2012- Die Rückkehr
in ein Wohnzimmer. Ein dunkler Plüschteppich bedeckt den Boden, die fast runde Bar ist in verschiedenen Rotschattierungen gehalten. Gewaltige Panoramafenster ziehen sich um das gesamte Zimmer.
»Ich bin Lilith.«
Danny dreht sich um und sieht eine Frau, die hinter der Bar Drinks eingießt. Sie hat ein listiges Füchsinnengesicht, ihre Haut ist schokoladefarben, und das pechschwarze, gewellte Haar reicht ihr bis weit über den Rücken hinab. »Lucien wäre gerne hier, um euch zu begrüßen, aber er ist seit einigen Tagen krank, der arme Kerl.«
Dannys Augen werden immer größer, als sie hinter der Bar hervorkommt und jedem von ihnen ein Glas reicht.
Lilith trägt ein durchsichtiges Negligé, ihre dunklen Brüste und ihr rasierter Venushügel drücken sich gegen den hauchdünnen Stoff. Sie deutet auf eine Couch.
»Ihr beide habt also eben erst geheiratet.«
»Ja, vor drei Tagen.«
»Vier.« Sia versetzt ihm einen leichten Stoß mit dem Ellbogen, um seinen Blick irgendwoanders hin zu lenken. »Wie lange sind Sie und Mr. Mabus schon verheiratet?«
»Gerade so lange, dass ich wünschte, er wäre tot.« Sie stößt ein schrilles, durchdringendes Kichern aus, als sie ihren soziopathischen Blick Sia zuwendet. »Satan sei Dank gibt es Vibratoren, mein Mädchen.«
Danny hat seine ganze Aufmerksamkeit Liliths entblößten braunen Nippeln zugewandt und sabbert wie eine betrunkene Maus, die ein Stück Käse sieht.
»Es ist spät«, stammelt Sia, die sich hier so gar nicht in ihrem Element fühlt.
»Die Nacht ist noch jung«, schnurrt Lilith. »Aber ihr macht euch über irgendetwas Sorgen.«
»Wir haben viel Geld verloren. Danny hat einen Teil davon dem Spesenkonto seiner Abteilung entnommen.«
»Sia!«
»Bitte, bitte. Hier im Mabus sind wir eine einzige große Familie. Sag mir, Daniel, wie viel hast du heute Nacht in unserer kleinen Lasterhöhle verloren?«
Danny blickt zur Seite. »Ich weiß nicht. Alles, was wir hatten.«
»Auch Sias Ring?«
Danny nickt. Seine Gefühle sind ein einziges Chaos.
»Eure ganzen Ersparnisse?« Lilith Mabus fragt so verständnisvoll wie ein Priester bei der Beichte.
»Den vollen Kreditrahmen auf unseren Karten. Und unsere Hochzeitsgeschenke.« Danny wischt sich ein paar Tränen aus seinen übernächtigten Augen.
Sia würde mit ihren Blicken am liebsten Dolche schleudern, als die listige Füchsin Lilith um den Couchtisch geht und sich neben ihren Mann setzt.
»Daniel, rück ein bisschen näher und leg deine Hand auf das Zugangspad auf dem Tischchen.«
Er gehorcht, und der Duft dieser Frau steigt ihm in die Nase. Er fragt sich, was er wohl tun würde, wenn Sia nicht im Zimmer wäre.
»Computer, den Kontostand von Mr. Daniel Diaz aufrufen.«
Ein holografischer Kontoauszug erscheint über dem Couchtisch aus Zinn. Ungläubig reißt Danny die Augen auf.
Eine neonblaue Zeile am unteren Ende des holografischen Blattes verzeichnet den kürzlich erfolgten Eingang von 200 000 Dollar.
»Ich glaube, das sollte eure Verluste mehr als ausgleichen.« Lilith lehnt sich gegen ein Kissen.
»Das ist … verrückt«, sagt Danny. »Das verstehe ich nicht.«
Lilith lächelt. Ihre gebleichten weißen Zähne kontrastieren scharf mit ihrer mittelamerikanisch-afroamerikanischen Haut. »Ein Geschenk, Daniel. Von jemandem, der es hat, an jemanden, der es braucht.«
Dannys Miene zeigt das Chaos seiner Gefühle. Freude. Tränen. Erleichterung. Erschöpfung. »Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll.«
»Sag einfach ›danke‹.«
»Danke! Danke, danke, danke …«
»Wo ist der Haken?«, fragt Sia.
»Vielleicht versuche ich einfach nur, mir meinen Platz im Himmel zu erkaufen.«
»Das bezweifle ich.«
»Sia!«
»Schon in Ordnung, Daniel. Deine Frau hat Recht, meine Motive infrage zu stellen. Es heißt, dass die Sünde die Tochter des Teufels sei. Aber weißt du, was noch schlimmer ist?«
»Nein.«
»Angst.« Lilith steht auf und streicht mit der Hand wie zufällig über Sias Haar, als sie an ihr vorbeigeht. »Ich wuchs in Angst auf. Soweit ich zurückdenken kann, hat Angst alle meine Träume und jeden meiner wachen Gedanken beherrscht. Sie hat mir meine Kindheit geraubt, sie hat mir meine Unschuld gestohlen, und sie hat mich zum scheinbar ewigen Opfer gemacht. Angst vor dem Tod. Angst vor Missbrauch. Angst davor, im Stich gelassen zu werden und allein zu sein. Angst davor, mich zu verlieben.«
Sie setzt sich auf das Sofa Daniel gegenüber. »Weißt du, was das Schlimmste an der Angst
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