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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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zwischen den USA und der UdSSR konnte mit dem Krieg zwischen den Wachen nicht mithalten. Das waren Spiele. Kinderspiele von dummen Menschen.
    Edgar trank einen rabenschwarzen Kaffee, der jedoch nicht sehr gut schmeckte, und dachte über alles und nichts zugleich nach. Zum Beispiel darüber, warum all die Bars in Flughäfen und Bahnhöfen, die so teuer waren und bei Lebensmitteln nicht zu pfuschen schienen, so schlechten Kaffee kochten, scheußliches Bier ausschenkten und belegte Brote servierten, die absolut niemand essen konnte. Viele Übel im Leben der Menschen gingen auf den Kampf zwischen den Wachen zurück, aber in diesem Punkt waren sie völlig unschuldig!
    Seine Schützlinge - das bunt gemischte Dreiergespann - behielten ihn vom Wartesaal aus missbilligend im Auge. Er konnte verstehen, dass die Regin-Brüder in ihm lediglich einen ganz gewöhnlichen Schnüffler sahen. Sollten sie ruhig. Diese Hohlköpfe. Diese dummen und sorglosen Hohlköpfe. Aber wenn es sein musste, würde er sie vor den Karren der Dunklen spannen. Sebulon hatte völlig Recht, wenn er sie für ihre Sache einsetzen wollte. Die Geschichte mit der Kralle des Fafnir, das musste man unumwunden festhalten, hatte die Lichten während des Auftauchens des Spiegels Rohosa gewaltig verunsichert. Die Regin-Brüder hatten, ohne es selbst zu ahnen, einen der Schläge abgekriegt, der für die Tagwache bestimmt war. Darüber hinaus hatten sie es dem immer stärker werdenden Spiegel ermöglicht, sich bis obenhin mit Kraft vollzutanken. Das hatte schließlich den Erfolg der Lichten in dieser Runde vereitelt und Sebulon und seiner Garde zum Vorteil gereicht.
    Recht geschah ihnen.
    Ohne jedes Mitgefühl beobachtete Edgar, wie ein wütender Schnösel im hyperkorrekten Anzug und teuren Mantel von zuvorkommenden Zöllnern weggeführt wurde - eben an seiner Stelle würde nun Edgar nach Prag fliegen.
    Edgar passte den richtigen Moment ab und stand auf, als sich einer der Regin-Brüder aus seinem Sessel erhob. Er wandte sich an denjenigen, der den vernünftigsten Eindruck machte, an den weißen Bruder.
    »Grüß dich, Bruder«, sprach Edgar ihn eindringlich an.
    Der »Finne« schaute ihn mit großen Augen an. Gespannt.
    »Wir sind die Dunklen«, fuhr Edgar leise fort. »Wir geben unsere Leute nicht auf. Ich bin geschickt worden, um euch im Notfall zu verteidigen. Und beim Tribunal werden wir euch zu schützen wissen, das könnt ihr glauben. Also, Kopf hoch, ihr Diener des Dunkels. Unsere Stunde wird bald kommen.«
    Nach diesen Worten erhob sich Edgar und kehrte, ohne sich noch einmal umzudrehen, zu seinem Platz zurück.
    Gut. Sollen sie sich den Kopf darüber zerbrechen...
    Aber wie pathetisch er gesprochen hatte! Eine gemeißelte, feierliche Miene zu bewahren und sich das Lachen zu verkneifen hatte Edgar einiges abverlangt. Doch die großen Augen des »Finnen« vermittelten ihm eine ganz andre Botschaft - er hatte wirklich Angst und machte sich Sorgen.
    »Ich bin doch gemein«, murmelte Edgar in seinen Bart. »Sie sind die reinsten Kinder... Und ich mache mich über sie lustig.«
    Edgar seufzte zerknirscht und blätterte die Zeitschrift auf. Wie gut, dass der Flug nach Prag kürzer war als beispielsweise nach Jushno-Sachalinsk. Ein Stündchen, zwei - und schon war man da. Ohne Zwischenlandungen und ohne im Flugzeug schlafen zu müssen, ein wahrer Albtraum. Doch wenn man ehrlich war, stellten die Dunklen Portale die bequemste Art des Reisens dar. Nur bedeutete es einen unangemessenen Luxus, ein Portal von Moskau nach Prag zu legen. Also musste er fliegen wie ein normaler Mensch.
    Nun, nicht ganz wie ein normaler Mensch. Wenigstens hatten Andere keine Probleme mit dem Ticket.

Zwei
    Anton liebte Prag. Ja, mehr noch: Er verstand nicht, wie man diese Stadt nicht lieben konnte. Es gibt Städte, die vom ersten Augenblick an nur Missfallen auslösen, einen erdrücken, während es andre gibt, die einen sanft und unmerklich verzaubern. Moskau gehörte leider weder zur ersten noch zur zweiten Kategorie. Prag dagegen glich einer alten und weisen Zauberin, die es verstand, eine junge Frau vorzugaukeln, dies jedoch nicht für nötig erachtete, da sie ihre Schönheit in jedem Alter bewahrte.
    So betrachtet, hätte Prag eigentlich zur Heimstatt der Dunklen werden müssen. Eine Stadt, die von gotischen Bauwerken birst, eine Stadt voller Pestsäulen, diesen an die Epidemien im Mittelalter gemahnenden Denkmälern, eine Stadt, die im Zweiten Weltkrieg als Getto diente, eine Stadt des

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