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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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sonderlich kreditwürdig aus, denn so verlangte es meine Legende...
    »Kann schon sein«, brachte der Fahrer hervor. »Wenn wir uns über den Preis einig werden.«
    »Das werden wir«, sagte ich. »Bis ins Artek. Einen halben Hunderter.«
    »Bist du eine Pionierin?«, grinste der Fahrer. »Für einen halben Hunderter fahren wir dich durch die Stadt.«
    Ein echter Witzbold! Bei seinem Alter hätte er sich außerdem gar nicht mehr an das Wort Pionierin erinnern dürfen. Und auch seine Preisvorstellungen schossen weit übers Ziel hinaus - fünfzig Griwna, das waren fast zehn Dollar.
    »Sie haben sich noch nicht nach dem Wesentlichen erkundigt«, bemerkte ich. »Einen halben Hunderter von was...«
    »Einen halben Hunderter von was?«, wiederholte der Kumpel des Fahrers gehorsam.
    »Dollar.«
    Sofort veränderten sich die Mienen der beiden.
    »Für fünfzig Dollar bringt ihr mich schnell, ohne sonst noch jemanden mitzunehmen und ohne laute Musik ins Artek«, präzisierte ich. »Einverstanden?«
    »Ja«, entschied der Fahrer. Sein Blick suchte etwas. »Und Gepäck?«
    »Ich hab schon alles bei mir.« Ich stieg hinten ein und legte die Tasche neben mich. »Fahren wir.«
    Mein Ton überzeugte sie. Bereits eine Minute später zuckelten wir über die Straße. Ich entspannte mich, machte es mir bequem. Gut. Urlaub. Ich musste mich erholen... Pfirsiche essen... Kraft sammeln...
    Und dann, in Moskau, würde Sebulon auf mich warten...
    In dem Moment klingelte das Handy in meiner Handtasche. Ohne die Augen zu öffnen, holte ich es heraus und nahm den Anruf an.
    »Alissa, wie war der Flug?«
    Wärme durchströmte meine Brust. Eine Überraschung jagte die nächste! Selbst in unseren besten Tagen hatte Sebulon es nicht für nötig befunden, nach solchen Kleinigkeiten zu fragen. Oder lag das daran, dass ich jetzt krank und nicht in Form war?
    »Danke, wunderbar. Angeblich war mit schlechtem Wetter zu rechnen, aber...«
    »Ich weiß. Die Kollegen von der Tagwache in Simferopol haben sich um die meteorologischen Bedingungen gekümmert. Aber deshalb rufe ich nicht an, Alissa. Bist du jetzt in einem Auto?«
    »Ja.«
    »Du hast eine schlechte Prognose für diese Fahrt.«
    Ich merkte auf. »Der Weg?«
    »Nein. Offenbar dein Fahrer.«
    Vor mir sah ich steinern die rasierten Hinterköpfe der beiden Jungs. Eine Sekunde lang betrachtete ich sie, schäumend vor Hilflosigkeit. Selbst Emotionen konnte ich nicht mehr spüren, vom Gedankenlesen ganz zu schweigen...
    »Das schaff ich schon.«
    »Du hast deinen Begleiter weggeschickt?«
    »Ja. Aber mach dir keine Sorgen, mein Liebster. Ich krieg das schon in den Griff.«
    »Bist du sicher, Alissa?« In Sebulons Stimme schwang echte Sorge mit. Was mich aufputschte wie Doping.
    »Natürlich! Guck dir die Prognose noch einmal an!«
    Sebulon schwieg einen Moment lang. »Stimmt, es wird besser ...«, meinte er dann zufrieden. »Aber halte die Verbindung. Im Notfall bin ich sofort da.«
    »Wenn sie mich beleidigen, ziehst du ihnen einfach das Fell über die Ohren, Liebster«, bat ich.
    Der Beifahrer drehte sich um und sah mich aufmerksam an.
    »Ich ziehe es ihnen nicht nur über die Ohren, sondern zwinge sie auch noch, es zu fressen«, meinte Sebulon. Das war natürlich keine Drohung, sondern ein ernst gemeintes Versprechen. »Nun, dann einen schönen Urlaub, Kleines.«
    Ich beendete das Gespräch und schlummerte ein. Der Nissan fuhr ruhig, nach kurzer Zeit hatten wir bereits die Hauptstraße erreicht. Ab und an rauchten die Jungs eine, es begann nach Tabak zu riechen, der jedoch zum Glück nicht von der übelsten Sorte war. Dann sang der Motor lauter - wir fuhren einen Pass hinauf. Ich öffnete die Augen und schaute über die hinuntergelassene Scheibe in den Sternenhimmel. Wie groß die Sterne auf der Krim sind. Wie nah.
    Dann schlief ich richtig ein. Hatte sogar einen Traum, einen süßen quälenden Traum, in dem ich im nächtlichen Meer badete und neben mir jemand schwamm, ab und an erahnte ich in der Dunkelheit sein Gesicht und spürte die zarte Berührung seiner Hände...
    Als ich verstand, dass die Berührung echt war, erwachte ich augenblicklich und schlug die Augen auf.
    Der Motor schwieg, das Auto stand etwas abseits von der Schnellstraße. Offenbar auf dem Ausfahrstreifen, gedacht für die Unglücksraben, bei denen die Bremsen versagten.
    Und bei meinem Fahrer und seinem Kumpel hatten ganz bestimmt alle Bremsen versagt. Das ließ sich in ihren Augen erkennen.
    Sobald ich aufgewacht war, nahm der

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