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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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standen außerhalb der hohen Kräfte.
    Vielleicht waren auch die Begriffe »Mann« und »Frau« nicht auf sie anzuwenden? Soviel Anton wusste, hatte der Lichte Moskauer Magier namens Maxim, der in ihren Untersuchungen als der Wilde lief, die Scheidung eingereicht, nachdem er Inquisitor geworden war.* Allem Anschein nach verloren sie jedes Interesse an kleinen menschlichen Dummheiten wie Liebe, Sex, Eifersucht...
    Der Schwarze Adler war eins von Antons Lieblingsrestaurants in Prag. Möglicherweise einfach deshalb, weil er mehrmals dort gewesen war, als er das erste Mal Prag besucht hatte. Braucht ein russischer Mensch viel, um glücklich zu sein? Eine gute, aber unaufdringliche Bedienung, leckeres Essen, das wundervolle Bier und niedrige Preise. Der letzte Punkt war recht wichtig.
    Es waren die Dunklen, die es sich leisten konnten, nicht aufs Geld zu achten. Selbst Rohosa, vom Zwielicht hervorgebracht, war mit den Taschen voller Dollar in Moskau aufgetaucht. Geld konnte man auch mit ehrlicher Arbeit verdienen, aber auf ehrliche Weise zu viel Geld zu kommen, das ging nie, dafür musste man das eigene Gewissen immer ein wenig überlisten. Und in diesem Punkt unterlag die Nachtwache der Tagwache stets.
    Die Straße, die er entlangging, teilte sich. Wie ein Fluss, in dessen Mitte eine schmale lange Insel lag, auf der einige alte, flachere Gebäuden standen, meist Restaurants und Souvenirläden. Der Schwarze Adler fand sich im ersten.
    Bereits an der Tür stieß Anton auf den Lichten.
    Nein, das war kein Mitarbeiter irgendeiner Tagwache. Sondern einfach ein Anderer, der der vordersten Linie im magischen Krieg ein fast normales, ein fast menschliches Leben vorzog. Ein großer, schlanker schöner Mann in mittleren Jahren, der die Uniform eines Offiziers der amerikanischen Luftwaffe trug. Er verließ das Restaurant gerade, ganz offenkundig zufrieden mit der hier verbrachten Zeit, seiner Freundin, einer attraktiven Tschechin, und sich selbst.
    * Die Ereignisse um Maxim werden in der zweiten Geschichte »Der eigene Kreis« in dem Buch Wächter der Nacht geschildert.
    Anton entdeckte er nicht gleich, so war er ins Gespräch vertieft. Doch als er ihn bemerkte, erstrahlte auf seinem Gesicht ein breites Lächeln.
    Jetzt gab es kein Entkommen mehr - Anton nahm vom verschneiten Steinboden seinen Schatten auf und trat ins Zwielicht. Wie ein Baldachin aus Watte senkte sich Stille herab. Die Welt bremste ab, verlor ihre Farben. Die Auren der Menschen loderten in verschwommenen Regenbögen auf - in der Regel ruhige, ausgeglichene Auren, die nicht von überflüssigen Gedanken belastet wurden. Genau so sollte es an einem Ort für Touristen sein.
    »Hallo, Wächter!«, begrüßte ihn der Amerikaner fröhlich. Hier, in der Zwielicht-Welt, gab es keine Verständigungsprobleme.
    »Guten Abend, Lichter«, erwiderte Anton. »Ich freue mich, dich zu sehen.«
    »Prager Wache?«, vermutete der Amerikaner. Die Aura des Wächters hatte er erkannt, die Details jedoch nicht. Bei ihm selbst handelte es sich übrigens um einen recht schwachen Magier. Vielleicht sechster Grad, außerdem mit einem starken Hang zur traditionellen Magie. In der Wache war er wirklich fehl am Platze. Vielleicht hätte er irgendwo in der Provinz hocken und ebenso schwache Dunkle, kleine Hexen und Tiermenschen, im Auge behalten können.
    »Die Moskauer.«
    »Oh! Die Moskauer Wache!« Jetzt schwang in der Stimme des Amerikaners offene Bewunderung mit. »Eine starke Wache. Lass mich dir die Hand schütteln.«
    Sie gaben sich die Hand. Der amerikanische Flieger schien in ihrer Begegnung eine würdevolle Bereicherung seines Abends zu sehen.
    »Hauptmann Christian Vanover jr., Magier sechsten Grades. Brauchst du meine Hilfe, Wächter?« Die formale Anfrage war mit der gebotenen Seriosität vorgebracht worden.
    »Ich danke dir, Lichter. Nein, Hilfe ist nicht nötig«, erwiderte Anton ebenso höflich.
    »Machst du hier Urlaub?«, fragte Christian.
    »Nein. Ich bin dienstlich hier. Trotzdem brauche ich keine Hilfe.«
    »Ich habe Weihnachtsferien«, meinte der Hauptmann nickend. »Meine Einheit ist im Kosowo stationiert, und ich habe beschlossen, mir Prag anzusehen.«
    »Eine gute Wahl«, bestätigte Anton. »Eine schöne Stadt.«
    Er wollte das Gespräch nicht fortsetzen. Doch der Amerikaner floss von Gutmütigkeit über. »Eine herrliche Stadt! Wie gut, dass wir sie während des Zweiten Weltkriegs gerettet haben.«
    »Ja, wir haben sie gerettet...«, nickte Anton.
    »Hast du in diesen

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