2012- Die Rückkehr
…
Zwei Stockwerke darunter nippt Special Agent Collin Shelby an seinem Kaffee, während er auf die nächste verschlüsselte Anweisung aus dem UMBRA-Hauptquartier in Virginia wartet. Zwanzig Stunden zuvor hatte Lauren Beckmeyers Verlobter eine ungesicherte Nachricht aus Miami Beach abgeschickt. Die Satellitenüberwachung hatte sofort beide Personen ins Visier genommen. Sie bewegten sich in Richtung Norden und fanden Schutz in einem Haus in Delray Beach, das auf den Namen eines pensionierten Piloten namens Frank Stansbury eingetragen war. Diese letzte Information war ziemlich beunruhigend. Was ist, wenn es auch hier um den Angriff mit einer biologischen Waffe geht …
Shelbys Kommunikationsgerät vibriert. Er setzt seine Sonnenbrille auf und liest die verschlüsselte Botschaft, die auf der Innenseite der getönten Gläser erscheint.
Alarm: Fahrzeug der gesuchten Person fährt
auf dem SH-95 in Richtung Süden mit Ziel
Miami. Flutzone.
Shelby reibt sich die übernächtigten Augen. »Flutzone« lautete bei UMBRA die Bezeichnung für die Beseitigung
des Opfers und aller Zeugen. Er wusste zwar nicht, welchen terroristischen Akt Lauren Beckmeyer und ihre Komplizen planten, aber es musste etwas ziemlich Großes sein.
Der Auftragsmörder der Regierung überprüft seine Waffen. Dann greift er nach seinem Regenmantel und geht zur Tür.
In der Limousine
Miami Beach, Florida
9.36 Uhr Immanuel drückt Laurens zitternde Hand.
Sie sitzen zusammen mit seiner Mutter, Ennis Chaney und Dr. Mohrs Frau Eve im Fond der hin und her schlingernden Limousine. Vorne sitzen die beiden Leibwächter und beten, dass der Autopilot sie zu ihrem geheimen Ziel bringen wird, bevor Super-Hurrikan Kenneth sie zerschmettert.
Der Wind heult so laut und der Regen schlägt so heftig gegen das Fahrzeug, dass eine Unterhaltung unmöglich ist. Nur der ehemalige Präsident weiß, wohin sie fahren, und er weigert sich, es den anderen zu sagen.
Nach neunzig Minuten ununterbrochener Fahrt verlassen sie die Smart-Way-Interstate und schlängeln sich durch Straßen, die von Meerwasser und Regen überflutet sind.
Zwanzig Minuten später bleibt der Wagen abrupt stehen.
Der Regen hat nachgelassen, und das Heulen des Windes hat sich in ein schrilles Pfeifen verwandelt, als parkten sie in einem Tunnel.
Immanuel drückt das Gesicht gegen die kugelsichere Scheibe. Durch das beschlagene Fenster erkennt er eine Backsteinmauer. »Moment mal … das kenne ich doch.«
Chaney wirft einen Blick auf seine Uhr. »Das solltest du auch. Es ist eine für Notfälle eingerichtete Zufahrt
zum MTI-Stadion.« Er klopft Kurtz auf die Schulter. »Das Auge des Sturms sollte jeden Augenblick über uns sein. Fahren Sie das Tor um, wenn es so weit ist, und bringen Sie uns direkt aufs Spielfeld.«
Immanuels Herz rast. Jacob hat irgendwas vor … aber was?
Lauren starrt ihn an, als seien sie sich eben zum ersten Mal begegnet. »Du hättest es mir erzählen sollen … Manny.«
»Ich konnte nicht. Versuch mich zu verstehen. Das alles liegt schon Ewigkeiten zurück. Das ist nicht mehr mein Leben.«
»Ich weiß nicht mehr, wer du bist. Liebst du mich denn überhaupt?«
»Lauren …«
Das Pfeifen des Windes hat aufgehört.
Ryan Beck steigt aus dem Wagen, richtet seine Laserwaffe auf das verschlossene Tor und schießt es auf. Kurtz steuert die Limousine die Betonrampe hinauf und bringt das Fahrzeug mithilfe der verstärkten vorderen Stoßstange durch das in den Angeln hängende Eisentor.
Die Limousine durchquert einen Fluss aus Regenwasser und fährt dann auf das überflutete Footballfeld. Kurtz fährt den Wagen zur Fünfzig-Yard-Linie und hält. Wenige Augenblicke später hört der Regen ganz auf, und es weht auch kein Wind mehr. Stellenweise wird der blaue Himmel sichtbar, und die Sonne wärmt das unter Wasser stehende Spielfeld.
Sie sind mitten im Auge des Sturms.
Alle steigen aus dem Wagen und treten in das Wasser, das ihnen bis zu den Waden reicht.
Lauren sieht nach oben zum Himmel. »Wie ist das möglich? Woher hast du gewusst, dass das Auge des Zyklons gerade diese Stelle überqueren würde?«
Immanuel Gabriel wird von einem inneren Zittern gepackt, sein Verstand schreit, dass er so schnell wie möglich aus dem Stadion verschwinden soll, solange er noch kann.
»Seht!« Kurtz deutet auf die näher kommende westliche Wand des Auges.
Ein Objekt hat sich aus dem düsteren, bleigrauen Strudel gelöst, und die Sonne schimmert über den spiegelartigen Goldsegmenten seines
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