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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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solche Kraft verfügt. Wenn sie es dann womöglich sogar mit zweien von der Sorte zu tun bekamen...
    »Außerdem ist diese Gestaltwandlerin da.« Die Lemeschewa sah mich an.
    Ich presste die Zähne zusammen. Alles klar. Tigerjunges. Eine Kampfmagierin und Tierfrau. Oder, wie die Lichten es bezeichnen, eine Gestaltwandlerin. Eine alte ... und gute Bekannte. Mein linker Arm, damals von ihr ausgekugelt, schien wieder zu schmerzen. Auch an die Wunden im Gesicht erinnerte ich mich noch: vier blutige Streifen von ihren Krallen.
    Aber damals hat mir Sebulon selbst geholfen. Er hat mich vollkommen geheilt, weder mein Äußeres noch meine Gesundheit haben einen Schaden davongetragen. Und ich bin frohgemut und heiter in den Kampf gezogen, fühlte seinen billigenden Blick und das zurückhaltende, nachsichtige Lächeln.
    Aus. Vorbei, Aliska. Das war einmal und kommt nicht wieder. Vergiss es und zermarter dir nicht das Hirn. Du würdest dir nur wieder das Gesicht zerfetzen, müsstest den »Parandscha« anwenden, bis du mit der magischen Heilung an der Reihe wärst, was ein halbes Jahr dauern kann, und könntest von Glück sagen, wenn sie dich einer vollständigen Heilung für würdig erachteten, inklusive der kosmetischen Magie...
    »Kontrolliert alle eure Ausrüstung«, befahl Anna Tichonowna.
    Sofort fingerten die andern Frauen los, und auch ich klopfte mir auf die Taschen, um zu überprüfen, ob ich die winzigen Schächtelchen, Fläschchen und Amulette dabeihatte. Kraft bezieht eine Hexe nicht nur durch rein energetische Arbeit aus dem Zwielicht. Wir benutzen darüber hinaus Hilfsmittel, was auch den eigentlichen Unterschied zwischen uns und Zauberinnen ausmacht.
    »Alissa?«
    Ich sah die Lemeschewa an.
    »Hast du einen Vorschlag?«
    Genau. Ich sollte besser über die Zukunft nachdenken als über die Vergangenheit.
    »Tigerjunges sollen die Fahnder neutralisieren. Alle vier.«
    »Wir brauchen keine Hilfe, Alissa«, sagte der Älteste der Brüder sanft. »Wir schaffen das schon.«
    Die Lemeschewa dachte nach und nickte. »Gut, ihr werdet zu dritt arbeiten. Witali, du bist meine unmittelbare Reserve.«
    Der Tiermann lächelte fröhlich. Was für ein Idiot! Anna Tichonowna wird ihn wie einen Span ins Feuer werfen. Und zwar an der heißesten Stelle.
    »Und wir vier...«
    »Fünf«, korrigierte die Lemeschewa mich.
    Aha. Der alte Drache würde also ebenfalls mit von der Partie sein.
    »Wir fünf bilden einen Kraftkreis«, schlug ich vor. »Und lenken sämtliche Kraft zu Edgar. Deniska soll die Verbindung zur Kommandozentrale halten.«
    Das Auto polterte über irgendwelche Schlaglöcher. Wir fuhren bereits auf den Hof.
    »Ja, eine andre Möglichkeit sehe ich nicht«, stimmte die Lemeschewa zu. »Alle hergehört! Wir gehen genau so vor!«
    Ich empfand eine leichte Unruhe, dass mein Plan ohne Veränderung angenommen worden war. Ich gelte also immer noch als echte Kampfhexe. Trotz all meiner persönlichen Probleme. Deshalb riskierte ich es - obwohl ich damit in das unverbrüchliche Privileg der ranghöchsten Hexe, die Gruppe zu komplettieren, eingriff -, noch hinzuzufügen: »Außerdem würde ich noch vorschlagen, rechtzeitig Hilfe zu holen. Falls da zwei Magier zweiten Grades sein sollten.«
    »Alle verfügbare Hilfe ist bereits angefordert«, warf die Lemeschewa ein. »Außerdem haben wir noch ein Trumpfass im Ärmel.«
    Erstaunt blickte Witali die alte Hexe an und bleckte stolz seine Wolfshauer. Der Oberidiot. Als ob sie ihn meinte. Er ist beileibe kein Ass, sondern eine Sechs - die noch nicht mal Trumpf ist.
    »Gut, Mädchen, fangen wir an!«
    Unser Minibus hielt an, Anna Tichonowna sprang munter heraus und wedelte mit der linken Hand. Ein leichter dunkler Staub wölkte kurz um ihre Finger herum auf, und ich spürte, wie sich über den Hof der Zauber der Bedeutungslosigkeit legte. Was auch immer wir jetzt anstellen würden - die Menschen würden nicht auf uns achten.
    Wir stürmten aus dem Bus.
    Ein stinknormaler Hof. Südbutowo. Aber was für ein Loch ... Besser, man wohnte in Mytischtschi oder Lytkarino, als formal in Moskau zu leben und dann in einem von diesen grauenvollen Hinterhöfen zu hausen. Zwar schien alles da zu sein - Häuser, mickrige Bäume, die den festgestampften Lehm zu durchbrechen versuchten, passable Autos vor den Hauseingängen -, aber...
    »Schnell!«
    Die Lemeschewa gab mir einen derartigen Schubs, dass ich gut drei Meter von dem Minibus wegflog. Fast wäre ich in dem Sandkasten gelandet, in dem ein Junge

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