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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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andern ist Tat nicht gleich Tat. Du manipulierst einen Piroggenverkäufer, und die Nachtwache hängt dir eine nicht sanktionierte Intervention an. Bei denen musste man mit allem rechnen.
    Außerdem hätte Edgar der Verkäufer leid getan. Natürlich nicht, wenn es um Piroggen ging. Aber womöglich musste er einem Autohändler mal einen Jeep aus dem Geschäft entführen? Die Menschen waren die Grundlage. Ihre Futterbasis, ihr Substrat. Um sie musste man sich kümmern ... Und in diesem Fall spielte es keine Rolle, dass eine solche Einstellung sehr an die Auffassung der Lichten erinnerte.
    Die Dunklen spüren den Unterschied zwischen sich um jemanden kümmern und sich für ihn ein Bein ausreißen.
    Ganz genau.
    Die Nacht nutzte Edgar, um sich richtig auszuschlafen, obwohl es ihm mehr Mühe bereitete als angenommen, zu dieser ungewöhnlichen Zeit zu schlafen. Edgar wälzte sich bereits im Halbschlaf, als ihm der Gedanke durch den Kopf schoss, dass er doch lieber hätte mit Alita Schlittschuhlaufen gehen sollen.
    Morgens bemerkte Edgar, dass man sich an seiner natürlichen magischen Hülle gewaltig zu schaffen gemacht hatte. Sie war jetzt stärker, enthielt unnachgiebige und stabile gepanzerte Fäden. Sebulon - natürlich, wer sonst? Jemand anders kam nicht in Frage. Hm, dachte Edgar. Sollte die Sache also doch nicht so einfach und ungefährlich werden? Oder ist Sebulon einfach übervorsichtig?
    Seit die Auseinandersetzungen mit den Lichten zugenommen hatten, sorgte Sebulon immer häufiger persönlich für den Schutz der Mitarbeiter der Tagwache. Woher er nur all die Energie nahm, um diese unzähligen Schilde aufrechtzuerhalten?
    Eine Antwort auf diese Fragen wussten in ganz Moskau wohl nur zwei Männer: Sebulon selbst und sein ewiger Gegenspieler Geser. Vielleicht auch noch die Inquisition. Die Leute an der Spitze.
    Schagron brachte Edgar aus eigenem Antrieb zum Flughafen. Anscheinend gefiel es dem erst seit kurzem wiederhergestellten Magier einfach, mit dem ebenfalls erst seit kurzem reparierten BMW durch das festliche Moskau zu fahren. Als Vorwand diente ihm ein höchst einfaches und überzeugendes Argument: Er hatte sich um die aktuellen Fälle zu kümmern. Die er freilich mit der Lupe suchen musste. Ein dreizehnjähriges hysterisches Mädchen, das entdeckt hatte, dass es ins Zwielicht eintreten konnte, und sich dort zufällig im Spiegel erblickt hatte. Sie musste beruhigt, wieder zur Vernunft gebracht, unterstützt werden... Eine Aufgabe für einen Dilettanten. Dann gab es noch einen durchgedrehten Sukkubus mit einer geron-tophilen Neigung, über den halb Birjulewo lachte.
    Das waren keine Fälle. Sondern kleine Unebenheiten. Unannehmlichkeiten.
    Noch am Eingang zum Flughafengebäude erreichte Edgar ein Anruf von einem Magier aus der Leitung der Tagwache -ein Magier, den seine Freunde und Kollegen als Juri kannten, obgleich er seinen Zwielicht-Namen bereits offen hätte tragen dürfen. Schagron hatte ihn schließlich auch für besondere Verdienste für die Wache bekommen. Und Juri war bedeutend stärker als Schagron und wesentlich älter.
    »Hallo Edgar. Du fliegst nach Prag?«
    »Warum nicht?«, erwiderte Edgar in der Art eines Mannes aus Odessa.
    »Hör zu und unterbrich mich nicht. Ich weiß etwas von den Plänen des Chefs. Und darüber, warum er dich dorthin schickt. Alles ist längst nicht so einfach und unkompliziert, wie es auf den ersten Blick aussieht. Heute oder morgen fliegen mehrere Lichte nach Prag, und ich würde mich nicht wundern, wenn in den nächsten Tagen auch Geser zu euch stoßen würde. Es gibt ein paar vage Hinweise darauf, dass die Lichten eine ganz große Operation planen. Natürlich lässt es sich Sebulon nicht nehmen, eine entsprechende Antwort parat zu halten. Also ... pass ein bisschen auf. Vor allem unterwegs.«
    Juri verstummte, als warte er auf Edgars Antwort, doch dieser - die Bitte, den Kollegen nicht zu unterbrechen im Ohr - schwieg. Er streckte sich lediglich im Zwielicht aus, um Sebulon auszumachen, konnte Jedoch nicht die geringste Spur vom Chef entdecken. Wo dieser umherirrte, in welchen geheimen Winkeln, in welchen tiefen Schichten des Zwielichts, war nicht herauszukriegen. Mächtige Magier haben ihre eigenen Wege und Beweggründe, die ihre Umwelt nicht zu verstehen vermag.
    »Erinnerst du dich noch daran, wie der Chef Alissa Donnikowa in Urlaub geschickt hat?«, fuhr Juri fort. »Vergiss nicht, was ihr passiert ist. Und bevor du mich fragst, weshalb ich dir das alles erzähle:

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