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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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und erkannte, wie überflüssig seine Frage gewesen war. In der Tat, warum hätten sie einen Lichten Magier ins Gefängnis stecken sollen?
    »Entschuldigen Sie, Vitezslav ...«, sagte er. »Mir ist klar, dass es für Ihre heutige Arbeit keine Bedeutung hat, aber ich würde gern wissen ... einfach so, ohne jeden Hintergedanken ... vielleicht könnte ich Sie auch sondieren, aber das widerspräche den Gepflogenheiten...«
    »Was ich gewesen bin?«, fragte Vitezslav.
    »Ja.«
    Der Inquisitor holte den Schlüssel heraus, drückte einen Knopf am Schlüsselanhänger und schaltete damit die Alarmanlage ab. Dann öffnete er die Tür.
    »Ich bin ein Vampir. War es, besser gesagt.«
    »Ein Höherer?«, hakte Anton aus irgendeinem Grund nach.
    Anton nahm auf dem Beifahrersitz Platz und schnallte sich an. Der Vampir Vitezslav ließ den Motor an, fuhr aber noch nicht los, damit der Motor sich erst warm laufen konnte.
    »Verzeihen Sie mir, die Frage war wirklich idiotisch«, gab Anton zu.
    »Natürlich, absolut idiotisch.« An übermäßiger Feinfühligkeit litt der Inquisitor nicht. »Soweit ich weiß, Anton, sind Sie noch sehr jung...«
    Sanft, flüssig fädelte sich Vitezslav in den Verkehr ein. In welchem Hotel Anton abgestiegen war, fragte er natürlich nicht. Das war nicht nötig. »Sie hegen vermutlich einige Illusionen, was die Inquisition ist und welche Anderen für sie arbeiten«, sagte er. »Also gut... Lassen Sie mich Ihnen die nötigen Erklärungen geben. Die Inquisition repräsentiert keine dritte Kraft, wie viele einfache Mitarbeiter der Wachen glauben. Wir entwickeln uns auch nicht zu einer besonderen Art von Anderen, die weder zum Dunkel noch zum Licht gehört ... Wir sind einfach Inquisitoren. Ausgewählt aus den Dunklen und Lichten, vorausgesetzt, wir haben - aus welchen Gründen auch immer - verstanden, wie notwendig der Große Vertrag und die Waffenruhe zwischen den Wachen ist. Ja, wir verfügen über bestimmte Informationen, die Ihnen, den Wächtern, nicht zugänglich sind -von den höchsten Magiern vielleicht abgesehen. Und glauben Sie mir, Anton Gorodezki, dass unser Wissen uns keine Freude bereitet. Wir sind dazu gezwungen, die Hüter des Großen Vertrages zu sein. Verstehen Sie das?«
    »Ich versuche, es zu verstehen«, sagte Anton.
    »Ich bin ein Vampir«, wiederholte Vitezslav leise. »Ein echter Höherer Vampir, der mehr als einmal eine junge Frau umgebracht hat... Energetisch gesehen gibt es nichts Besseres...«
    »Auf einen Vortrag über die Physiologie der Vampire kann ich verzichten«, unterbrach Anton ihn. »Das ist mir unangenehm, glauben Sie mir das.«
    Vitezslav nickte und schaute aufmerksam auf die Straße. Anton fiel plötzlich auf, dass das Auto noch ganz neu war, sauber, der Inquisitor es offenbar pflegte und stolz darauf war...
    »Also gut, ich habe keine Seele oder zumindest kein Leben in dem Sinne, wie es die Lichten auffassen«, fuhr Vitezslav fort. »Die Sache des Lichts halte ich für naiv, gefährlich und teilweise sogar für eine verhängnisvolle Doktrin. Die Sache des Dunkels spricht mich dagegen sehr an. Aber...«
    Er verstummte einen Moment, als müsse er einen komplizierten Gedankengang konstruieren.
    »Aber ich kann mir die Alternative zur gegenwärtigen Situation gut vorstellen. Deshalb gehöre ich der Inquisition an. Deshalb bestrafe ich alle, die den Großen Vertrag verletzen. Beachten Sie das, Anton. Nicht diejenigen, die Unrecht haben, denn die Wahrheit gibt es immer mindestens in zwei Varianten. Nicht diejenigen, die nach vorn stürmen, denn es gab Zeiten, in denen das Licht über mehr Kraft verfügte, und Zeiten, in denen das Dunkel siegte. Die Inquisition ist nur der Hüter des Großen Vertrages.«
    »Ich verstehe«, sagte Anton. »Natürlich. Was mich aber schon immer interessiert hat: Kann eine Situation entstehen, in der die Inquisition die eine oder andre Seite unterstützt? Sich nicht auf die Buchstaben des Vertrages bezieht, sondern auf die Wahrheit.«
    »Es gibt mindestens zwei Wahrheiten«, wiederholte der Inquisitor. »Eine Situation...«
    Er versank in Gedanken.
    »Ich habe noch nie einen Lichten Inquisitor kennen gelernt, der seine Wache unterstützt hätte«, erklärte Anton. »Aber lässt sich das auch für Dunkle Inquisitoren sagen? Wie man es auch dreht und wendet, Sie haben Ihre Kräfte, Ihr geheimes Wissen. Von den konfiszierten Artefakten in den Depots ganz zu schweigen.«
    »Möglich ist alles«, räumte der Vampir überraschend ein. »Ja... das gebe

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