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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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arbeiteten ja selbst dort. Ob es etwas brachte, die Tagwache zu alarmieren? Immerhin war sie nicht weit, ihr Büro ganz in der Nähe. Sie wären im Nu hier. Aber ob mir das helfen würde?
    Die Magier erweckten nicht den Anschein, als wollten sie kapitulieren. In den Händen des einen loderte ein voll aufgeladener Stab, in denen des andern ein geschmiedetes Amulett. Das ebenfalls nicht gerade schwach war.
    Für das Amulett brauchte ich volle zwei Sekunden - das über mich geworfene Netz musste ich mit einem einfachen »Dreierdolch« zerschneiden, doch dieser simple Zauber erforderte so viel Kraft, dass man damit das gesamte Zentrum Moskaus bis auf die Grundfesten hätte niederbrennen können. Dem zweiten Magier gelang es inzwischen, ein Bethlehem-Feuer auf mich abzuschießen, wobei dieser Schlag des Lichten mich nur erboste und mir offenbar noch mehr Kraft verlieh.
    Den Stab fror ich ihm ein. Ich verwandelte ihn einfach in einen länglichen Eiszapfen und belegte ihn mit einem Irreversibilitätszauber. Eisstückchen stoben in einem erstaunlichen kalten Feuerwerk von der Hand des Lichten, und gleichzeitig schoss die freigesetzte Energie zum Himmel empor.
    Ja sollte ich sie etwa auf die Umgebung loslassen? Mir genügten auch schon die Verkehrsunfälle auf den Kreuzungen in der Nähe...
    Der Bär rührte sich nicht von der Stelle. Anscheinend hatte er verstanden, dass - ungeachtet ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit - ihre und meine Kräfte sich nicht annähernd vergleichen ließen. Die Tigerin gab jedoch immer noch nicht nach. Sie kam mit der Entschlossenheit eines tollen Weibchens auf mich zu, an dessen Jungen sich ein Feind vergreifen wollte. In den gelben, den Flammen von Kirchenkerzen gleichen Augen loderte unverhohlener Hass.
    Die Tigerin wollte sich rächen. Wollte sich an mir, dem Dunklen, für all ihre Schmerzen und Verluste rächen. Für den von mir ermordeten Andrej. Und wer weiß, wofür noch ... Und sie würde sich durch nichts aufhalten lassen.
    Ich will nicht sagen, dass es nichts gab, wofür sie sich hätte rächen können - die Wachen haben stets gegeneinander gekämpft, und in der Regel nenne ich die Dinge beim Namen. Aber sterben wollte ich auch nicht.
    Ich war frei. Frei, denjenigen zu bestrafen, der sich mir in den Weg stellte und sich weigerte, eine Angelegenheit friedlich beizulegen. Hatte mir jenes Lied nicht genau das sagen wollen?
    Und ich schlug zu. Mit dem Transsilvanischen Höhenrauch.
    Die Tigerin krümmte und streckte sich, und selbst durch das Brummen der Motoren und das markerschütternde Gehupe hindurch ließ sich das Knacken ihrer Knochen klar und deutlich vernehmen. Der Zauber zerquetschte die Verwandlungsmagierin wie ein Kind ein Knetmännchen. Die gebrochenen Rippen rissen die Haut auf und bohrten sich wie blutige Zähne in den Schnee. Der Kopf wurde platt gedrückt, zu einem flachen gestreiften Fladen. Von einer Sekunde zur nächsten war das herrliche Tier zu einem Klumpen blutenden Fleischs geworden.
    Mit einem letzten gezielten Schlag versenkte ich die Seele der Tigerin ins Zwielicht.
    Was ich einmal angefangen hatte, musste ich auch zu Ende bringen.
    Die Lichten erstarrten. Selbst der Bär trat nicht länger von einer Tatze auf die andere.
    Und was weiter?, dachte ich schwermütig.
    Möglicherweise hätte ich sie alle umbringen müssen. Doch - gepriesen seien alle Himmel und Höllen - so weit kam es nicht.
    »Tagwache!«, erklang eine bekannte Stimme. »Hier hat es einen Überfall auf einen Dunklen gegeben. Treten Sie aus dem Zwielicht!«
    Edgar sprach mit fester Stimme und ohne jeglichen Akzent.
    Nur mit dem Zwielicht lag er daneben. Dort kämpfte niemand mehr, und die Tigerin konnte nirgendwohin zurückkehren.
    »Die Tagwache fordert die unverzügliche Einberufung des Tribunals«, meinte Edgar unheilvoll. »Jetzt seid bitte so freundlich und ruft den Chef der Nachtwache.«
    »Er wird euch davonjagen wie Katzen«, drohte einer der Lichten Magier grimmig.
    »Das wird er nicht«, nahm ihm Edgar den Wind aus den Segeln und zeigte auf mich. »Ihn wird er nicht fortjagen. Hast du das immer noch nicht begriffen?«
    Ich bekam kaum mit, wie jemand geschickt die Kraft im Raum neu verteilte. Dann tauchte neben uns ein dunkelhäutiger Mann mit asiatisch anmutenden Gesichtszügen auf. Er trug einen farbenprächtigen orientalischen Mantel und wirkte auf dem verschneiten Boulevard absolut fehl am Platze.
    »Ich bin bereits hier«, brummte er, während er missmutig das Feld inspizierte, auf

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