2012 Keine Panik (German Edition)
aber innerhalb der Erdbahn auch nicht existieren, er wäre vor Milliarden von Jahren mit Merkur, Venus oder unserer Erde zusammengestoßen.)
Es ist also gar nicht zu erwarten, dass Planet X auf Fotos irgendwo in der Nähe der Sonne zu sehen ist. Was ist aber sonst auf diesen Bildern zu sehen? Zur Erinnerung: Diese Bilder entstehen, wenn Menschen ihre Kamera direkt in Richtung Sonne halten, um Fotos oder Videos zu machen. Wer sich schon mal ein wenig intensiver mit Fotografie beschäftigt hat, wird sich nicht wundern, wenn man bei solchen Gegenlichtaufnahmen eigenartige Bilder bekommt. Man erhält selten brauchbare Fotografien, wenn man die Kamera direkt auf eine enorm helle Lichtquelle richtet. Alles was man erhält sind völlig über- oder unterbelichtete Bilder, auf denen zahlreiche interne Reflexionen der Kameraoptik auftauchen, und zwar umso mehr, je schlechter die Qualität der Kamera ist. Bilder von Planet X , wie man sie im Internet findet, kann man genauso leicht fabrizieren, wenn man ein Bild einer hellen Glühbirne oder Straßenlampe aufnimmt. Schöne Effekte erhält man auch mit externen Reflexionen. Wer die Sonne oder ein anderes helles Objekt durch ein Fenster fotografiert, erhält dank der Doppelverglasung oft zwei Bilder desselben Objekts. Ohne Hintergrundinformationen hält man die Dopplung schnell für eine zweite Sonne (siehe Bild 6).
Bild 6: Eine verdoppelte Sonne über Wien. Das Foto wurde durch ein doppelt verglastes Fenster aufgenommen; die zweite Sonne ist nur eine Reflexion. (Bild: Maria Pflug-Hofmayr)
Neben all diesen technischen Fehlern (und ich weiß, dass viele Leserinnen und Leser einen simplen technischen Fehler für eine völlig unzureichende Erklärung für das halten, was sie gesehen haben – aber dazu später mehr) hält die Natur natürlich noch jede Menge echte optische Effekte bereit, die den Unvorbereiteten täuschen und überraschen können. Eiskristalle in der Luft können das Sonnenlicht auf ganz besondere Art und Weise brechen, und den Anschein erwecken, dass mehrere Sonnen am Himmel stehen. Die Eiskristalle können zwei „Nebensonnen“ links und rechts der Sonne an den Himmel projizieren; sie können Ringe um die Sonne entstehen lassen und Säulen aus Licht aus der Sonne zum Boden wachsen lassen. Selbst sogenannte „Gegensonnen“, die sich am anderen Ende des Himmels gegenüber der echten Sonne befinden, können durch die Eiskristalle in der Luft verursacht werden. Solche „Halo“-Erscheinungen sind nicht selten. Im Gegenteil: Zwischen 1987 und 1992 hat der „Arbeitskreis Meteore“ in Südostdeutschland im Durchschnitt 2864 Halo-Sichtungen pro Jahr 17 registriert!
Es gibt also viele Möglichkeiten, wie auf Fotos Dinge auftauchen können, die ein unbedarfter Beobachter für Planet X halten könnte. Aber wie steht es mit Astronomen? Auch auf den Bildern, die professionelle Weltraumteleskope aufnehmen, sind immer wieder seltsame Dinge zu sehen, die manche für Planet X halten. Besonders häufig passiert dies bei Aufnahmen von Teleskopen wie SOHO oder SDO, die die Sonne ständig im Blick haben (das tun sie unter anderem deshalb, damit wir rechtzeitig vor Sonnenstürmen gewarnt werden – mehr dazu in Kapitel 7). Die Bilder der Sonnenbeobachter sind bei Planet X -Fans wohl auch deshalb beliebt, weil, wie oben schon erwähnt, viele der Meinung sind, der Planet würde sich in der Nähe der Sonne aufhalten. Hinzu kommt: Die Bilder dieser Teleskope sind direkt und live im Internet abrufbar. Oft werden sie mehrmals pro Stunde aktualisiert; man kann also fast in Echtzeit nachsehen, was auf der Sonne gerade so los ist. Es gibt damit also eine Fülle frei verfügbarer Bilder, die jeder nach Lust und Laune falsch verstehen und interpretieren kann. Und leider wird auch genau das gemacht. Denn auf den Bildern von SOHO & Co ist nicht nur die Sonne zu sehen, sondern es gibt auch viele andere Himmelskörper. Die sonnennahen Planeten Venus und Merkur drängen sich immer wieder ins Bild. Auch der eine oder andere Asteroid oder Komet ist dort zu sehen. (Da die Kameras der Sonnenteleskope den Himmel ständig beobachten, entdecken sie sogar ziemlich viele neue Kometen. Im Dezember 2010 meldete SOHO die Entdeckung seines 2000. Kometen.) Die aufgeregten Meldungen über unbekannte Planeten oder riesige UFOs die man auf Bildern bzw. Videos der Sonnenteleskope sehen kann, kann man also getrost ignorieren. Sie stammen von Leuten, die sich nicht ausreichend darüber informiert haben, was
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