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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Dunkels, die schutzlose und alles bestimmende Sache.
    Der Turm hatte Edgar zu verstehen gegeben, das Gambit der Krim könne sich wiederholen, diesmal mit einem Offizier. Ein Springer wollte Edgar aus irgendeinem Grund nicht sein. Sollte doch Anna Tichonowna, diese Hexe und Missgeburt, den Gaul spielen, für sie wäre das genau das Richtige ...
    Das Flugzeug erbebte. Die Räder berührten die Landebahn. Einmal, zweimal. Der Flug ging in eine rasante, jedoch mit jeder Sekunde langsamer werdende Fahrt auf dem Beton über.
    Sebulon plante doch nicht wirklich einen neuen Tausch, während er in aller Ruhe ein paar Bauern vorschob (die Regin-Brüder), in der Hoffnung, auf dem Brett möge, wenn nicht eine weitere schwarze Dame, so doch ein Turm auftauchen?
    Die ausgetauschte Figur zu sein wäre jedenfalls peinlich.
    Und was, wenn das gleichzeitig ein Examen ist?, überlegte Edgar. Eine Prüfung, ob ich überhaupt was tauge? Alissa hatte sich fressen lassen. Solche Figuren kann Sebulon in seinem Spiel nicht gebrauchen. Aber wenn Edgar seine Haut retten konnte, noch dazu ohne die Pläne des Chefs zu durchkreuzen... Ja, genau, das war es, was er erreichen musste!
    Nur wie?
    Das Objekt für den Tausch war Anton Gorodezki, der Liebling Sebulons. Das stand außer Frage. Er konnte ihn nicht endlos benutzen, das wusste der Chef der Tagwache ganz genau. Außerdem war längst nicht klar, ob es ihm auch gelingen würde, ihn zu benutzen ... Sebulon war stets bereit, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, und würde die Sache so hinstellen, als habe er den Lichten Magier getäuscht...
    Die Passagiere erhoben sich und schlängelten sich zum Ausgang, einem ziehharmonikaartigen Schlauch, an den die Bewohner der ehemaligen UdSSR nicht gewohnt waren. Edgar langte nach seinem Mantel und warf ihn sich über die Schultern, während er die Zeitschrift in der Tasche am Vordersitz ließ, schnappte sich seinen Aktenkoffer und ging ebenfalls zum Ausgang.
    Das Gefühl, nicht mehr in Russland, sondern in Europa zu sein, stellte sich unverzüglich ein und war seltsam umfassend. Es war nicht genau zu verstehen, worin es sich ausdrückte - in den Gesichtern der Menschen, ihrer Kleidung, in der Sauberkeit oder Ausstattung des Flughafens. In tausend Kleinigkeiten. In Durchsagen auf Tschechisch und Englisch ohne Rjasaner Akzent. Im Lächeln, das weitaus häufiger anzutreffen war. Im Fehlen von lästigen Zigeunern auf dem Platz vor dem Gebäude und nicht weniger lästigen Schwarztaxifahrern.
    Dafür gab es am Stand zugelassene Taxis, freundliche gelbe Opel.
    Der Taxifahrer plauderte gleichermaßen fließend auf Russisch, auf Englisch und natürlich in seiner Muttersprache Tschechisch mit ihm. Wohin? Ins Hotel. Ich vermute, ins Hilton. Oh! Es kommt nicht häufig vor, dass man Russen ins Hilton bringt. Und die, die sich dort tatsächlich einquartieren, das sind andre: behangen mit Gold, wichtige Persönlichkeiten, mit Bodyguards, in teuren Limousinen ... Aber ich bin kein Russe, sondern Este. Stimmt, jetzt ist das nicht mehr dasselbe ... Früher allerdings auch nicht. Ach ja, aber früher galten auch die Tschechen fast als Russen ... Hm, ja. Darüber könnte man natürlich streiten.
    Der Taxifahrer lenkte ihn mit seinem Geplauder ab, und Edgar beschloss, seine Überlegungen ruhen zu lassen. Schließlich würde er am Tag seiner Ankunft ohnehin noch nicht ernsthaft arbeiten. Da konnte er sich ruhig entspannen - natürlich bei dem einen oder andern Glas Bier. Wer würde bei klarem Verstand und gesundem Magen (oder auch bei krankem) ein Glas echtes tschechisches Bier nicht zu schätzen wissen?
    Nur ein Toter.
    Wie in jedem Hilton fand sich selbst in dem vor Weihnachten von Touristen überquellenden Prag ein freies Zimmer. Aber wie in jedem Land, das sich von den Ketten des Sozialismus noch nicht ganz befreit hatte, kostete es für einen Nicht-Anderen eine Unsumme Geld. Edgar war ein Anderer, weshalb er sofort bezahlte, ohne mit der Wimper zu zucken, obwohl man das offenbar von ihm erwartet hatte. Letzten Endes war er doch ein Russe, sah aber nicht wie ein Mafioso beziehungsweise Neureicher aus ... In jungen Jahren hätte sich Edgar nicht beherrschen können und dem Mann an der Rezeption seinen argentinischen Pass unter die Nase geknallt, doch seit dieser Zeit war er hundert Jahre herangereift. Ganze hundert Jahre.
    Deshalb begnügte er sich mit dem russischen.
    Bei der Registrierung - bei der, die nicht für alle ist - saß er einem Dunklen gegenüber. Der einer

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