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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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dann auch getan. Auf dem Strastnoi Boulevard wollten sie mich fassen, da musste ich mich wehren. Die Tigerin habe ich dreimal zurückgeschleudert und versucht, sie zur Aufgabe zu bringen. Erst dann habe ich ernsthaft zugeschlagen.«
    Edgar sah mich fest an. »Bist eine dunkle Persönlichkeit, Witali«, sagte er.
    »Stimmt«, gab ich voller Genugtuung zu. »Dunkler geht es nicht!«
    »Bist du ein Magier außerhalb jeder Kategorie?«, fragte er.
    »Leider nicht.« Ich breitete die Arme auseinander, vorsichtig, um den Kaffee nicht zu verschütten. »Denn dann hätte ich Geser nicht gehen lassen.«
    Edgar trommelte mit den Fingern auf den Tisch und schielte ungeduldig zur Tür hinüber. »Was treiben diese Analytiker bloß...«, brummte er.
    Die Tür öffnete sich. In der Türfüllung standen eine resolute Frau mittleren Alters (eine Hexe) und zwei Männer (Magier).
    »Guten Tag, Anna Tichonowna«, begrüße Schagron sie wie aus der Pistole geschossen. Er wirkte zwar stärker als die Hexe, fürchtete sie aber dennoch. Was nicht falsch war. Die Kräfte einer Hexe unterscheiden sich in ihrer Natur leicht von denen eines Magiers. Und selbst einem recht starken Magier kann eine Hexe ohne weiteres die Suppe versalzen.
    Edgar begnügte sich mit einem Nicken.
    »Ist er das?«, fragte einer der Magier, während er mich ansah.
    »Ja, Juri.«
    Juri war ein alter und starker Magier, das sah ich auf Anhieb. Und ich kriegte auch mit, dass Juri nicht sein richtiger Name war. Solche wie er verschließen ihren wahren Namen in unermesslichen Tiefen, damit niemals jemand an ihn herankommt.
    Ganz richtig so. Wenn einem wirklich viel an der Freiheit liegt.
    »Setzen Sie sich, Anna Tichonowna.« Schagron überließ der Hexe seinen Sessel und gesellte sich zu den Magiern, die das breite Fensterbrett vorzogen.
    »Edgar«, sagte die Hexe. »Die Lichten spielen va banque. Seit 1949 haben sie nicht derart über die Stränge geschlagen. Sie müssen höchst gewichtige Gründe dafür haben, den Vertrag zu verletzen!«
    Edgar zuckte die Achseln. »Die Kralle des Fafnir«, erklärte er knapp.
    »Aber die haben wir doch gar nicht!«, stieß die Hexe mit Nachdruck hervor und bedachte alle Anwesenden mit einem beredten Blick. »Oder doch? Schagron?«
    Schagron schüttelte heftig den Kopf. Offenbar hatte er mal einen Zusammenstoß mit der Hexe gehabt, aus dem er nicht unbedingt als Sieger hervorgegangen war. Faustdick hatte es diese Frau hinter den Ohren.
    »Kolja?«
    Der zweite der beiden neu hinzugestoßenen Magier antwortete recht gelassen. »Nein. Und es ist noch die Frage, was sie uns überhaupt nützen könnte...«
    »Euch frage ich nicht«, brummte die Hexe in die Richtung von Edgar und Juri. Erst danach sah sie mich an.
    »Anna Tichonowna«, sagte ich eindringlich. »Von der Existenz dieser Kralle habe ich erst gestern erfahren, und die meiste Zeit seit diesem Moment habe ich geschlafen.«
    »Weshalb bist du in Moskau?«, fragte sie streng.
    »Das weiß ich selbst nicht. Etwas hat mir einen Stoß gegeben und verlangt, dass ich fahre. Das habe ich dann getan. Ich war kaum aus dem Zug gestiegen, als ich in diese Geschichte mit der Vampirin und der Nachtwache gerasselt bin. Gleich mitten hinein, könnte man sagen...«
    »Wenn ich irgendwas von alldem begreife«, ließ sich der Magier Juri vernehmen, »dann ist das Vorbestimmung. Das würde alles erklären, sowohl die zunehmende Kraft als auch die Geschichte mit dem Verlust der Kralle und das Verhalten der Lichten. Sie versuchen einfach, den da zu beseitigen oder wenigstens zu isolieren, solange er die Kralle noch nicht in Händen hat. Denn dann wird es bereits zu spät sein.«
    »Warum haben sie bloß ihre Zauberin nicht eingesetzt?«, fragte Edgar und zog dabei abermals einige Vokale leicht in die Länge. Sein Akzent trat offenbar nur in jenen Momenten in Erscheinung, in denen er sich aufregte oder auf etwas andres konzentrierte als darauf, wie er gerade sprach.
    »Ja, und auch Geser hat sich erst eingemischt, als es kritisch wurde«, gab Schagron zu bedenken. »Und das nur ... um den Rückzug zu sichern!«
    »Wer weiß.« Die Hexe durchbohrte mich erneut mit ihrem Blick. »Möglicherweise sind sie einfach nicht mit dem da fertig geworden.«
    »Ich heiße Witali«, sagte ich. »Sehr angenehm.«
    Mal ehrlich, wem würde es gefallen, wenn von ihm ständig nur als »der da« oder »er« gesprochen würde?
    Den Sprechern rauschte mein Einwurf aber anscheinend an den Ohren vorbei.
    Juri sah mir in die

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