unter dem Vorsitz der Inquisition statt. Das Thema: Verschiedene Vergehen der Lichten und verschiedene Vergehen der Dunklen, die sich mit den Bestimmungen des Großen Vertrages nicht vereinbaren lassen. Die Anwesenheit aller benachrichtigten Anderen ist unerlässlich. Das Fehlen eines Unterrichteten wird ebenso wie seine Verspätung als Vergehen betrachtet, das sich nicht mit den Bestimmungen des Großen Vertrages vereinbaren lässt. Bis zum Beginn der Sitzung ist jegliche magische Handlung vom fünften Grad und darüber verboten. Möge das Gleichgewicht obsiegen.«
    Nachdem er diese Worte gesprochen hatte, drehte sich der Inquisitor langsam um und ging davon. In die Halle, zu den Fahrstühlen.
    Der Hexer linste kurz zu seinem Vorgesetzten hinüber und schloss die Tür. Er sah es als seine Pflicht an, den Inquisitor zum Ausgang zu begleiten.
    Im Büro herrschte eine Weile Stille, selbst die Techniker über ihren Notebooks verstummten.
    »Wie 1949«. bemerkte Anna Tichonowna leise. »Ganz genauso.«
    »Wir können nur hoffen.«, meinte der Magier Juri tonlos. »Wir können nur hoffen, Anna Tichonowna. Mit ganzer Kraft.«

Fünf
    Jeder Mensch hat bisweilen den Eindruck, das, was in dieser Minute, in dieser Sekunde passiert, sei schon einmal geschehen. Dafür gibt es sogar einen Fachbegriff: Dejà-vu. Erinnerungstäuschung.
    Andere kennen das auch.
    Der Mitarbeiter der Nachtwache Anton Gorodezki stand vor seiner Wohnungstür und kämpfte mit seinen Erinnerungen. Schon einmal war er genauso vor seiner offenen Wohnungstür von einem Fuß auf den andern getreten und hatte darüber nachgedacht, wer bei ihm eingedrungen sein konnte. Als er dann hineingegangen war, hatte sich der ungebetene Gast als sein eingeschworener Feind herausgestellt. Der Chef der Tagwache, der den Lichten unter dem Namen Sebulon bekannt war.
    »Ein Dejä-vu«, flüsterte Anton und betrat die Wohnung. Sein Alarmsystem hatte abermals geschwiegen, doch im Zimmer

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