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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Die Gesetze der Nachtwache verboten den Kontakt mit den Dunklen nicht, im Gegenteil: Wenn ein Mitarbeiter von seiner Sicherheit überzeugt war, wurde dies sogar begrüßt. Vielleicht konnte man etwas in Erfahrung bringen oder - hol's das Dunkel! - sein Gegenüber beeinflussen. Ihn natürlich nicht fürs Licht gewinnen ... ihn aber doch wenigsten von der nächsten Gemeinheit abhalten. »Wie schön, dass wir wenigstens einmal Anlass haben, einer Meinung zu sein«, meinte Anton zu seiner eigenen Überraschung.
    »Stimmt.« Edgar versuchte freundlich und korrekt zu sprechen, damit der Lichte sich nicht in die Idee hineinsteigerte, er solle wieder einmal beleidigt oder beschuldigt werden. »Ob man tschechisches Bier in Moskau oder in Prag trinkt, das ist ein großer Unterschied.«
    Gorodezki nickte. »Genau. Vor allem wenn man an Flaschenbier denkt. Tschechisches Bier in Flaschen, das ist die Leiche echten Biers in einem gläsernen Sarg.«
    Edgar grinste und drückte damit sein Einverständnis aus. »Aus irgendeinem Grund fehlt den Bierbrauern im übrigen Osteuropa das Talent.«
    »Selbst in Estland?«, fragte Anton.
    Edgar zuckte mit den Schultern. Die Lichten würden sich nie eine Gelegenheit zum Sticheln entgehen lassen.
    »Unser Bier ist gut, aber nicht hervorragend. Genau wie in Russland übrigens auch.«
    Anton runzelte die Stirn, als versuche er sich an den Geschmack russischen Biers zu erinnern. »Diesen Sommer war ich in Ungarn«, wechselte er dann jedoch das Thema. »Da ist Dreher fast die einzige einheimische Marke.«
    »Und?«
    »Lieber hätte ich sauer gewordenes Baltika trinken sollen.«
    Edgar schmunzelte. Selbst als er sein Gedächtnis etwas bemühte, konnte er sich an keine ungarische Biermarke erinnern. Doch so wie sich Anton darüber äußerte, war es wohl auch besser, sich nicht zu erinnern. Vom Bier verstand sein Gesprächspartner etwas. Und zwar nicht zu wenig. Überhaupt lieben die Lichten die Sinnesfreuden, das musste man einräumen.
    »Und diese ... ruhmreichen Soldaten ... trinken ihre heimatliche Plörre.« Anton nickte zu den Amerikanern hinüber. »Die Friedensstifter... Die Asse Görings...«
    Sowohl Edgar wie auch Anton hatten die gebackene Wildschweinkeule seit langem aufgegessen. Auch Bier hatten sie schon reichlich getrunken, weshalb ihre Augen leicht glänzten, die Stimme lauter und zwangloser erklang.
    »Wieso Göring?«, wunderte sich Edgar. »Das sind doch keine Deutschen, sondern Amis.«
    »Die Asse der Air Force der USA - wie klingt denn das?!«, erklärte Anton so geduldig, als rede er mit einem Kind. »Kennst du irgendeine kurze und prägnante Bezeichnung der amerikanischen Luftwaffe?«
    »Nein.«
    »Siehst du. Also meinetwegen die Asse Clintons. Die Deutschen wussten immerhin, dass gegen sie damals genau solche Flieger gekämpft haben, die hier aber haben ihre Bomben auf Siedlungen abgeworfen, deren einzige Verteidigung Flak aus dem Zweiten Weltkrieg war ... Dafür sind sie dann auch noch ausgezeichnet worden. Frag sie doch mal, ob ihnen überhaupt etwas im Leben heilig ist. Bis heute glauben sie, dass sie 1945 Prag befreit haben.«
    »Heilig?« Edgar grinste. »Wozu sollte ihnen etwas heilig sein? Sie sind Soldaten.«
    »Weißt du, Anderer, ich glaube, selbst Soldaten sollten in erster Linie Menschen sein. Und Menschen müssen etwas haben, das sie in ihrer Seele heilig halten.«
    »Für den Anfang reicht es, wenn sie eine Seele haben. Erst dann kommt das Heilige. Oh! Fragen wir doch gleich mal!«
    An ihrem Tisch zwängte sich gerade ein rotwangiger amerikanischer Flieger vorbei, funkelnd mit Tressen und anderem Lametta behangen. Ein frisches Gesicht, der ganze Stolz von Texas oder Oklahoma. Der Flieger kam vermutlich vom Klo zurück.
    »Entschuldigen Sie bitte, Offizier! Darf ich Sie etwas fragen?«, sprach Edgar ihn in flüssigem Englisch an. »Gibt es etwas in Ihrem Leben, das Ihnen heilig ist? Etwas, das Ihnen viel bedeutet?«
    Der Amerikaner blieb stehen, als sei er gestolpert. Sein Instinkt sagte ihm, dass ein Soldat des allerbesten Landes der Welt verpflichtet ist, das Gesicht zu wahren und eine würdige Antwort zu geben. Seine Miene spiegelte anstrengende Denkarbeit wider - und plötzlich ein Aufleuchten! Die Offenbarung. Der Amerikaner hatte doch noch etwas gefunden, das ihm heilig war. Ein stolzes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. »Etwas, das mir heilig ist? Natürlich, habe ich das. Die Chicago Butts...«
    Selbst die Magier vermochten nicht zu sagen, ob er

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